Farnern ist eine 200-Seelen-Gemeinde, in der Nähe von Solothurn, in 800 Metern Höhe im Berner Jura gelegen. Bauernhäuser und schmale Strassen prägen das Ortsbild und an schönen Tagen geniesst man einen herrlichen Ausblick über das gesamte Mittelland bis zu den Alpen. Es handelt sich um einen Ort, wo man ein paar ruhige Ferientage verbringt oder ein verlängertes Wochenende, aber sicher keiner, wo man den Hauptsitz eines landesweit aktiven IT-Dienstleisters vermuten würde.
So klein wie das Dorf ist, begann denn auch die Geschichte des IT-Dienstleisters und Microsoft-Dynamics-NAV-Spezialisten
Boss Info. Vor zehn Jahren als Einzelfirma gegründet, ist das Unternehmen mittlerweile, nicht zuletzt auch dank zahlreichen Akquisitionen in den vergangenen drei Jahren, zu einem Betrieb mit Niederlassungen in Sursee, Zürich und Puidoux (VD) herangewachsen. Mehr als elf Millionen Franken Umsatz erwartet Gründer und CEO Simon Boss in diesem Jahr, die Zahl der Beschäftigten liegt bei knapp 70 Personen.
Doggen-Züchter aus Leidenschaft
Nach Farnern zog Simon Boss mit seiner Frau aufgrund ihrer grossen Leidenschaft für Tiere. Sie kauften ein altes Bauernhaus mit zwei Hektaren Land und gründeten die Bossranch, auf der sie Ferien und Reitlager anboten. «Mit der Zeit haben wir diese Angebote aber stark zurückgefahren», so Simon Boss. Die Firma nimmt viel Zeit in Anspruch und die Freizeit, die er hat, verbringt er am liebsten alleine mit seiner Frau und seiner zehnjährigen Tochter. Dennoch beherbergt das in Eigenregie umgebaute Bauernhaus noch immer fünf Pferde, zwei Lamas, zwei Ziegen, mehrere Schlangen und fünf Deutsche Doggen. «Ich bin ehrenamtlicher Präsident des Schweizerischen Clubs für Deutsche Doggen und Hundezüchter», erklärt Boss. Die Tiere seien zwar sehr gutmütig, trotzdem wird es dem erstmaligen Besucher etwas mulmig, wenn er von einem Rudel Hunde umringt wird, von denen jeder einzelne in der Lage ist, einem aus dem Stand das Gesicht zu lecken.
Unkonventionelles Firmengebäude
Im Dachgeschoss befanden sich zu Beginn auch die Geschäftsräume von
Boss Info. «Das erste Büro habe ich noch eigenhändig umgebaut», so Boss. Nach zwei Monaten stellte er den ersten Mitarbeiter ein, und als die Belegschaft auf 20 Personen wuchs, musste eine neue Lösung gefunden werden: Nur einen Steinwurf vom Bauernhaus entfernt, kaufte Simon Boss ein Vierfamilienhaus, das zum Hauptsitz seiner Firma umfunktioniert wurde. «Es ist sicher kein konventioneller Hauptsitz», gibt Boss zu, «aber den Kunden und Mitarbeitern gefällt es.» Ausserdem verfüge man in Sursee über repräsentative Räumlichkeiten mit grossen Büros und einem Schulungszentrum.
Simon Boss ist ein Unternehmer der alten Schule: Bodenständig, ein bisschen hemdsärmelig und sehr direkt. «Ich sage sofort, wenn etwas gut ist oder eben auch schlecht.» Dabei könne es schon vorkommen, dass sich manch einer auf den Schlips getreten fühlt. «Ich musste in Sachen Personalführung viel lernen», gibt er zu. Am Anfang habe er klar zu viel von seinen Mitarbeitern gefordert. «Es ist schon möglich, dass ich dabei den einen oder anderen verheizt habe.» Er plane halt weit voraus. «Wenn ich schon an den fünften Schritt denke, sind andere noch beim zweiten. Dann müssen sie mich bremsen und nachfragen», so Boss. Heute werden Überstunden akkurat erfasst und kompensiert.
Langfristigkeit ist ihm in Sachen Firmenstrategie sehr wichtig. Das rasante Wachstum und die offensive Einkaufspolitik will er nicht als kurzfristige Handlungen verstanden wissen. «In diesem Geschäft braucht man eine gewisse Grösse, um dem Kunden Sicherheit zu geben und den bestmöglichen Support bereitzustellen», begründet er sein Vorgehen. Die Konsolidierung auf dem ERP-Markt werde weitergehen und man habe die Möglichkeiten mitzumachen oder eben auch nicht. Dem ehrgeizigen Patron fiel dieser Entscheid leicht.
Unternehmertum im Blut
Für Simon Boss war schon immer klar, dass er einmal eine Firma gründen würde. Seine Karriere begann mit einer Ausbildung zum Elektromechaniker. Danach besuchte er bei der PTT die «Softwareschule Bund», wurde Informatiktechniker TS und später Informatikingenieur FH. Während seiner Zeit bei der PTT kam er erstmals mit ERP in Berührung, als er einem Team angehörte, das eine Finanzbuchhaltungs-Software entwickelte.
Trotz dieser klaren IT-Ausrichtung in seinem beruflichen Werdegang kann sich Boss ein Leben ohne Computer sehr gut vorstellen. «Ich bin ein vielseitig interessierter Mensch und ich könnte mir auch vorstellen, eine Firma in einer ganz anderen Branche aufzubauen.» Es erleichtere die Arbeit aber schon sehr, wenn man vom Geschäft, das man betreibe, auch wirklich etwas verstehe.
Wer immer fünf Schritte vorausplant, weiss eben auch, wie die fernere Zukunft aussehen soll. Mit 55 will der heute 40-jährige Simon Boss einen Nachfolger für seine Firma gefunden haben und sich anderen Dingen widmen. «Ob ich es dann wirklich schaffe, ist eine andere Frage. Aber ich will nicht lebenslänglich mit Computern arbeiten.» Zu tun hätte er sicher auch als Frührentner genug. Früher segelte er viel, betrieb sonstige Sportarten, die er heute aus Zeitgründen zurückgestellt hat. «Das ging nicht spurlos an mir vorbei», gibt er zu bedenken. «In den letzten zehn Jahren habe ich zwanzig Kilo zugenommen.»
Simon Boss
Simon Boss ist 1968 in Oschwand bei Herzogenbuchsee geboren und aufgewachsen. Sein Vater war ein ausgebildeter Lehrer. Boss hat einen Bruder und zwei Schwestern. Bis auf eine Schwester arbeiten alle für
Boss Info. 1998 legte er den Grundstein für seine Firma, im gleichen Jahr kam seine Tochter zur Welt. Das erste Büro im Dachgeschoss der «Bossranch», einem Bauernhaus in der 200-Seelen-Gemeinde Farnern, baute er noch eigenhändig.
Ehrenamtlich ist der tierliebende Firmengründer Präsident des Schweizerischen Clubs für Deutsche Doggen und züchtet selber Hunde. Das Haus teilt die Familie mit fünf Pferden, zwei Lamas, zwei Ziegen, diversen Schlangen und fünf Deutschen Doggen.
Bis vor kurzem besass Simon Boss zudem ein Segelschiff auf dem Neuenburgersee. Vor einem Jahr verkaufte er es aus zeitlichen Gründen. In den Ferien macht er am liebsten Wellness-Urlaub in Österreich. «Heute kann ich allerdings schon Ferien zu Hause machen, ohne dauernd zum Computer zu rennen», sagt er mit einem Schmunzeln. (Markus Gross)