Die Lektionen aus der Boo-Pleite

22. Mai 2000

     

Der britische Web-Sportartikelanbieter Boo.com hat letzte Woche Konkurs gemeldet. Boo, mit grossem Werbeaufwand angetreten, hat gerade 18 Monate durchgehalten. Nun aber fehlten 30 Millionen Dollar, die auch der Teilhaber Benetton nicht mehr aufbringen wollte. Die Pleite ist nur der Auftakt für weitere Zusammenbrüche von E-Shopping-Malls, meint das "Wall Street Journal". Eine letzte Woche publizierte Studie von PriceWaterhouseCoopers geht sogar davon aus, dass in den nächstens sechs Monaten jede vierte englische Web-Anbieter mangels Cash das Zeitliche segnen wird.

Eine schnelle Analyse zu dem Crash hat Forrester Research geliefert. Demnach hat Boo.com einfach zu rasch und ohne Kostenkontrolle Geld für PR und Werbung aufverbraten – da reichten auch die 120 Mio. Euro nicht weit, die Investoren wie Europ@web, Morgan Capital and Goldman Sachs aufgebracht haben. Es handelte sich um das bisher grösste Privat-Investment in einen europäischen Web-Retailer.


Laut Forrester haben sich zwar Besucher und Verkäufe im ersten Quartal der Site verdreifacht, die Ziel wurden aber nicht erreicht. Das Resultat vom Februar – 18 Mio. einzelne Besucher und weniger als 1 Mio. Pfund, trotz Bewerbung in 18 Ländern und sieben Sprachen – enttäuschte die Investoren. Da half auch der schnelle Strategiewechsel vom Lifestyle-Markenanbieter zum Discounter mit Print-Katalog nichts.

Die Grundidee – 3D-Präsentation von Mode – sei zwar gut gewesen, aber nur die wenigsten User hätten die notwendige Bandbreite für solche Animationen gehabt. Zudem seien die Besucher durch viel zu viele Fenster und die überflüssigen Kommentare der begleitenden "Ms. Boo" irritiert worden, dafür fehlten anfangs einfache Navigationsmenüs. Die Änderungen kamen zu spät.

Forrester Lektion für europäische Dotcoms "Get real" (im Originalton):

* Stop experimenting in the limelight

By communicating too soon, boo.com earned a bad name for itself instead of building brand value. Sites must conduct more professional site testings and act on their conclusions before raising their visibility.

* Bring in passionate experts

Retail sites not only miss the "touch and feel" factor, they also often fail to generate trust and a feeling of being acknowledged as a client. Sites should pass on virtual advisors in favour of flesh-and-blood experts like ChateauOnline's wine taster Deluc.

* Focus on target customer benefits

Instead of overhyping the convenience they offer, Dot Coms must remind themselves what customers miss about in-person shopping and compensate with true value: meaningful personalization but also discounted prices. (mvb)


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