Peter Mey (42, Name von der Redaktion geändert), Key Account Manager bei einem international bekannten Softwarehaus, ist stinksauer. Soeben hat er sich mit einem Personalberater getroffen, der ihm mitgeteilt hat, dass er mit einem Zieleinkommen von jährlich 250’000 Franken massiv über den zur Zeit im Markt üblichen Salären liegt. «Ich weiss, was ich wert bin, denn von meinen Top-Beziehungen wird auch mein neuer Arbeitgeber profitieren!», polterte er.
From Hero To Zero
Ein paar Monate später wurde Peter Mey entlassen. Ohne Vorwarnung und nach zehn Jahren bei der gleichen Firma. «Die werden mich noch auf den Knien anflehen, wieder zurückzukommen, wenn die erst mal gemerkt haben, welchen Mehrwert ich denen bringe», hatte er noch vollmundig den Arbeitskollegen gesagt, bevor er seine Schlüssel abgeben und das Pult räumen musste.
Neben Mey wurden vier weitere Verkäufer entlassen, alle waren sie langjährige Mitarbeiter des Unternehmens. Die offizielle Version der Firma für den Personalabbau: Man brauche neue Leute, die gegenüber Veränderungen positiver eingestellt sind und zur neuen, stärker verkaufsorientierten Strategie besser passen. Interessant war aber zu sehen, dass knapp drei Monate später vier neue Sales-Leute eingestellt wurden, deren Zielsalär mit 170’000 Franken rund 80’000 Franken unter den Gehältern ihrer Vorgänger lag.
Die Goldgräberstimmung ist vorbei
Was Peter Mey passiert ist, lässt sich seit geraumer Zeit im IT-Markt beobachten: Spitzengehälter im Vertrieb, bis vor einigen Jahren noch kommentarlos bezahlt, stehen heute gewaltig unter Druck, und die momentane Lohnspirale zeigt ganz klar in eine Richtung: nach unten!
Dies hat auf der einen Seite damit zu tun, dass im allgemeinen Dotcom-
Hype Mitarbeiter mit Traumgagen von der Konkurrenz abgeworben wurden und so die Saläre künstlich nach oben getrieben wurden. Saläre bis 250’000 Franken Zieleinkommen im Software-Umfeld und im Hardware-Umfeld bis 200’000 Franken waren bis Anfang 2000 durchaus an der Tagesordnung. Heute liegen sie rund 25 bis 30 Prozent tiefer, und der Druck auf die Verkaufssaläre wird weiter anhalten. Die Hauptgründe dafür sind:
¦ Neue Mitarbeiter werden heute zu massiv günstigeren Konditionen eingestellt als ihre Teamkollegen noch vor einigen Jahren. Dies dürfte den Druck auf die Verkaufssaläre weiter aufrechterhalten.
¦ War es früher für einen Ausländer aus dem EU-Raum noch relativ schwierig, eine Arbeitserlaubnis in der Schweiz zu bekommen, so ist dies heute sehr einfach möglich. Dies wird den Druck auf die Schweizer Saläre nicht nur in der IT-Branche mittel- und langfristig weiter erhöhen.
¦ Der anhaltende Margendruck in der IT-Branche wird sich auch in Zukunft negativ auf die Saläre auswirken.
Was uns motiviert
Welche Möglichkeiten haben also Unternehmen, um ihre Verkaufsmitarbeiter dennoch langfristig ans Unternehmen zu binden, wenn dies künftig nicht mehr alleine mit der generösen Entlöhnung möglich ist?
Gemäss dem amerikanischen Motivationsforscher Frederick Herzberg, sind es primär nicht monetäre Aspekte, welche uns bei unserer Arbeit motivieren. Themen wie Anerkennung für erbrachte Leistung oder die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen, sind ganz entscheidende Faktoren der Mitarbeiterzufriedenheit. Eine unklare Unternehmenspolitik sowie eine zu starke Kontrolle der Mitarbeiter hingegen führt langfristig zu extremer Mitarbeiterunzufriedenheit.
Geld allein genügt nicht
In Kandidateninterviews nennen mir Verkäufer meistens einen oder mehrere der folgenden Gründe, die sie zu einem Stellenwechsel bewegen:
¦ Zuwenig Anerkennung für
erbrachte Leistung.
¦ Zu hohe Umsatzziele, welche absolut unrealistisch sind und zu einer grossen Demotivation führen.
¦ Keine klare Unternehmenspolitik und Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes.
¦ Probleme mit dem Vorgesetzten.
Klar ist ein typischer Verkäufer auch heiss darauf, bei überdurchschnittlicher Performance überdurchschnittlich zu verdienen. Der monetäre Motivationsfaktor mag daher im Vertrieb grösser sein als bei anderen Berufsgattungen. Und trotzdem, auch hier gilt: Ein hohes Salär ist noch lange kein Garant dafür, einen motivierten Mitarbeiter zu haben und diesen langfristig ans Unternehmen binden zu können. Es gibt Unternehmen in der IT-Industrie, die das verstanden haben und trotz mittelmässiger Bezahlung keine Mühe haben, wirklich gute Mitarbeiter zu finden.
Auf der anderen Seite gibt es Firmen, welche trotz hoher Saläre eine sehr hohe Mitarbeiterfluktuation im Verkauf haben. Wie diese Firmen ihren Endkunden die notwendige Kontinuität in der Betreuung garantieren wollen, ist aus meiner Sicht mehr als fraglich; ganz zu schweigen von dem Imageschaden, den das Unternehmen damit auf dem Markt erleidet.
Neue Mitarbeitermodelle
Auch in Zukunft braucht es Verkäufer, die mit Leib und Seele «Sales» sind, und sie werden auch in Zukunft die heimlichen Stars der Unternehmen sein. Um so wichtiger ist es, dass Firmen sich überlegen, welche Möglichkeiten sich ihnen bieten, ihre Topverkäufer langfristig ans Unternehmen zu binden. Die vermehrte und verstärkte Förderung der sogenannten weichen Faktoren wird hier in Zukunft eine ganz zentrale Stellung einnehmen. Angefangen mit Krippenplätzen über Weiterbildungs- oder Sportmöglichkeiten für Mitarbeitende, bis hin zu Mitarbeiter und Karriereförderungsplänen für die Angestellten: All diese Massnahmen tragen dazu bei, dass der Mitarbeiter sich ernst genommen fühlt und sich als Teil einer gelebten Unternehmenskultur versteht.
Wer hier entsprechende Modelle entwickelt und erfolgreich in die Praxis umsetzt, wird in Zukunft gegenüber dem Mitbewerber im Vorteil sein.
Wirklich gute Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden, ist für die Kontinuität und die langfristige Ausrichtung einer Firma von entscheidender Bedeutung. Dabei spielt Geld zwar eine wichtige, aber eben nicht die alles entscheidende Rolle.
Verkäufer im Dauerstress
Lesen Sie das nächste Mal, welche Auswirkungen der zunehmende Umsatz- und Quotendruck auf den Verkauf hat und wie Sie Ihren Aussendienst aktiv unterstützen können.
Der Autor
Markus Schefer (38) verfügt über langjährige Vertriebserfahrung im In- und Ausland und war bei namhaften Unternehmen wie
IBM oder Reuters im Verkauf tätig. Heute ist er selbständiger Personal- und Unternehmensberater und Dozent an der Fachhochschule beider Basel für das Fach Key Account Management. (www.scheferpersonal.ch - markus@scheferpersonal.ch)