Webspeicherdienste im Kommen

Online-Speicher- und Online-Backup-Dienste sind auch in der Schweiz immer häufiger anzutreffen. Vermehrt nehmen Anbieter Privatpersonen ins Visier.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2007/07

   

Die Datenflut auf den heimischen Computern steigt unaufhaltsam an. Sie zwingt die Anwender zum Kauf von externen Festplatten oder zum Abbrennen der Gigabyte-Berge auf Speichermedien wie DVD. Naheliegender wäre es allerdings, die Datenschätze gar nicht mehr erst lokal, sondern in einem zentralen und sicheren Online-Speicher aufzubewahren, auf den von überall her via Internet und von verschiedenen Endgeräten aus zugegriffen werden kann. Online Storage ist vor allem in den USA längst keine Utopie mehr. Deshalb reagieren auch traditionelle Festplattenhersteller wie Seagate auf die veränderten ­Realitäten: Seagate hat sich im Dezember letzten Jahres für 185 Mio. Dollar Evault, den bislang grössten Anbieter von Online-Datensicherungsdiensten in den USA, einverleibt und baut sein Angebot damit in Richtung von Speicher-Services aus.

Schweizer holen auf

Doch auch Schweizer Service Provider planen Online-Storage- oder Online-Backup-Dienste für KMU wie auch für Privatkunden oder sie führen solche bereits im Angebot.
So offeriert der Application Service Provider (ASP) Softronics aus Jona seinen Kunden kostenlos ein Gigabyte Platz für persönliche Daten: «Mit dem Mydrive wollen wir unsere Bekanntheit in der Internet-Gemeinde steigern», sagt Geschäftsführer Daniel Jucker zu IT Reseller. Für den August dieses Jahres plant Softronics ausserdem einen Online-Backup-Dienst: «Für voraussichtlich einen Franken pro Gigabyte und Monat werden wir einen einfach zu bedienenden, sicheren, dreifach redundanten und physisch getrennten Backup-Service anbieten, der sich sowohl an Firmen als auch an Privatpersonen richtet», so Jucker.
Auch Siag, die mit dem Dienst Swiss Vault und der hochsicheren Lagerung der Daten in mehreren Armeefestungen in den Schweizer Alpen um Kunden wirbt, hat Privatpersonen und KMU entdeckt: «Mit Swissvault Solo haben wir Heimanwender oder Geschäftsreisende im Visier, die ihre wichtigsten Daten im Umfang von 1 bis 500 Gigabyte ab 9 Franken pro Monat an einem sicheren Ort wissen wollen und von überall in der Welt her über eine sichere Internetverbindung darauf zugreifen möchten», erklärt CEO Christoph Oschwald.

Green bringt die Green-Disk

Doch auch Schweizer Internet Service Provider haben den Trend erkannt und reagieren darauf: «Wir sind bei Green daran, ein Produkt zu entwicklen, welches den Kunden ermöglicht, ihre Daten einfach und zentral abzulegen», sagt Vladimir Barrosa, Head of Marketing & Communication bei Green. Dieses soll unter dem Namen «Green Disk» anlässlich der diesjährigen Orbit-iEX Ende Mai in Zürich offiziell vorgestellt werden. Der Dienst wird sich vornehmlich an KMU richten. Dem Kunden werden in der Grundversion für einen Preis von voraussichtlich 5 Franken pro Monat 250 Megabyte Speicherplatz zur Verfügung stehen. «Laut einer von uns durchgeführten Kundenumfrage besteht gerade bei KMU das Bedürfnis, wichtige Dokumente wie Präsentationen, Offert-Vorlagen, Vertragsunterlagen oder Fact Sheets zentral beim Provider zu hosten, damit sie jederzeit abrufbar sind», so Barrosa.
Dass Online-Speicher für sehr grosse Datenmengen bald auch für Privatkunden erhältlich sein wird, das bezweifelt er allerdings: «Entscheidend bei einem solchen Produkt ist die Geschwindigkeit, mit der die Daten auf den zentralen Online-Speicher gespielt und wieder bezogen werden können. Da scheint mir heute die Bandbreite noch zu gering. Zudem sind die Preise für Harddisks auf einem Niveau, wo es die Kunden vermutlich vorziehen, diese Speichervariante zu wählen», so Barrosa. Überhaupt stellt er in Frage, ob sich ein zentraler Online-Speicher bei Datenmengen von Hunderten von Gigabytes für den Provider überhaupt irgendwie rechnen würde: «Speicherplatz kostet ja auch etwas, vor allem dann, wenn man auch noch Backup-Dienste anbietet.» Ob der Endkundenpreis dann so gestaltet werden könne, dass er für ein Massenpublikum noch attraktiv sei, das wolle er offenlassen, so Barrosa.

Swisscom macht Dampf

An das Modell eines Online-Speichers für die Massen, das sich auch rechnet, glaubt man bei Swisscom: «Wir erarbeiten eine Lösung, die unseren Kunden die Möglichkeit geben soll, ihre Daten zentral abzuspeichern, um von überall mit jedem Endgerät darauf zuzugreifen, aber auch um die Daten vor Viren, Hochwasser, Feuer und anderen Gefahren zu schützen», sagt Swiss­com-Sprecher Christian Neuhaus. ­Eine innovative und kostengünstige Lösung für die zentrale Speicherung von rechtlich geschützten Inhalten wie etwa Musikdateien oder Filmen habe allerdings im Einklang mit dem Schweizerischen Urheberrecht zu stehen, welches gegenwärtig revidiert werde: Dennoch darf davon ausgegangen werden, dass Swisscom schon bald eine entsprechende Lösung auf den Markt bringen wird», so Neuhaus weiter.
Anders sieht es bei Sunrise aus: «Einen generischen Service für Online-Storage gibt es bei uns nicht», so Sprecher Konrad Stokar. Ein solcher befinde sich nicht in Planung, auch wenn man nicht ausschliessen wolle, dereinst damit aktiv zu werden.

Google führt etwas im Schilde

Seit letztem Jahr halten sich hart­näckig Gerüchte, wonach Google einen zentralen Online-Speicher für Privatkunden in Planung habe. «Wir geben keine Auskünfte über zukünftige Projekte und Produkte bis zu dem Tag, an dem sie für alle Benutzer zur Verfügung stehen», sagt Google-Sprecher Stefan Keuchel. Allerdings biete man bereits heute eine ganze Reihe von Möglichkeiten, sich ohne Herunterladen von zusätzlicher Software online zu organisieren. «Mit Google Mail bieten wir 2,8 Gigabyte Speicherplatz, der in Verbindung mit Applikationen Dritter schon heute von vielen Benutzern als universeller Online-Speicher genutzt wird. Mit Docs und Spread­sheets führen wir webbasierte Ablagemöglichkeiten für Dokumente und Tabellen im Angebot, und Picasa bietet ein Gigabyte Speicherplatz für Fotos», so Keuchel. Wer in die Richtung eines Online-Speichers denkt, der denkt also durchaus in die richtige Richtung. (bor)

USA: Viele Anbieter und teure Dienste

Auf der anderen Seite des Atlantiks gibt es bereits viele Anbieter von Online-Storage- und Online-Backup-Diensten. Die Angebote ähneln sich weitgehend. Eine bestimmte Datenmenge kann kosten­los hochgeladen werden, benö­tigt der Benutzer aber mehr Platz, dann wird er zur Kasse gebeten. Aggressiv tritt der Anbieter Streamload mit dem Dienst Media Max am Markt auf. Jedermann bekommt dort kostenlos 25 Gigabyte Online-Speicher für seine ­Dateien. Seit dem September letzten Jahres bietet das zu AOL gehörende X-Drive kostenlos 5 Gigabyte an. Für 10 Dollar im Monat kann der Speicherplatz auf 50 Gigabyte erhöht werden.
Kostspieliger werden die Dienste, je mehr Platz man benötigt und je ­sicherer die Daten aufbewahrt werden sollen: In der günstigsten Variante verlangt etwa der US-Anbieter I-Backup 300 Dollar im Monat für 300 Gigabyte. Wenn zum Speichern schliesslich noch Backup- und Restore-Funk­tionalitäten hinzukommen, werden dort für dieselbe Datenmenge bereits 600 Dollar im Monat fällig. (bor)


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