Wie erwartet hat Richter Jackson
Microsoft Montag abend schuldig gesprochen, gegen das US-Kartellrecht verstossen zu haben. MS wurde zudem vorgeworfen, seine Position im Applikationsbereich zu nutzen, um die dominierende Stellung im Betriebsssystem-Umfeld zu festigen.
Allerdings hatte MS nicht in allen Punkten das Nachsehen. So lehnte Jackson eine Klage ab, die auf Microsofts Exklusivabkommen mit PC-Herstellern abzielte, womit Rechner mit vorinstalliertem Netscape-Browser verhindert wurden.
Zudem liess Jackson noch kein Wort zum Strafmass verlauten – das wird erst im Verlauf des Sommers erwartet. MS-CEO Steve Ballmer erklärte, man sei nach wie vor zu einer gütlichen Einigung bereit, werde aber ein Berufungsverfahren beim Appellationsgericht in Washington noch vor Ende Jahr verlangen und habe hier gute Chancen.
MS könnten von Jackson theoretisch auch fordern, den Fall direkt dem Obersten Gerichtshof zu übergeben, um die Sache möglichst schnell hinter sich zu bringen. Eine Zerschlagung der Firma wird offenbar kaum befürchtet: Einige Rechtsexperten meinten, dass die Regierung sogar bei einem Erfolg am Bundesgericht höchstens eine Chance von 10% habe, die Firma aufzuteilen.
Die Microsoft-Bosse Gates und Ballmer machten an der Medienkonferenz nach der Urteilsverkündung – von CNN live übertragen – einen gelassenen Eindruck. Sie liessen durchblicken, dass man beim Appellationsgericht bessere Chancen als beim notorisch MS-feindlichen Jackson haben werde (wie schon beim Browser-Bundling-Fall 1997). Man werde nun jedenfalls wieder die Kernaufgabe von Microsoft in den Vordergrund stellen, und die heisse "Innovation".
Interessant der historische Rückblick von Steve Ballmer: "Die letzten 25 Jahre sahen wir uns als eine kleine, aggressive Firma auf der Aufholjagd. Wir haben uns auch noch so gesehen, als wir bereits eine grosse Company waren. ... Unser intensiver Vorwärtsdrang wurde zeitweise als bedrohlich empfunden und unsere Leidenschaft falsch verstanden."
Neben diesen leicht selbstkritischen Tönen bleiben Ballmer und Gates allerdings hart. Ballmer: "Bevor das Berufungsverfahren nicht vorbei ist, ist nichts entschieden."
Der EU Wettbewerbskommissar Mario Monti kündigte heute an, die EU werde ihre Untersuchung gegen Microsoft weiterführen und morgen eine Stellungnahme zum Urteil von Richter Jackson abgeben.
Die MS-Aktie gab am Montag um über 15 Dollar nach, womit sich die Marktkapitalisierung der Firma um 70 Milliarden Dollar verringerte. Im After-Hours-Trading erholte sich der Kurs leicht, am Dienstag gings wieder abwärts. (hc/mvb)