Welcher Hobby-Musiker hat nicht schon einmal davon geträumt, seine Leidenschaft in die Realität umzusetzen. Vor Tausenden von Fans auf der Bühne zu stehen, abzurocken und von Groupies angehimmelt zu werden? So ungefähr hatte sich auch Daniel Staehelin sein Leben vorgestellt, nachdem er seine Lehre als Maschinenzeichner beendet hatte. Das Ziel eines Profimusikers vor Augen probte er mit seinen Bandkollegen in der Freizeit mehrere Male pro Woche. Ein Fan-Club unterstützte die Bemühungen der Musikbegeisterten, die an Wochenenden auf Open-air-Konzerten ihr Bestes gaben und den Weg ins Tonstudio schafften und eine Kassette produzierten. Zum grossen Durchbruch hat es trotzdem nicht gereicht. Damals wie heute sind die Erfolgsaussichten auf ein Künstlerleben gering, und die verkauften Kassetten und erspielten Gagen reichten bei weitem nicht aus, ein geregeltes Einkommen zu erzielen. Vater Staat zog die jungen Männer in die Rekrutenschule ein und sorgte letztendlich dafür, dass sich ihre Träume nach und nach in Luft auflösten.
Von der Musik- auf die IT-Bühne
Den Sprung auf eine ganz andere Bühne hat Staehelin trotzdem geschafft. Als Gründungspartner und Geschäftsführer des Systemintegrators Axept steht er heute auf der IT-Bühne, seine Kunden sind sein Publikum und die rund 85 festangestellten und 33 freischaffenden Mitarbeiter kann man salopp als Groupies und Fan-Club in einem bezeichnen, die ihrem Chef auf diesem Parkett den Rücken stärken. Der Bühnenwechsel hat sich gelohnt, denn im Gegensatz zu den vielen Eintagsfliegen im Showgeschäft kann Axept bereits im nächsten Jahr das 10-Jahr-Firmen-Jubiläum feiern.
Lern- und Lehrjahre
Staehelins IT-Karriere begann 1987, als er mit seinem HTL-Diplom beim Computerhersteller DEC anheuerte. Das Pionierunternehmen ermöglichte ihm die Teilnahme am DEC-College, wo er sich erstes betriebswirtschaftliches Know-how aneignen konnte. Im Sog der Selbstfindungsphase, die Ende der 80er Anfang der 90er Jahre die IT-Branche erfasste und sich in Reorganisationen und ständig wechselnden Vorgesetzten niederschlug, wechselte Staehelin nach zwei Jahren seinen Arbeitgeber. Als fünfter Mitarbeiter stieg er bei der Klotener Conexus ein, die von ehemaligen Kollegen aus seiner Studienzeit gegründet wurde, es folgte eine Beteiligung von 15 Prozent am Unternehmen. Vom Telefondienst, über das Bestellwesen bis hin zu Rechnungen und Konzepte schreiben machte er fast alles. Während dieser Zeit stiess Staehelin an Grenzen und lernte, was «Overload am Arbeitsplatz» bedeutet. Der durchlebte Lernprozess kommt dem Axept-Chef noch heute zugute. Als typischer Generalist verfügt er über Wissen in vielen Bereichen, so dass ihm niemand ein X für ein U vormachen kann. Er versteht Probleme, kann Ideen und Vorschläge liefern und seine Mitarbeiter aufgrund dieser Erfahrungen besser führen.
Startschuss in die Selbständigkeit
Konfrontiert mit einem starren Unternehmenskonzept und einem patriarchischen Führungsstil fand
Staehlin nicht den Weg, sich mehr Kompetenzen innerhalb von Conexus zu verschaffen. Als «Sachtäter» wollte er Veränderungen herbeiführen, deren Umsetzung bei Conexus nicht im gewünschten Masse möglich waren. Steahelin zog die Konsequenzen und verliess die Firma. Zusammen mit Gerry Kober, Marcel Meier, Alan Hotz, Christoph Schoch und seiner Frau legte Staehelin im August 1997 den Grundstein der heutigen Axept. Die nach Staehelins Angaben «konservative Firma» setzte auf Konstanz, liess sich in der Vergangenheit von keinem Hype beeindrucken und pflegt noch heute langjährige Partnerschaften zu Kunden, die seit Beginn der Axept-Ära dabei sind. Staehelin erinnert sich an die erste «Revolution» innerhalb des Gründerteams, das den Weggang eines Mitglieds zur Folge hatte.
Angekratztes Selbstvertrauen
Als Highlight und gleichzeitig auch als grössten Rückschlag in der Firmengeschichte nennt Staehelin einen Spin-off, der das Unternehmen auf einen Schlag acht Mitarbeitende kostete. Geknickt und mit einem angekratzten Selbstvertrauen gingen die Firmeninhaber über die Bücher. Der Axept-Chef misst diesem Ereignis grosse Bedeutung bei, die den weiteren Verlauf der Firma prägten. «Nachdem von heute auf morgen alle unzufriedenen Mitarbeiter die Firma verliessen, konnten sprunghaft Ziele erreicht werden, an die vorher gar nicht zu denken war», so Staehelin. «Ohne dieses Ereignis würde die Axpet heute mit Sicherheit anders aussehen». Strategisch weiterentwickeln will sich der Systemintegrator, dessen Kerngeschäft im Bereich Engineering & Integration und Outsourcing liegt, zukünftig auch im Bereich Collaboration und Businesssoftware. Durch die Übernahme eines 19köpfigen Teams bestehend aus IT-Spezialisten aus dem Abacus-Software-Umfeld der ehemaligen Delec gelang Axept auf einen Schlag der Einsteig ins Business-Software-Geschäft. Ob das Unternehmen mit dieser Strategie Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. «Die Fahne schwingen und Juhu, hier sind wir, rufen, reicht nicht aus», ist sich Staehelin bewusst. Er setzt auf die durch den Innovations-Charakter geprägte Vergangenheit der Axept und will eine Differenzierung schaffen, die anders ist als bei den bisher führenden Anbietern in diesem Segment. «In drei Jahren», so Staehelin, «sehen wir, ob wir unser Ziel erreicht haben oder nicht.»
Daniel Staehelin
Daniel Staehelin (41) ist verheiratet und Vater einer zweijährigen Tochter. Er wuchs in der Stadt St. Gallen zusammen mit zwei Brüdern und einer Schwester auf. Sein Vater war Mittelschul-, seine Mutter Hauswirtschaftslehrerin.
Staehelin versucht, zwei bis drei Mal pro Woche seine Jogging-Runden zu drehen oder sich zu Hause auf den Crosstrainer zu schwingen. Seine Frau ist die treibende Kraft, wenn es darum geht, etwas für seine Gesundheit zu tun. Auch stärkt sie ihm den Rücken und hält ihm «die Stange» in allen Lebenslagen.
Hätte er genügend Zeit, würde er sich vermehrt dem Windsurfen widmen. Eine Leidenschaft, der er zu wenig frönen kann, und wie er selber bedauert auch seiner Frau bisher noch nicht richtig schmackhaft machen konnte. Musikbegeistert ist er noch immer. Den Griff zum Instrument er hat aus akustischen Gründen das Schlagzeug gegen ein Keyboard eingetauscht – erfolgt heute aber nach dem Lust-und-Laune-Prinzip. (pbr)