Der weltweit aktive, mit rund 650 Analysten in 75 Ländern wohl tatsächlich führende Informationsdienstleister lädt seine Kunden regelmässig zu sogenannten Briefings ein, so etwa vergangene Woche unter dem zukunftsweisenden Titel «Applications Leadership 2011 Delivering for the Business» in München. Es kamen die IT-Verantwortlichen bekannter Automobilhersteller, namhafter Versicherungen usw. sowie einige Mittelständler zu einem dreivierteltägigen Vortragsprogramm zusammen, um zu erfahren, wie Gartner die Welt der IT sieht.
Auch die Software wird «grün»
Zwischen Kostendruck in allen Branchen bekanntermassen der Globalisierung geschuldet und den Anforderungen eines sich dank des Internet immer schneller drehenden Geschäfts kommt der IT eine neuerdings zunehmend dienende, dem Business untergeordnete Rolle zu, wie Christian Hestermann (Bild) als einer der beiden in München vortragenden Referenten ausführte: «CIOs stehen heute unter einem viel grösseren Druck als jemals zuvor, ihre Investitionen in IT-Applikationen durch produktiven Mehrwert zu rechtfertigen.» Neue Technologie-Schlagworte wie Web 2.0 und SOA oder als neuestes Adoptivkind einiger Anbieter SaaS (Software as a Service) sorgten ebenso für Unsicherheit wie die neuesten Entwicklungen bei
SAP und
Oracle, so das Credo der Veranstaltung. Im übrigen soll laut einer jüngst von Gartner herausgegebenen Mitteilung die vielbeschworene Virtualisierung bis zum Jahr 2010 zu den wichtigsten Technologien in den Bereichen IT-Infrastruktur und Arbeitsprozessen zählen und Organisation, Erwerb, Personaleinsatz, Planung sowie Honorare von IT-Abteilungen deutlich verändern, wie es heisst. Der Analyst erwartet, dass die Zahl der virtuell eingesetzten Geräte von 540’000 im Jahr 2006 auf vier Millionen bis zum Jahr 2009 ansteigen wird was jedoch nach Ansicht der Gartner-Experten nur einen Bruchteil des Marktpotentials widerspiegelt.
Ganz nebenbei, so Hestermann im persönlichen Gespräch zwischen den Vorträgen, werde die IT in Kürze «grün» das hat in der Tat bisher ausser den Vordenkern bei Gartner noch kaum jemand auf der Agenda: Software könne und werde demnächst bedeutende Beiträge zur Ressourcenschonung in Unternehmen leisten, vor allem, aber weitem nicht nur, bei der Hardware in Rechenzentren bereits ein Thema. Neue gesetzliche Anforderungen und ein möglicher Image-Gewinn gehen dabei Hand in Hand mit wirtschaftlichen Aspekten, wie beispielsweise banal, aber wesentlich einer niedrigeren Stromrechnung. Auch hierzu hat Hestermanns Arbeitgeber wie sollte es anders sein gerade eine Studie herausgebracht.
Den Server regelmässig «ausmisten»
Der auf ERP-Lösungen spezialisierte gelernte Informatiker breitete im folgenden Vortrag das weite Feld der Software-Anbieter aus und sortierte sie nach beliebter Manier in vektorisierten Quadranten. Dabei bewegen sich Anwender, so Hestermann, in dem mitunter schwierigen Entscheidungsspielraum zwischen preiswerter, aber im Zweifelsfall unflexibler Standardsoftware, die in der Regel von grossen Anbietern stammt, und den massgeschneiderten Branchenlösungen kleinerer Systemhäuser beliebt und geschätzt als «best-of-breed»-Produkte. Deren Zukunftssicherheit ist im Sinne des Investitionsschutzes für die Anwender mitunter fraglich, so der Analyst. Nicht zuletzt habe die starke Marktbereinigung unter Unternehmenssoftware-Anbietern in der letzten Zeit für Verunsicherung gesorgt. Dennoch werde der Mut zu solchen Nischenlösungen mitunter durch bessere Geschäftsabläufe belohnt. Immerhin lebe der Support eines Produkts nach Aufkauf oder Untergang eines Anbieters ja noch eine Weile fort. Ein anderes Problem seien aussterbende Systeme, die kaum noch jemand suppporten könne, so Hestermann. In manchen Unternehmen sei sogar Sinn und Zweck mancher vor langer Zeit eingekaufter Applikationen unklar und der eiserne Besen des Entscheiders gefragt: Was offenkundig nicht mehr gebraucht werde, koste nämlich trotzdem Geld: für Service und Wartung. Anwender müssen sich dem ERP-Fachmann zufolge überlegen, wo Standardsoftware Sinn macht und wo dedizierte Branchenlösungen notwendig sind. Dass die Produkte von
SAP,
Oracle und
Microsoft allein selig machen, wird bei Gartner bezweifelt.
Die Zeiten eines mitunter zum technikverliebten Selbstzweck mutierenden IT-Managements scheinen angesichts harter Effizienzmessungen so oder so endgültig vorbei. Analystenkollege Mike Gladbach gab abschliessend noch einen Einblick in das so genannte «Productivity Measurement for Application Development», eine an metrischen Fakten orientierte, benchmarkgestützte Funktionsanalyse. «The process of transition», sprich die Modernisierung und Konsolidierung einer in die Zukunft gerichteten Unternehmenssoftware, ist laut Gartner die Hauptaufgabe, der sich Entscheider in den kommenden fünf Jahren bevorzugt zu widmen haben. Danke, Gartner. Wer hätte das gedacht? (rb)
Gartner Termine
7. Juni 2007
Business Process Improvement Briefing
Hotel Hilton Zurich Airport; 08.30 bis 12.00 Uhr
11. September 2007
Program & Portfolio Management
Hotel Hilton Zurich Airport; 08.30 bis 12.00 Uhr
31. Oktober 2007
Risk Management for the Information Security Professional
Hotel Hilton Zurich Airport; 08.30 bis 12.00 Uhr