In der diesjährigen IT-Reseller-Konjunkturumfrage zeigen sich die Distributoren optimistischer als noch im letzten Jahr. Das liegt vermutlich nicht zuletzt am ausgezeichneten vergangenen Geschäftsjahr, das weiten Teilen der Schweizer Wirtschaft zu mächtigem Wachstum und somit auch höherer Investitionsbereitschaft verhalf. Dies wurde bei der Frage nach der Umsatzentwicklung 2006 deutlich: Rund ein Fünftel der Distributoren, die an der Umfrage teilgenommen haben, konnten ein Umsatzplus von über 20 Prozent in ihren Geschäftsbüchern notieren und nur zwei Teilnehmer mussten sich mit einem Nullwachstum bzw. einer Umsatzminderung abfinden.
Ehrgeizige Umsatzziele
Dementsprechend optimistisch blickt man in die Zukunft. Für das Geschäftsjahr 2007 rechnen alle Teilnehmer mit einer Steigerung des Umsatzes. Die Hälfte geht gar von einem Zuwachs von 10 Prozent und mehr aus. Die gute Wirtschaftslage wirkte und wirkt sich auch auf die Beschäftigtenzahl der befragten Unternehmen aus. So sah sich im vergangenen Jahr niemand dazu gezwungen, Angestellte vor die Tür zu setzten, und knappe zwei Drittel konnten gar neue Stellen schaffen. In dieser Richtung soll es im laufenden Jahr weitergehen: Zwei Drittel der Umfrageteilnehmer gaben an, 2007 den Mitarbeiterbestand aufstocken zu wollen.
Ähnliche Probleme wie 2006
Trotz der positiven Aussichten bleiben die Distributoren auf dem Boden und Blicken nicht mit der rosaroten Brille in die Zukunft. Denn die Distributoren kämpfen in diesem Jahr immer noch mit denselben Problemen. «Grundsätzlich ist die Schweiz nach wie vor überdistribuiert und es sind viele Überkapazitäten vorhanden. Die Konsolidierung dürfte sich deshalb fortsetzen», bemerkt Roland
Brack von Brack Electronics und
Alltron skeptisch.
Dass eine weitere Konsolidierungswelle nicht auszuschliessen ist, glaubt auch ein anderer Vertreter eines namhaften Distributors, der nicht namentlich erwähnt werden möchte. Anders sieht es im IT-Security-Distributionsmarkt aus. Hier sei nicht mehr mit grösseren Verschiebungen zu rechnen und die Konsolidierung scheine abgeschlossen zu sein, meint Reto Nobs, Country Manager bei
Internet Security.
Undurchsichtige Preispolitik
Wie von Roland
Brack bereits angedeutet, sind die Margen gerade im Broadlinegeschäft aufgrund der grossen Zahl an Wettbewerbern trotz der guten Wirtschaftslage weiterhin unter Druck. Der Preiskampf hält deshalb an und es wird mit harten Bandagen gekämpft: «Es gibt immer noch zu viele IT-Distributoren, die von ihnen erbrachte Leistungen nicht verrechnen», benennt Simpex-Managing-Director Yves Amschwand das Problem.
Ins gleiche Horn stösst auch Erik Unterhuber von
Portacomp und benennt gleich die Hauptschuldigen: «Es gibt zu wenig Transparenz, wenn es darum geht, welcher Distributor wo, was, warum und zu welchem Preis macht. Ein Paradebeispiel dafür ist Media Markt und der Retailhandel insgesamt.»
Offensichtliche Zielkonflikte
Dass die Rechnung für einige Marktteilnehmer nicht aufgehen kann, wird aus einem Vergleich der verschiedenen Aussagen deutlich: Rund die Hälfte gibt an, umsatzmässig zweistellig wachsen zu wollen, und klagt gleichzeitig über die zu grosse Zahl an Mitbewerbern sowie die sinkenden Preise. Dass im Broadline-Distributionsmarkt in erster Linie die Preise im Vordergrund stehen, bemerkt auch Dave Parry von
KDS Distribution. Im VAD-Bereich würden die Beratung und die Dienstleistungen aber immer wichtiger. «Betreffend Produktsortiment ist weniger oftmals mehr. Unsere Zukunft basiert darauf, dem Fachhandel funktionsfähige Lösungen anzubieten, anstelle von reiner Hardware zum Schnäppchenpreis», fügt er hinzu.
Dass die Tendenz tatsächlich in diese Richtung geht, zeigte sich auch schon beim letztjährigen IT Reseller Disti Award: Obwohl für die befragten Händler auch damals noch der Preis das wichtigste Kriterium beim Einkauf darstellte, zeichnete sich doch eine Verlagerung hin zu mehr Service ab (vergleiche IT Reseller Nr. 20/ 2006 ). Es darf jedoch bezweifelt werden, dass der Preis seine Spitzenposition in absehbarer Zeit verlieren wird.
Vista als Retter in der Not?
Noch zu Beginn des Jahres gab Branchenexperte Robert Weiss gegenüber Cash Daily zu Protokoll, dass die Lancierung des neuen Microsoft-Betriebssystems Windows Vista den PC-Verkäufen wieder auf die Sprünge helfen würde. Die hohen Systemanforderungen des Programms würden rund 80 Prozent der heutigen Computer überfordern und dadurch zahlreiche Neuanschaffungen zur Folge haben, so Weiss. Die Distributoren sind diesbezüglich skeptischer. So glaubt nur die Hälfte der Umfrageteilnehmer, dass Vista die Nachfrage nach PCs oder Komponenten tatsächlich anschieben wird. Und auch wenn dem so wäre, ist noch lange nicht sicher, ob die Hersteller oder Händler wirklich davon profitieren können. Roland
Brack glaubt nicht recht daran. Er ist der Überzeugung, dass die Margen aufgrund der harten Konkurrenz trotz Nachfrageschub durch Vista nicht steigen werden. Trotzdem sehen laut Umfrage rund 43 Prozent der Distributoren in PCs und Notebooks das grösste Entwicklungspotential im kommenden Jahr.
Sachliche Reaktionen auf Preiszerfall
Auf das leidige Thema Preiszerfall reagieren die befragten Distributoren weit weniger emotional als dies zu erwarten wäre. Schon fast Schicksalsergeben nehmen sie die Situation so, wie sie nun einmal ist. So meint beispielsweise Erik Unterhuber: «Der Preiszerfall ist Teil des Distributionsgeschäfts. Es ist besser zu agieren als zu jammern.» Reto Nobs sieht es noch positiver und merkt an, dass es nicht schlimmer sei als in anderen Jahren: «Die Margen sind auf tiefem Niveau stabil.» Es treffe alle und am Ende leide die Qualität darunter, bemerkt Norbert Kopp von
Datastore. Die Probleme der Distributoren sind also die gleichen geblieben. (mag)