Die Messe ist tot - es lebe die Messe! Wie viele Male in der Vergangenheit wurde der grössten Schweizer Fachmesse für Informations- und Kommunikationstechnologie das Aus prophezeit. Schrumpfende Besucherzahlen, schwindende Aussteller und fehlende Keyplayer haben ihren Teil dazu beigetragen und die Gemüter der verschiedenen Lager erhitzt. Die Messeleitung ging über die Bücher und feilten am Ausstellungsangebot, verschob Durchführungstermine vom Herbst in den Frühling, einzelne Messeplattformen wurden zusammengelegt, neue aus dem Boden gestampft, oder der Standort wurde, wie es das aktuelle Beispiel der Orbit-iEX zeigt, von A nach B verlegt.
Feilen am Konzept
Die Messen wird es - so sind sich Befürworter und Gegner trotzdem alle einig - immer geben. Die Frage ist nur, in welcher Form, in welcher Grösse, mit welchem Angebot, für welches Publikum und an welchem Standort.
Sollte der Orbit-iEX-Umzug unerwartet trotz steigenden Austellerzahlen und neuem Standortwechsel nicht zum erhofften Aufschwung führen, am perfekten Messekonzept kann und muss nicht zuletzt in Anbetracht des Technologiewandels, auch in Zukunft gefeilscht werden. Für Unternehmen und Branchen, die sich dem Wandel und den notwendigen Veränderungen verweigern, so schreibt es die Ausstellungsleitung selbst treffend in einem Communiqué, haben die Konsequenzen schon teilweise die Schmerzgrenze überschritten.
Mehr Aussteller als 2005
Mit dem Umzug der Orbit-iEX vom Rhein an die Limmat hat sich die Messeleitung aufgrund einer Umfrage dem Wunsch von 75 Prozent aller Aussteller vom letzten Jahr gebeugt. Diese haben es den Organisatoren auch prompt mit Anmeldungen gedankt. Haben letztes Jahr 525 Aussteller die Hallen belegt, kann Messeleiter Giancarlo Palmisani, für dieses Jahr, 540 Aussteller vermelden. Ob mehr Aussteller automatisch auch mehr Besucher anlocken können, wird sich zeigen. Die Marke liegt bei 21'499 Eintritten im Jahr 2005, und diese gilt es zu übertreffen. Knapp einen Monat bevor in Zürich-Oerlikon die Pforten geöffnet werden, stehen die Zeichen jedoch auf grün, dieses Ziel zu erreichen.
Auf den Zahn gefühlt
In einer grossen Umfrage hat sich IT Reseller bei 515 Ausstellern (Stand: 5. April 2006) umgehört und sie zum neuen Messestandort, den persönlichen Erwartungen, zur Motivation ihrer Teilnahme an der Messe, zum Fehlen der grossen Keyplayer, Ausstellungsschwerpunkten, speziellen Partner- und/oder Händlerprogrammen, Investitionskosten sowie der Zufriedenheit mit der Messeleitung befragt. 102 Aussteller haben uns ihren Feedback gegeben. In der nächsten Printausgabe des IT Reseller (erscheint am 15. Mai 2006) berichten wir zusätzlich im grossen Reseller-Guide zur Orbit-iEX 2006, ausführlich über die Messe-Highlights einzelner Aussteller und zeigen Technologien und Trends auf, die vor Ort gezeigt und in den kommenden Monaten die Branche beschäftigen werden.
Es wird besser
Positives Echo von den Ausstellern haben wir auf die Frage erhalten, was sie vom neuen Messestandort im Kanton Zürich erwarten.
65,3 Prozent aller Teilnehmer erhoffen sich, in Zürich mehr Businesskontakte knüpfen zu können. 63 Prozent glauben, dass Zürich als Messestandort mehr Besucher anlockt als die Jahre zuvor. 51,5 Prozent gehen davon aus, mehr Leads generieren zu können. Dass der Messe durch den Umzug an die Limmat durch die Medien mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird, glauben 23,8 Prozent.
Konjunkturbedingter (Messe-)Schub
Langjährige Messeprofis wie beispielsweise der Baarer ERP-Spezialist
Sage Schweiz, der ausser 2003 immer an der Orbit respektive Orbit-iEX vertreten war, verspricht sich keine wesentlichen Vorteile vom neuen Standort, rechnet aber mit einem ähnlichen Erfolg wie bisher in Basel.
«Es wäre allenfalls möglich, dass der neue Standort einen positiven Einfluss auf die Besucherzahlen hat», meint Marc Ziegler, Marketingleiter von Sage Schweiz. Mit einem positiven Ausstellerergebnis rechnet auch Stephan Sidler, Marketing-Services beim Schweizer Business-Softwarehersteller
Opacc, jedoch nicht nur wegen des neuen Messestandortes. Er schätzt, dass auch der Konjunkturaufschwung und die steigende Investitionsbereitschaft für einen positiven Schub sorgen werden. Sidlers Aussage wird von einer grossen Anzahl der Aussteller bestärkt.
Gelassen und nach dem Motto «Abwarten und Tee trinken» blickt Konrad Broggi, CEO des Value-Added-Distributors
Cetus, auf den bevorstehenden Messeauftakt. Zum achten Mal als Aussteller dabei, hat er die Ups und Downs der grössten Informatikmesse der Schweiz miterlebt. Deshalb wird er abwarten und sehen, wie sich die Messe um den neuen Standort Zürich entwickelt, vermerkte Broggi in der Umfrage. Gloria Sartori Saadi Geschäftsführerin der Softwareschmiede Sidata, ist mit dem Unternehmen hingegen zum ersten Mal an der Orbit-iEX dabei und hofft in erster Linie auf gute Businesskontakte. Zusätzlich will sie - wie alle Aussteller - mit ihrer Teilnahme den Bekanntheitsgrad des eigenen Produktportfolios und des Firmennamens auf dem Markt steigern.
Neue Aussteller
In Zeiten von E-Mail, Fax und Telefon ist direkter zwischenmenschlicher Kontakt und die Möglichkeit, ein Produkt anzufassen und auszuprobieren, wichtiger denn je. Doch obwohl ein Messeauftritt immer noch eines der teuersten Kommunikationsinstrumente für Unternehmen ist (siehe Kasten), so scheuen viele, vor allem auch kleinere Unternehmen nicht, diese Kosten für ihre Leistungsschau zu investieren. Auffallend viele Aussteller sind in diesem Jahr zum ersten Mal überhaupt an der Orbit-iEX dabei. Von den 102 Umfrageteilnehmern sind 17 Orbit-iEX-«Neulinge», und 15 haben zum zweiten Mal eine Ausstellungsfläche gebucht. Einer davon ist auch die auf Multimedia-Kommunikations-Lösungen spezialisierte Translumina Networks. Geschäftsführer Markus Lanz wird mit einem Team von drei Mitarbeitern auf einem 14m2-Stand seine Produkte präsentieren und hofft, wie er gegenüber IT Reseller sagt, neben einer Zunahme des Bekanntheitsgrades der eigenen Marke vor allem auf interessante und nicht zuletzt gewinnbringende Businesskontakte, die er während der vier Messetage knüpfen will.
Mit einer Standfläche von satten 90m2, der Torwand des ZDF-Sportstudios, die eigens für den grossen Auftritt organisiert wurde, und einer Crew von knapp 20 Mitarbeitern gehört auch die Zürcher Rumox, die Ende letzten Jahres als bisheriger Exklusiv-Xerox-Konzessionär, zusätzlich HP- und Océ-Produkte ins Portfolio aufnahm, zu den «Messe-Erstausstellern».
Wie André Jauch, Mitglied der Rumox-Geschäftsleitung, auf Anfrage von IT Reseller sagte, sei zum einen dieser Strategiewechsel ein Grund für die Teilnahme an der Messe. Zum anderen will sich Rumox als dienstleistungs- und lösungsorientiertes Unternehmen mit einer eigenständigen Marke im Output-Management auf dem Markt positionieren und sich so einem grösseren Publikum zeigen. Als Zürcher Unternehmen, das seinen grössten Kundenstamm im Grossraum des Wirtschaftstandorts Zürich verzeichnet, gehöre es aber auch fast zum guten Ton, für bestehende und neue Kunden dabei zu sein, begründet Jauch den Rumox-Messeauftritt weiter.
Es geht auch ohne die Grossen
Bereits im Vorfeld liess die Messeleitung durchblicken, dass sie sich mit dem Standortwechsel erhofft, den einen oder anderen Keyplayer der Branche wieder an die Orbit-iEX locken zu können. Den zumeist kleinen bis mittelgrossen Unternehmen, die sich für einen Messeaufritt entschieden haben, scheint das Fehlen von Firmen wie HP, Sun,
Cisco & Co. jedoch nicht im geringsten zu stören. In der IT Reseller-Umfrage haben 91,1 Prozent ihren Entscheid, als Aussteller mit von der Partie zu sein, nicht von der Teilnahme der grossen Keyplayer abhängig
gemacht. Nur gerade 6,9 Prozent gaben an, sich darüber Gedanken gemacht zu haben, sich letztendlich aber auch für eine Teilnahme entschieden.
Orbit-iEX-Angebote
Spezielle Angebote für Partner, Händler und/oder Besucher gehören auch 2006 zum Messekonzept von 20,8 Prozent aller Umfrageteilnehmer.
Stellvertretend für die unzähligen Angebote sind hier nur einige genannt: Spektra Netcom, Glue Software Engineering,
Skip5, Sidata oder Xor bieten einen speziellen Messerabatt,
Alos und Translumina haben Produkt-Packages zusammengestellt die zu Messekonditionen erhältlich sind und Xor offeriert eine Gratisversion einer Systems Management-Lösungen – plus – wie Thomas Troxler von Xor verkündet, «super» Konditionen beim Abschluss eines Outsoucing-Vertrags.
Ein Stand-Stop hie und da wird sich also für den einen oder anderen Besucher garantiert auszahlen.
Wünsche an die Messeleitung
Zufrieden über die Zusammenarbeit mit der Messeleitung haben sich die Teilnehmer der Umfrage geäussert, aber auch einige Denkanstösse zur Organisation abgegeben. Ins Auge gestochen sind Bemerkungen, die die Messeleitung zu einer intensiveren Vermarktung der Messe auffordern. Nicht nur, so die Aussteller, um die Orbit-iEX als die Business-Plattform für den Informationsaustausch noch besser zu positionieren, sondern auch um mehr potentielle Kunden an die Messe schaffen zu können. Start-ups würden es begrüssen, wenn mehrere kostengünstige Teilnahmemöglichkeiten offeriert würden. Guter Vorschlag, denn wer weiss, vielleicht gehört ja einer von Ihnen auch einmal zu den ganz Grossen der Branche. (pbr)