Bewerben heisst werben

Wissenschafter haben herausgefunden, dass es nur 30 Sekunden dauert, bis wir uns von unserem Gegenüber ein Bild gemacht haben. Gestik, Körperhaltung, unsere Sprache und Sprechweise – dies alles beeinflusst uns in der Beurteilung unseres Gegenübers. Deshalb ist es äusserst wichtig, dass man sich auf ein Bewerbungsgespräch seriös vorbereitet. Hier ein paar wichtige Tips vom Experten.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2006/10

     

Viele Verkäufer haben im Laufe der Zeit instinktiv gelernt, wie sie sich im direkten Kundenkontakt am vorteilhaftesten präsentieren können, um im Vertrieb erfolgreich zu sein. Um so erstaunlicher ist es dann aber, zu sehen, wie dieselben Vertriebsmitarbeiter beim Erstellen von Bewerbungsunterlagen und in Vorstellungsinterviews ihr Verkaufs-Know-how zu vergessen scheinen und zum Teil grobe Fehler machen.
Im folgenden deshalb einige Tips für eine erfolgreiche Bewerbung und Anmerkungen dazu, worauf Arbeitgeber beim Anstellungsprozess besonders achten, wenn es um die Anstellung eines neuen Vertriebsmitarbeiters geht:

Bewerbungsunterlagen

Wenn Sie sich auf ein herkömmliches Stelleninserat bewerben, ohne persönlichen Zugang zu den Entscheidern des Unternehmens zu haben, so ist die Erstellung eines einwandfreien Dossiers die erste Hürde, welche Sie nehmen müssen.

- Machen Sie für Ihre Unterlagen ein Deckblatt. Dieses sollte ihre Privat­adresse samt E-Mail und Telefonnummer enthalten. Am besten sollte dieses Deckblatt noch versehen sein mit einem professionellen Foto. Billige Passfotos oder Schnappschüsse mit der Handy-Kamera sind tunlichst zu vermeiden. Das eigentliche Dossier enthält dann auf der ersten Seite stichwortartig die wichtigsten Informationen zu Ihrer Person (Alter, Konfession, Familienstand, jetzige Job-Funktion, Kinder etc.) sowie die Auflistung der wichtigsten abgeschlossenen Ausbildungen. Beachten Sie in diesem ­Zusammenhang, das neuste Diplom zuoberst anzugeben, denn das interessiert den neuen Arbeitgeber am meisten. Nicht von grossem Interesse sind beispielsweise das Alter und die ­Namen Ihrer Kinder, und ebenfalls out ist die minutiöse Auflistung Ihrer militärischen Karriere, es sei denn, Sie bewerben sich beim VBS.


- Auf den nächsten Seiten folgt nun ein exakter Beschrieb Ihrer jetzigen sowie aller anderen Tätigkeiten, die für die neue Position von Bedeutung sind. Schreiben Sie hier auch unbedingt hin, welches Ihre grössten Verkaufserfolge waren, was für eine Umsatzverantwortung Sie hatten und welche Kunden (am besten mit Namensnennung) Sie betreut haben. Dies sind wichtige Informationen für Ihren künftigen Arbeitgeber.

- Zum Schluss kommen Ihre Salärvorstellung, aufgesplittet in den variablen und fixen Lohnanteil, die Angabe Ihrer Kündigungsfrist sowie eine kurze Begründung, weshalb Sie eine neue Herausforderung suchen. Alle relevanten Dokumente wie Arbeitszeugnisse, Abschlussdiplome und wichtige Zertifikate sind dem Lebenslauf lückenlos beizulegen. Gerade im IT-Umfeld empfehle ich Ihnen die Zustellung der Unterlagen in elektronischer Form und zwar in einem PDF-File. Bei einer elektronischen Bewerbung sollten Sie wie bei einer Zustellung in Papierform auf keinen Fall vergessen, in Ihrem Mail kurz zu erwähnen, was Sie aus Ihrer Sicht für die ausgeschriebene Position qualifiziert!

Das Vorstellungsgespräch

Haben Sie die erste Hürde genommen und werden Sie zu einem ersten Vorstellungstermin eingeladen, so gilt es folgendes zu beachten:

- Sammeln Sie im Vorfeld des Interviews Informationen über die Firma und auch über die Person, mit der Sie das Interview führen werden. Schon mancher Kandidat hat eine Position nicht erhalten, weil er in diesem Punkt versagt hat und das Unternehmen ihm sein mangelndes Wissen als Desinteresse am neuen Arbeitgeber ausgelegt hat.


- Überlegen Sie sich im Vorfeld des Gespräches folgende Fragen, die Vertriebsleuten in Interviews sehr häufig gestellt werden:
- Was qualifiziert Sie für diese Stelle?
- Was macht Sie als Verkäufer besonders erfolgreich?
- Was waren Ihre grössten Verkaufserfolge bei Ihrem jetzigen Arbeitgeber?

- Ein Anstellungsprozess geht meistens über mindestens zwei Runden. In einem ersten Gespräch geht es vor allem darum, sich gegenseitig zu beschnuppern und zu sehen, ob man sich sympathisch ist. Detaillierte Lohnverhandlungen sind Bestandteil von weiterführenden Gesprächen und sollten im Erstgespräch tunlichst vermieden werden.

- Heikel ist auch immer die Frage, warum man den jetzigen Arbeitgeber verlassen möchte. Lügen Sie in diesem Punkt nicht, doch versuchen Sie, sich ein möglichst neutrales «Wording» zurechtzulegen, indem Sie sachliche Gründe für den Wechsel angeben (Umstrukturierung, berufliche Neuorientierung etc.). Keinesfalls dürfen Sie Ihren jetzigen Vorgesetzten in die Pfanne hauen, denn kein Arbeitgeber hört gerne, wie unfähig der jetzige Chef ist, muss er doch befürchten, dass Sie in Zukunft Gleiches über ihn erzählen werden.

- Eine Redensart besagt: Wer fragt, der führt. Deshalb: Überlegen Sie sich intelligente Fragen, zur Firma, zur ­Erwartungshaltung, die man Ihnen gegenüber hat, zu Fragen der Mitarbeiterfluktuation usw. Dies hilft auch Ihnen, sich ein umfassendes und detailliertes Bild des neuen Arbeitgebers zu machen, und kommt in den meisten Fällen beim Interviewer sehr positiv an. In der Endphase des Gespräches rate ich Ihnen, ein direktes Feedback über sich einzuholen, wie man Sie im Gespräch erlebt hat. Das gibt Ihnen auch die Möglichkeit, sich für nächste Interviews zu verbessern! Und zu guter Letzt: Fragen Sie den Interviewer am Schluss des Gespräches nach dem weiteren Vorgehen. Schon oft habe ich von Unternehmen das Feedback erhalten, dass man am Kandidaten nicht mehr interessiert sei, da er diese abschliessende Frage nicht gestellt hat und man ihm deshalb mangelnde Verkaufs- und Abschlussstärke vorgeworfen hat. Für einen Verkäufer ist sowas natürlich ein vernichtendes Urteil!

Ein sauberer Abgang

Wenn Sie am Ende triumphierend den neuen Arbeitsvertrag in den Händen halten und voller Vorfreude auf den neuen Job die Sektkorken knallen lassen, so seien Sie sich bewusst, dass ein sauberer und friedlicher Abgang von Ihrem jetzigen Arbeitgeber gerade in der IT-Branche, wo jeder jeden kennt, von grosser Bedeutung ist. Auch hier rate ich Ihnen dringend, nicht zu emotional auf allfällige Unzulänglichkeiten der Firma und des Chefs hinzuweisen, so gross die Versuchung auch sein mag. Denn ausser einer unmittelbaren Befriedigung bringt Ihnen dies nichts und kann Ihrem guten Ruf auf dem Markt langfristig mehr schaden als nützen.

Der Autor

Markus Schefer (Bild, 38) verfügt über langjährige Vertriebserfahrung im In- und Ausland und war bei namhaften Unternehmen wie IBM oder Reuters im Verkauf tätig. Heute ist er selbständiger Personal- und Unternehmensberater und Dozent an der Fachhochschule beider Basel für das Fach Key ­Account Management.
www.scheferpersonal.ch
markus@scheferpersonal.ch


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