Die Konvergenz zwischen IT und CE wird seit vielen Jahren diskutiert. Allerdings sind die Hersteller erst seit ungefähr zwei, drei Jahren wirklich dazu bereit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Meiner Meinung nach sind wir aber noch lange nicht dort
Peter Rehnke (Tech Data): Ich schätze die momentane Situation als sehr spannend ein. Es gibt zwei Eckpunkte, wenn es um das Thema Konvergenz geht. Einerseit sind das die Hersteller, andererseits die Reseller. Interessant finde ich vor allem die Gretchenfrage: Wer gewinnt? Ist es die CE, die in der IT aufgeht? Oder die IT, die in der CE aufgeht? Jedes Szenario hat seine Vor- und Nachteile. Meiner Meinung nach ist der Lernaufwand eines Resellers, der von der CE in die IT vorstossen muss, um einiges grösser. Den Vorteil, den die CE-Händler haben, ist, dass sie bereits in den Wohnzimmern drin sind. So hat jeder einen Mehrwert, den er auf seine Art und Weise auf dem Markt ausspielen kann. Dieser ist aber immer noch nicht zusammengewachsen. Beide Seiten verstehen, dass es Bewegung im Markt gibt und dass etwas getan werden muss. Bei den CE-Händlern, die wirklich das Know-how haben, zeichnen sich jetzt schon die ersten Lerneffekte ab. Die schliessen sich zusammen, nutzen Know-how und gemeinsame Weiterbildungen, um somit besser in das Thema Heimvernetzung einzusteigen. Man traut sich plötzlich, aufeinander zuzugehen.
Daniel Kuster (Also): Das stimmt schon, aber das betrifft nur die innovativen CE-Händler untereinander. Dieser Austausch findet nicht mit Händlern aus der IT statt.
Sacom zum Beispiel müsste doch jetzt die Fühler wieder eher in Richtung IT ausstrekken. Wird denn das auch gemacht?
Rosmarie Saner (Sacom): Betreffend der Vernetzung haben wir tatsächlich noch nicht viel gemacht. Wir bieten zwar Wireless-Produkte wie Router und Accesspoints an, die Abteilung läuft bei uns aber eher nebenbei. Wir haben einen tollen Brand im Sortiment, und um das Thema Vernetzung kommen natürlich auch wir langfristig nicht herum.
Kuster: Aber eine Gesamtlösung gibt es noch nicht?
Saner: Nein.
Haben Sie beziehungsweise Also , eine Gesamtlösung anzubieten?
Kuster: Nein, bis jetzt noch nicht. Dazu muss man aber sagen, dass der Markt zum Teil auch noch nicht reif ist für derartige Lösungen. Gespräche mit IT- und CE-Resellern zeigen klar, dass zwar alle von Konvergenz reden, es tatsächlich aber viel langsamer geht, als man denkt. Zwar hätten IT-Reseller dank ihrer Netzwerkkenntnisse die idealen Voraussetzungen für die Vernetzung, doch zum Teil wollen sie sich nicht im Bereich CE engagieren. Bei den CE-Händlern gibt es die innovativeren, aber eben auch die traditionellen, die beim Thema Konvergenz noch Vorurteile haben. Der Vorteil, den CE-Händler haben, ist, dass sie sehr nahe beim Kunden sind. Ausserdem sind sie in ihrer Region meist gut positioniert. Die Verschmelzung zwischen IT und CE dürfte
Also meiner Meinung nach ein längerer Prozess werden. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass eine neue Art von Resellern entsteht. Irgendwo in der Mitte zwischen CE und IT.
So weit dürfte es aber frühestens in zehn Jahren sein!
Kuster: Ja klar. Ich spreche nicht von einigen Monaten, sondern von einem Zeitraum von vielleicht fünf Jahren. Natürlich wird es auch weiterhin reine IT- und reine CE-Händler geben, doch in deren Mitte könnte sich eine Art Multimedia-Händler positionieren.
ITR: Das Kaufverhalten des Kunden zeigt aber, dass dieser einen Händler mit einem Komplettangebot vorzieht. Er möchte nicht für jeden Artikel, den er kaufen möchte, einen anderen Händler aufsuchen. Dies würde der Annahme widersprechen, wonach es weiterhin
Kuster: Im Bereich B2B wird es sicherlich weiterhin die reinen IT-Händler geben.
Rehnke: Übrigens ist die Aussage von Herrn Kuster, dass der Markt noch nicht reif genug sei, ein bisschen zweischneidig. Auf der einen Seite sieht man, dass die Hersteller untereinander verkracht sind. Das heisst, jeder führt seine eigene IT- und seine eigene UE-Abteilung mit unterschiedlichen Preismodellen. Zudem wissen die oft selber nicht so recht, auf welche Strategie sie eigentlich setzen wollen. In diesem Bereich ist noch das eine oder andere Rätsel zu lösen. Insofern stimmt es natürlich, dass der Markt noch nicht reif ist.
Auf der andern Seite aber denke ich, dass es eigentlich unser Job ist, dem Kunden Gesamtlösungen anzubieten. Aus dem umfassenden Portfolio aller unserer Hersteller sollten wir passende Produkte als Lösungspakete zusammenschnüren. Diese müssten wir mitsamt dem vorhandenen Know-how am Markt anbieten. So etwas kann ja eben nur ein Distributor.
Mit einem solchen Modell sollte dann allerdings auch ein CE-Disti arbeiten wollen. Gibt es Pläne, dass Sacom solche Lösungen konfektionieren und anbieten will?
Saner: Das Problem ist, dass diese Lösungen wirklich noch nicht genutzt werden. Wir führen beispielsweise netzwerkfähige Beamer im Angebot, die über einen Laptop drahtlos gesteuert werden könnten. Von diesem Angebot wird aber kaum Gebrauch gemacht, was mich eigentlich erstaunt, denn immerhin ist so ein Beamer ein IT-Produkt, das auch im IT-Umfeld benutzt wird. Solche Features werden dann vor allem wegen der grossen Unsicherheit von den Kunden nicht genutzt.
Unsicherheit?
Saner: Ja. Ich meine Unsicherheit betreffend die Frage, ob das Ganze dann auch wirklich funktioniert oder nicht.
Roger
Engelberger (Karl Engelberger Photo en gros): Ich denke, dass dies eine Frage der Komplexität ist. Die ganze Vernetzungsgeschichte ist noch derart kompliziert, dass sich schon die Frage stellt, ob das überhaupt jemand im Wohnzimmer haben möchte. Was die Komplexität betriff hat doch jeder seine Erfahrungen mit dem eignen PC gemacht. Wenn ich beispielsweise Fernsehen schauen will, dann schalte ich einfach das Gerät ein und es funktioniert immer. Doch wer will schon zuerst seinen zentralen Server booten müssen und abwarten, ob dieser auch korrekt hochfährt? So gesehen sind IT-Produkte aus meiner Sicht immer noch viel zu komplex, viel zu technologisch und überhaupt nicht bedienerfreundlich.
Kuster: Meine Stereoanlage oder meinen Fernseher kann ich, wie Herr Engelberger ausführte, einfach bedienen und Musik oder bewegte Bilder sind sofort verfügbar. Anders ist es, wenn ich ein Mediacenter besitze, denn dieses braucht schon fast dreissig Sekunden für das Aufstarten, bevor ich die Inhalte überhaupt nutzen kann. Das ist nicht unbedingt das, was die Leute im Wohnzimmer haben möchte. Wenigstens wurden die Geräte inzwischen optisch etwas aufgemöbelt. Was wiederum zeigt, dass der Prozess der Verschmelzung so richtig in Gang gekommen ist. In drei bis vier Jahren wird es dann wohl brauchbare Mediacenter geben.
ITR: Die Bedienerfreundlichkeit spielt ja für den Kunden mit Sicherheit die grösste Rolle. Deshalb probiert die IT-Branche ja auch, ihre Produkte in dieser Hinsicht massiv zu verbessern. Allerdings darf man nicht vergessen, dass auch renommierte UE-Herste
Rehnke: Die ersten Konvergenzthemen gab es schon vor fünfzehn Jahren. Damals hiess es, dass die grosse Revolution im Wohnzimmer stattfinden werde. Alles wachse irgendwie zusammen. Tatsache ist aber, dass die ganze Entwicklung viel Zeit braucht. Natürlich gibt es schon gute Ideen wie etwa die Viiv-Technologie von
Sony, die durchaus in diese richtige Richtung gehen.
Kuster: ... Aber noch immer gibt es zu viele Einzelgeräte und Kabel, die höchstens in einem Neubau vernünftig und unsichtbar installiert werden können. Sony beispielsweise bringt einen neuen Fernseher auf den Markt, bei dem die Stereoanlage schon eingebaut ist. TV, Radio, DVD-Player, alles in einem, was ansatzweise der These entspricht, dass der Fernseher zum Mittelpunkt der Unterhaltung im Wohnzimmer werden könnte.
Saner: Meine Erfahrungen zeigen, dass die meisten Endkunden sich am liebsten ein flaches Panel an die Wand schrauben. Dazu leisten sie sich dann noch ein Highend-Homecinema ...
Engelberger: ... Das Homecinema sollte aber unbedingt kabellos sein. Versuchen Sie mal der eigenen Frau zu erklären, dass drei Dutzend Kabel in der Wohnung verlegt werden müssen (lacht). Eine Herausforderung ist das höchstens für das eine Promille der IT-Freaks, die nachher voller Stolz darüber diskutieren, welche Kabel sie wo durch die Wohnung verlegt haben. Heutzutage will doch aber kein vernünftiger Konsument mehr Kabel sehen.
Rehnke: Da kommt dann aber noch eine weitere Kundenbasis dazu, nämlich die Installateure. Wir reden über IT und CE und vergessen dabei, dass es auch noch die Installateure gibt, die sich dieses Marktsegment schnappen könnten. Denn gerade bei der Hausplanung wäre das doch eine geniale Unterstützung, wenn es um eine überlegte Installation von TV oder Homecinema geht. Denn selbst wenn der grosse Plasma endlich an der Wand hängt, gibt es immer noch ein Stromkabel, das irgendwo angeschlossen werden muss. Und die Steckdosen sind ja meistens nicht gerade passend hinter dem Plasmafernseher an der Wand zu finden.
Wäre in diesem Bereich also noch einiges zu holen?
Rehnke: Vielfach vergisst der Händler, dass es noch einen dritten Player gibt, den man sich mit ins Boot holen müsste. Den Installateur eben.
Wären auch Architekten eine Möglichkeit?
Saner: Genau. Einer unserer Händler macht das nämlich so. Er stellt sich bei Hauseigentümern oder Architekten vor, die sich gerade in der Planungsphase für den Bau eines Hauses oder einer Wohnung befinden. Allerdings braucht man bei dieser Art von Akquisition sehr viel Geduld. Vom ersten Gespräch bis zum möglichen Projekt vergeht viel Zeit. Wichtig ist es, über qualitativ hochstehende Produkte und ein perfektes Konzept zu verfügen. Sonst dürfte man kaum eine reale Chance haben.
ITR: Nachdem sich in den letzten Jahren zweifellos die ganze Branche auf dem endlosen Geiz-ist-geil-Trip befand, scheint es mir, dass inzwischen für den Kunden nicht mehr nur der günstige Preis das wichtigste Kaufkriterium ausmacht – was übrigens auch Stu
Saner: Ja, das denke ich schon. Die Kunden informieren sich zunehmend über den aktuellen Stand der Technik und entscheiden sich dann meistens auch für ein hochwertiges Gerät obwohl es teurer ist. Aus unserer Erfahrung kann ich sagen, dass gerade die hochpreisigen Plasmas boomen. Der Kunde merkt auch, dass ein solcher Kauf eine langfristige Investition bedeutet. Generell gibt der Schweizer für Lifestyle, Genuss und persönlichen Luxus nach wie vor viel oder sogar wieder mehr Geld aus.
Für Distributoren sind ihre Verkaufskanäle enorm wichtig. Denn schliesslich verdient ein Disti nur dann Geld, wenn die Händler auch verkaufen. Gibt es im Händlerportfolio noch Schwachpunkte, die beseitigt werden müssten?
Rehnke: In der Distribution muss vom Morgen bis am Abend Überzeugungsarbeit geleistet werden. Wir bieten Trainings an ...
Kuster: ... Genau. Zusammen mit den Herstellern bieten wir Aus- und Weiterbildungen an. Die Schwierigkeit besteht jedoch darin, dass viele Standards noch nicht klar definiert sind. Früher waren es VHS und Betamax, dann kamen die DVD mit Plus und Minus – und genau das gleiche passiert jetzt wieder mit Blue-Ray und HD-DVD. Das sind Dinge, die den Konsumenten verunsichern. Und verkaufsfördernd sind sie auch nicht unbedingt.
Genau da kommt doch jetzt aber der kompetente Verkäufer beim Fachhändler oder Retailer ins Spiel. Sollte er nicht fähig sein, dem Kunden mit einer guten Beratung diese Unsicherheit zu nehmen?
Rehnke: Gerade in Sachen Heimvernetzung ist es meiner Ansicht nach schwer, über den Retailer zu gehen. Dort wird ja bekanntlich hauptsächlich über Fläche und Preis verkauft und nicht wirklich über die gute Beratung, bei der sich der Verkäufer auch mal eine Stunde Zeit nimmt, um dem Kunden etwas zu erklären. Welcher Verkäufer im Retail setzt sich schon eine Stunde mit dem Kunden hin oder geht gar zu ihm nach Hause, um sich ein Bild über die Situation vor Ort zu machen? Dieses Bild entspricht ganz klar dem Fachhandel. Den kann man trainieren. Der ist auch bereit, sich die Zeit für solche Aus- und Weiterbildungen zu nehmen. Er schaut zusammen mit Hersteller und Distributoren ja eben auch darauf, wie er im Gegensatz zum billigen Retailer dem Kunden einen echten Mehrwert anbieten kann.
Engelberger: Im Moment befinden wir uns in einem Prozess, in dem sich entscheiden wird, welche Fachhändler in fünf Jahren noch existieren – und wer etwa wegen fehlenden Know-hows nicht mehr mitmachen will oder darf. Geld verdienen werden die wenigsten noch, aber jetzt geht es sicher darum, sich für die Zukunft richtig zu positionieren.
ITR: Stellt es für Sie alle ein Problem dar, wenn Händler an ihren alten Gewohnheiten festhalten und so mitunter auch das Gefühl haben, dass alles in 20 Jahren noch gleich sein wird wie heute? Oder anders gefragt: Gibt es ein Generationenproblem beim Fach
Rehnke: Es gibt schon sehr viele, die den Fortschritt begreifen. Aber eben leider noch nicht alle. Ist es denn nicht so, dass dort, wo die Nachfolgegeneration das Zepter übernommen hat, dank gewissen Investitionen wieder gute geschäftliche Perspektiven vorhanden sind?
Kuster: Von gut 1100 UE-Händlern tritt vielleicht ein Drittel ziemlich progressiv am Markt auf. Das zweite Drittel befindet sich im Findungsprozess. Davon sind aber nicht nur die Bereiche CE und UE betroffen. Dieses Phänomen gibt es in der IT-Welt genauso.
Auf der diesjährigen CES (Consumer Electronics Show) in Las Vegas stand die Frage im Vordergrund, womit sich im Bereich der Konvergenz von CE und IT die grossen Geschäfte machen lassen. Wo bitte sind denn aus Ihrer Sicht die Traum-Margen?
Kuster: Zuerst war ich auch der Meinung, dass der Prozess des Margenzerfalls im UE-Bereich bereits eingesetzt hat. Aber ein UE-Fachhändler arbeitet ja heute noch mit einer Marge von mindestens dreissig Prozent auf einem normalen Fernseher. Wenn er weniger hätte, würde er lieber auf den Verkauf verzichten. Aus IT-Sicht sind das ja wahre Traum-Margen.
Engelberger: In diesem Punkt gehört der Fotohandel ganz klar nicht zu den Profiteuren. Auf den heutigen Digitalkameras sind solche Margen eine Illusion. Die Digitalkamera ist von den Absatzkanälen teilweise als «lost leader» benützt worden. Das heisst, dass Digitalkameras teilweise unter dem Einkaufspreis verscherbelt werden. Solches kennt man ja auch aus der IT-Welt. Vielleicht passiert dies auch, weil Digitalkameras vor fünf bis Zehn Jahren dem Computerzubehör zugeordnet wurden. Vielfach wurden sie auch über die IT-Distribution abgesetzt, bevor das Distributionsmodell angepasst wurde.
Wie sieht es denn mit dem Profisegment aus? Kann dort noch genug Geld verdient werden?
Engelberger: Ganz klar: Nein. Spiegelreflexkameras werden im Internet auch unter dem Einkaufspreis angeboten. Das ist so üblich, und zwar durch das ganze Sortiment hindurch.
Und wie sind die Internethändler in der Lage, solche Preise zu offerieren?
Kuster: Parallelimporte.
Engelberger: Richtig. Und andererseits haben gewisse Hersteller einfach noch kein sauberes, paneuropäis ches Pricing. Üblich sind teilweise auch Preismodelle, bei denen die Marge über die Transaktion gerechnet wird. Verdienst wird
Also somit aus Versandkosten oder Zubehör generiert. Aber noch einmal: Über mehrere Jahre wurden Digitalkameras lediglich als Frequenzbringer benutzt. Und das hat dem Fachhandel natürlich massiv geschadet. So gesehen ist es für die Fotobranche natürlich schlecht, wenn der Händler andere Produkte hat, mit denen er seine Kameras quersubventionieren kann. Erst wenn die Margen auf dem ganzen Sortiment des Händlers kaputt sind, erst dann muss auch er seine Kameras wieder vernünftig kalkulieren. Ein wenig zynisch gesagt: Die IT-Branche hat zuerst einmal die Margen im eigenen Revier kaputtgemacht – und jetzt stürzt sie sich auch noch auf die CE, um die Margen auch hier ins Grund- und Bodenlose zu stürzen. Dass die CE-Branche die IT-Welt mit ihrem Margenmodell nicht gerade mit offenen Armen empfängt, dürfte bei einer solchen Betrachtung ja klar sein.
Rehnke: Wenn wir schon über das Thema Pricing diskutieren, dann sollte ebenfalls allen klar sein, dass die Hersteller hier am längeren Hebel sitzen. Die Distribution hat zwar noch einen kleinen Spielraum, aber die Hersteller sind es, die den Preis diktieren.
Engelberger: Nun, dass der ganze Kameramarkt kaputt ist, das ist sicher nicht die Schuld der Distis, sondern das wahre Übel ist ganz klar das Pricing-Modell der Hersteller.
Kuster: Der Kameramarkt wurde vor allem dadurch kaputt gemacht, dass Händler ihre Kameras palettweise im Ausland bestellten. Und zwar zu Preisen, die rund 20 Prozent unter dem Schweizer Einkaufspreis für Distributoren liegen! Da bei den meisten Kameras die Menüführung und die Bedienungsanleitung mehrsprachig sind, können sie auch problemlos überall verkauft werden. Bei einem Notebook mit einer länderspezifischen Tastatur wird so etwas schon schwieriger...
Da gab es aber auch Fälle, bei denen Grauimporte aufgrund der Seriennummer aufgedeckt wurden sobald ein Garantiefall eingetreten war. Was dann?
Kuster: Auch das ist heute eigentlich kein Problem mehr. Die meisten Kameras verfügen heute sowieso über internationale – oder mindestens europaweit gültige Garantien.
Saner: Solange es Kleingeräte sind, ist das wirklich kein Problem. Bei den Plasma-Fernsehern wird es allerdings komplizierter. Niemand möchte ja 70 oder 80 Kilo etwa nach Deutschland schicken, wenn denn ein Garantiefall eintreten sollte.
Engelberger: Wenn Geräte schwer und gross und damit nicht einfach zu transportieren sind, so stellt dies natürlich einen Vorteil dar. Kameras hingegen können sehr leicht verschoben werden. Um aber noch einmal auf die Margen zurückzukommen: Hier zeichnet sich mittelfristig schon die Entwicklung ab, dass mit Hardware eigentlich kein Geld mehr zu verdienen ist. Margen werden sich nach unten einpendeln – und zwar bis an die Schmerzgrenze. Wirklich Geld verdienen lässt sich wohl nur noch mit Dienstleistungen. Und hier gibt es Bereiche, bei denen das Potential für Dienstleistungen vorhanden ist. Bei anderen Bereichen sehe ich dieses Potential aber nicht.
Rehnke: Das ist doch genau der Punkt beim Thema der Vernetzung. Wenn man eine Gesamtlösung anbietet, die etwa die Installation zuhause beinhaltet, dann können Dienstleistungen mit den im Markt üblichen Stundensätzen verrechnet werden.
Und die werden vom Kunden auch meistens problemlos akzeptiert.
Rehnke: Genau. Das ist der Mehrwert, den unsere Reseller bieten können und bieten müssen.
Kuster: Ganz zu schweigen einmal von all dem möglichen Nachfolge-Business, das sich aus einer solchen Kundenbeziehung ergeben kann.
Ist es heute aber nicht so, dass gerade die jüngere Generation im Internet einkauft und dabei ganz bewusst auf einen gewissen Service zugunsten eines tieferen Preises verzichtet?
Rehnke: Diejenigen, die so einkaufen, sind aber leider auch nicht diejenigen, die sich die grossen 50-Zoll-Plasmas leisten können. Diejenigen Kunden, die sich solche Geräte leisten können, die nehmen auch noch den angebotenen Service dazu. Ein 20jähriger, der seinen WLAN-Router im Schlaf programmieren kann, gehört ganz klar nicht in die Zielgruppe, der der Handel Dienstleistungen verkaufen soll.
Kuster: Auch diese 20jährigen werden älter und nehmen vielleicht irgendwann später gerne einmal Dienstleistungen in Anspruch. Zudem wird es immer einen grossen Prozentsatz von anspruchsvollen Kunden geben, die die Geräte ausprobieren und vergleichen möchten, wenn sie denn eine grössere Anschaffung tätigen. Nicht zu unterschätzen ist auch das Einkaufserlebnis, das solche Kunden keinesfalls missen möchten.
Viele Kunden nutzen den Fachhändler aber eher aus. Sie lassen sich ausführlich beraten. Bestellt wird dann aber im Internet.
Kuster: Heute gibt es bereits entsprechende Modelle in der Reisebranche: Im Reisebüro kann man sich für wenig Geld eine Beratung kaufen. Wenn man dann eine Reise bucht, wird einem die vorher erhobene Beratungsgebühr wieder gutgeschrieben. Wenn nicht, dann hat man halt für die Beratung bezahlt. Das wäre zum Beispiel ein Ansatz für den Fachhandel, den es einmal zu prüfen gälte.
Engelberger: Das ist übrigens auch die grosse Herausforderung der Fotobranche. Die IT ist in dieser Beziehung schon weiter, zwar verdient niemand mehr an der Hardware, aber immerhin kann für Dienstleistungen und Beratung ein gesunder Stundenansatz verrechnet werden. Wenn es uns gelingt, die Trennung zwischen Warenverkauf und Dienstleistung endlich zu begreifen, dann wird es der Branche wieder besser gehen.