Fiebermesser für die Schweizer IT-Branche

Der Preiszerfall auf dem Schweizer PC-Markt konnte 2006 laut den von Marktforscher Robert Weiss im neuesten Weissbuch veröffentlichten Zahlen durch die steigenden Stückzahlen einigermassen wettgemacht werden.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2006/02

     

Im Zentrum von Robert Weiss’ Marktreport zum schweizerischen ICT-Markt steht traditionell der PC-Markt. Geld wird in der IT-Branche zwar bekanntlich vorwiegend mit Services und Dienstleistungen verdient. Doch die Zahlen zum Hardware-Markt spiegeln wider, wie es der Branche geht. In diesem Sinne hat das Weissbuch die Funktion eines alljährlichen Fiebermessers. Und der zeigt allmählich wieder Normaltemperatur. «Preiszerfall und steigende Stückzahlen hielten sich beim PC-Markt 2005 einigermassen die Waage, und bei den Servern steigen die Preise gar wieder», erklärt Weiss gegenüber IT Reseller. Im letzten Jahr wurden in der Schweiz insgesamt 1‘486‘000 PCs abgesetzt. An der Spitze steht nach wie vor mit 308‘171 PCs Hewlett-Packard, dicht gefolgt von Dell mit 299‘000 Einheiten. Dahinter kommen dann mit etwas Abstand die Hersteller Acer, Apple, Fujitsu-Siemens (FSC), Lenovo, Toshiba, Steg, Maxdata und Sony.

Dell drängt an die Spitze

Diese Reihenfolge ändert sich auch nicht, wenn man die Marktanteile betrachtet. Hier wird jedoch deutlich, dass die Zuwachsraten nicht überall gleich sind. Während HP 3,6 Prozent verlor und noch 20,7 Prozent Marktanteil hält, konnte Dell mit einem Sprung von 17,4 Prozent auf einen Anteil von 20,1 Punkten aufschliessen. Weiss geht davon aus, dass in diesem Jahr zwar beide Kontrahenten bei den Stückzahlen zulegen werden, Dell aber rund doppelt soviel wie der bisherige Spitzenreiter. Der Direktanbieter werde 2006, sagt Weiss voraus, mit 22,3 Prozent Marktanteil an die Spitze vorstossen, während sich HP mit einem Anteil von 21,1 Prozent werde begnügen müssen. «Am meisten überrascht hat mich aber, dass Apple FSC überholt hat», meint Weiss. «Der Mac Mini hat sich bei den Desktop-Systemen über Erwarten gut geschlagen und verhalf dem Hersteller zu Platz vier.» Nicht zu unterschätzen ist wohl auch, dass Apple mit dem Erfolg seiner iTunes- und iPod-Strategie die Bekanntheit der Marke grundsätzlich verbessern konnte und dies nun auch auf das Desktop-Geschäft abfärbt.
Überhaupt konnten die Hersteller auf den Plätzen zwei bis vier mit zusammen 31,6 Prozent Wachstum weit mehr zulegen, als der Durchschnitt der Top-Neun vermuten liesse. Dennoch liegen alle neun Favoriten zusammen sämtliche sind Markenanbieter mit 17,5 Prozent Zuwachs immer noch über dem Gesamtmarkt. Der Rest dazu gehört die Gesamtheit der Assemblierer blieben mit 1,1 Prozent deutlich darunter.

Assemblierer verlieren im PC-Markt Assemblierer verlieren im PC-Markt

Die Assemblierer gehörten 2005 zu den Verlierern. Weiss macht dafür vor allem das stagnierende Home-Desktop-Segment verantwortlich. Mit nur gerade 1,4 Prozent Wachstum ist hier kein Staat zu machen. Dazu kommt, dass sich die Durchschnittspreise für Business- und Home-Desktop-Systeme aneinander angeglichen haben. Gegenüber dem Vorjahr sind sie um rund zehn Prozent gefallen. Ein weiteres Zeichen für die Probleme der Assemblierer im PC-Markt ist, dass in diesem Bereich der Gesamtumsatz bei sinkenden Durchschnittspreisen nur noch um 2,6 Prozent auf nunmehr 2197 Milliarden Franken gestiegen ist.

Trend zu mobilem Systemen

Der Markt verschiebt sich zusehends in Richtung Mobile. Der Anteil an mobilen Geräten am Gesamtmarkt ist um 10,7 Prozent auf 43,9 Prozent gestiegen, während der Anteil der Desktop-Systeme wiederum gesunken ist, gegenüber 2004 um sieben Prozent. Desktops machen nun noch 53,1 Prozent des Marktes aus. Weiss wagt die Prognose, dass bis 2007 wohl ein Gleichstand zwischen den Anteilen von Mobile und Desktops erreicht werden dürfte.
Die Stückzahlen machen diesen Trend deutlich: Im Business-Bereich betrug der Zuwachs bei den Desktops noch magere 3,1 Prozent, bei den als Home-Geräten klassifizierten Maschinen gar nur 2,1 Prozent. Demgegen­über haben mobile Systeme im Business-Bereich um 15,1 und im Home-Segment um 17,9 Prozent zugelegt. Nach Prozenten gehörig zugelegt haben übringens auch die Tablet PCs. Dennoch beträgt die absolute Zahl hier nicht mehr als 8000 Systeme gegen­über 370‘000 Notebooks.
Dieser Trend zu mobilen Systemen macht den Assemblierern ebenfalls zu schaffen, wie Weiss feststellt. Ihr Desktop-Ausstoss ist um 18,6 Prozent auf 175‘000 Einheiten zurückgegangen. Ihr Marktanteil fiel gegenüber dem Vorjahr von 27,2 auf 21 Prozent. Die Stückzahl stieg zwar von 33‘000 auf 52‘000. Der Anteil der von Assemblierern gefertigten Notebooks am Gesamtmarkt liegt aber dennoch nur gerade bei 8,1 Prozent. Weiss: «Im herrschenden Preiskampf bei den Notebooks dürfte es den Assemblierern schwerfallen, mitzuhalten. Chancen sehe ich für sie eher bei Nischenprodukten im unteren bis mittleren Preissegment.»

Preiszerfall

Der Preiszerfall hielt im PC-Bereich auch 2005 weiter an. Die Durchschnittspreise sanken bei den Business-Desktops von 1364 Franken im Jahre 2004 auf 1215 Franken und im Home-Bereich von 1344 auf 1218 Franken. Im mobilen Bereich gingen die Preise bei Business-Notebooks von 2190 auf 1988 Franken, bei Home-Notebooks von 1915 auf 1216 Franken zurück.
Etwas verwundert zeigt sich Weiss darüber, dass die Preise bei den Notebooks nicht unter einen Durchschnitts­preis von 1574 Franken gefallen sind: «Obwohl überall von Notebooks unter tausend Franken die Rede war, sind Billig-Notebooks offensichtlich nicht zum erhofften Verkaufsschlager geworden. Mir scheint es allerdings sowieso ziemlich fraglich, ob mit solch forcierten Tiefpreisen, ob Notebook oder Desktop, überhaupt noch etwas verdient werden kann.»
Tatsächlich sind die Preise gegen­über dem Vorjahr im gesamten Business-Segment um 8 und bei den Home-Systemen um 13 Prozent gefallen. Die Umsätze sanken bei Home-Geräten um 4,9 Prozent, während sie im Geschäftsbereich um 7,2 Prozent zulegten. Gesamthaft läuft das auf ein Wachstum von 2,6 Prozent hin­aus.
Die Voraussagen von Robert Weiss anlässlich der letzten Weissbuch-Präsentation haben sich damit für den PC-Markt nur teilweise erfüllt. Beim mobilen Markt traf er sowohl Stückzahlen wie Preise und Umsatz recht gut. Deutlich überbewertet aber hatte er in seinen Prognosen den Desktop-Markt. «Ich habe insbesondere den Home-Markt überschätzt», gibt er zu. «Ich ging davon aus, dass die neuen Technologien den PC-Markt beflügeln würden. Aber anscheinend interessierten diese die Konsumenten nicht sonderlich. Ich dachte auch, die neuen Technologien würden dem Preiszerfall stärker entgegenwirken. Da habe ich mich, und dementsprechend auch beim Umsatz, getäuscht.

Lowend-Server

Bei den Lowend-Servern hat sich der Preiszerfall im Gegensatz zu den PCs nicht fortgesetzt. Der Durchschnitts­preis stieg 2005 von 6200 Franken um gute 17 Prozent auf 7258 Franken. Damit wurde das Niveau von 2003 wieder erreicht. Der Gesamtumsatz verbesserte sich ebenfalls: um 36,4 Prozent auf respektable 566 Millionen Franken.
Verkauft wurden im letzten Jahr insgesamt 79‘000 Lowend-Server. Spitzenreiter bei den Anbietern ist hier wie bei den PCs HP. Das Unternehmen weist 28‘174 Stück und ein Wachstum von 5,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr aus. Dahinter folgen IBM mit 11‘000 Stück, Dell mit 10‘700 und dann mit deutlich tieferen Zahlen FSC, Maxdata und Apple.
Die besten Zuwächse verzeichneten dabei Acer mit 31,3 und Maxdata mit 28,2 Prozent. Wirklich erfolgreich aber waren hier die Assemblierer. Auf ihr Konto gehen 18‘900 Geräte. 2004 waren es noch 12‘600. Das entspricht einem Zuwachs von satten 50 Prozent.

Channel und Direktverkauf

Nach den Zahlen von Weiss lieferten die PC-Anbieter im letzten Jahr nur gerade 47,7 Prozent aller Systeme über die Distributoren aus. Der Rest ging entweder direkt zum Consumer oder wurde über Large Accounts an Grosshändler und Unternehmen ­direkt ausgeliefert.
Bei den ständigen Bekenntnissen der meisten Hersteller zum indirekten Kanal erstaunen diese Zahlen (oder bestätigen böse Vermutungen). Immerhin sieht die Sache schon etwas anders aus, wenn der erklärte Direkt-anbieter Dell und die verschiedenen Assemblierer, die oft im Auftrag arbeiten, nicht berücksichtigt werden. In diesem Fall finden immerhin 65,8 Prozent der Produktion den Weg in die Distribution. Das restliche knappe Drittel läuft zum grössten Teil über Large-Account-Lieferungen. Direktverkäufe an Privatkunden machen weniger als ein Prozent aus. Gegen­über dem Vorjahr legte die Distribu­tion sogar wieder leicht zu, wie Weiss sagt.
Das Verhältnis zwischen den verschiedenen Vertriebskanälen hat sich im Vergleich zum Vorjahr wenig verändert. Hingegen spiegelt sich auch hier der steigende Trend zu mobilen Systemen. Interessant ist jedoch, dass im Consumer-Bereich bei Berücksichtigung aller Anbieter immer noch deutlich mehr Desktops (16,3 Prozent) direkt verkauft werden als mobile Systeme (6,8 Prozent). Bei den von den Herstellern direkt belieferten grossen Organisationen ist das Verhältnis mit 28,1 Prozent der Desktops und 21,6 Prozent der mobilen Systeme ausgeglichener. Doch auch hier sind es noch mehr Desktops als Mobiles.
Anders sieht das Verhältnis bei den Vertriebskanälen aus, über welche traditionell Business-Kunden beliefert werden, also bei den spezialisierten PC-Händlern, den VARs sowie den kleineren und grossen Systemhäusern. Hier überwiegen mit 51,7 Prozent die mobilen Systeme gegenüber den Desktops, von denen 42,7 Prozent auf diesem Weg zum Kunden finden.
Am Ende gehen von den Desktops 27,5 Prozent an Consumer und 7,5 Prozent an SOHO-Kunden. Auf der Business-Seite landet der grösste Teil, nämlich 27,8 Prozent, bei kleinen Unternehmen, 14,8 Prozent im mittleren Bereich und 22,4 Prozent in Grossunternehmen.
Bei den mobilen Systemen sieht es ähnlich aus: 27,7 Prozent landen im Privat- und 12,6 Prozent im SOHO-­Bereich. Small-Business-Kunden beziehen 27,5 Prozent der mobilen ­Systeme, mittlere Betriebe 13,9 und grosse Organisationen 18,4 Prozent aller mobilen Systeme.

Sechseinhalb Millionen PCs

Zum Weissbuch gehört immer auch ein wenig Zahlenakrobatik: Zurzeit sind in der Schweiz im Ganzen 2‘170‘000 PCs an Arbeitplätzen installiert. Ausserdem gibt es im ganzen Land 1‘460‘000 mobile Business-­Systeme. Damit kommen auf tausend erwerbstätige Schweizerinnen und Schweizer 1280 Rechner. Das sind 8,5 Prozent mehr als im Vorjahr. In privatem Gebrauch stehen 2 Millionen PCs und 800‘000 mobile Geräte. Alles in allem sind in der Schweiz also derzeit 6‘430‘000 PCs installiert. Im vorherigen Jahr waren es noch 6‘105‘000 oder 5,3 Prozent weniger. (fis)

Weissbuch 2006

Die Studie Weissbuch 2006 enthält detailiertes Zahlenmaterial über den gesamten Schweizer ICT-Markt 2005 und Marktprognosen für alle Untersuchungssegmente für das laufende und die folgenden Jahre. Zudem werden Technologie-Prognosen ­erläutert.
Robert Weiss Consulting, Männedorf, www.weissbuch.ch


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