Le-Shop.ch will raus in die Welt

Der Schweizer Online-Lebensmittelhändler aus der Romandie will neben Deutschland und Spanien bald auch Grossstädte in Südamerika bedienen. Unterstützung findet der Konkurrent des herkömmlichen Detailhandels mittlerweile von namhaften Investoren.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2000/12

     

Alain Nicod ist im wahrsten Sinne ein Online-Shopping-Pionier: Als der 40-jährige 1997 begann, die Idee des Detailhandels im Internet umzusetzen, war er hierzulande auf weiter Flur alleine. Mittlerweile bezeichnet er Migros Online als «Kollegen, mit dem zusammen wir das Bewusstsein für Onlineshopping stärken können. Unsere wahre Konkurrenz ist nicht Migros-Online, sondern die Migros-Filiale um die Ecke.»
Zu Beginn bot Le-Shop lediglich haltbare Produkte an. Ein Fehlentscheid, wie Nicod bald feststellen musste. Denn die Kundinnen wollen ihre Wocheneinkäufe per Internet tätigen, nicht bloss die Vorräte aufstocken. «Dass wir zuerst keine Frischprodukte verkauften, war mein Fehler. Dadurch haben wir ein Jahr und ich eine Menge Haare verloren (zeigt auf sein schütteres Haupthaar). Wir haben am Anfang viel ausprobiert und lernen noch immer dazu. Das wichtigste für uns aber ist, die Kundenwünsche ernst zu nehmen», meint Nicod. So würden denn immer wieder Anregungen betreffend Sortimentserweiterung geprüft. Mittlerweile beträgt das Angebot von Le-Shop 3500 Produkte des täglichen Bedarfs. 100 bis 250 Bestellungen zu durchschnittlich 142 Franken trudeln jeden Tag ein. Dabei sind 60 Prozent der Benutzer Frauen, junge Familien stellen mit 32 Prozent der Kundschaft die Kernzielgruppe dar.

Neues Warenhaus, neue Website

Da das Warenhaus in Lausanne zu eng wurde, hat man in Villmergen – für die Lieferung in die Deutschschweiz idealer — ein neues Lager bezogen, das von der Planzer Transport AG im Auftrag von Yellowworld betrieben wird. Die Post liefert weiterhin die Bestellungen in der Schweiz und Lichtenstein aus, neu ab Juli in Zürich, Lausanne und Genf auch am Abend.
Die Website wurde umgestaltet und erlaubt es neu den mittlerweile 5000 Kunden, auf den Einkaufszettel vom letzten Einkauf zurückzugreifen und eigene Regale einzurichten. Mit der Personalisierung der Website kommt Le-Shop dem Bedürfnis nach schnellerem Einkaufen entgegen. Die Website läuft auf einem Sun-Server mit einer E-Commerce-Lösung von Broadvision.

Expansion bis nach Südamerika

Nicod will mit seinem Konzept raus in die grosse weite Welt: In Argentinien wird Le-Shop im Juli ans Netz gehen; es besteht eine Minderheitsbeteiligung von Le-Shop Latin America. Und ebenfalls noch dieses Jahr soll Le-Shop Deutschlands Mütter mit Wocheneinkäufen bedienen. In Spanien hat Alcampo (www.alcampo.es), eine Tochter der französischen Detailhandelsgruppe Auchan, die Le-Shop-Technologie in Lizenz erworben.
Vermutlich hat die Nähe zu Latein- und Südamerika persönliche Hintergründe, ist doch Nicods Frau Mexikanerin und Marketingleiter Christian Wanner wuchs in Argentinien auf. Nicod sieht denn auch in den Grossstädten Latein- und Südamerikas ein grosses Potential für Online-Shopping. Viele berufstätige Paare zwischen 30 und 50 Jahren haben Hausangestellte, denen man den Einkauf nicht überlassen wolle, die tagsüber aber die bestellte Ware entgegennehmen können.

Kapitalerhöhung geplant


Zu Anfang hatte es Nicod nicht gerade leicht. Wie andere (Internet)-Pioniere auch, musste er sein eigenes Geld aufs Spiel setzen. Seit dem Start wurden sieben Millionen Franken in Le-Shop investiert. Der Umsatz betrug letztes Jahr vier Millionen Franken, dieses Jahr werden es circa 12 Millionen sein. Heute beschäftigt Le-Shop 40 Miarbeiter, bis Ende Jahr sollen es 100 sein.
Beat Curti, der seit August letzten Jahres mit seiner Bon appétit Group zu 39 Prozent am Aktienkapital beteiligt ist, glaubte zu Anfang nicht an den Erfolg von Le-Shop. Nicod: «Beat Curti sagte mir damals, mein Konzept hätte keine Chance, ich könne aber wie jeder andere Detailhändler bei ihm einkaufen. Jetzt hat er 39 Prozent der Aktien.»
Nun plant Nicod eine Kapitalerhöhung durch verschiedene Partner um weitere 20 Millionen Franken. Bereits zugesagt hat die Londoner Investmentbank Morgan Grenfell, die sich mit 12,5 Millionen Franken an Le-Shop beteiligt und auch im Verwaltungsrat Einsitz nehmen wird. Die Gründungsaktionäre halten immer noch die Mehrheit. Noch sei unklar, wie man den schnellen Ausbau finanzieren wolle. «Ich kann nicht sagen, wie die Märkte in 2001 aussehen werden, ob wir an die Börse gehen oder den Ausbau mit Private Equity finanzieren, weiss ich noch nicht, da ich leider keine funktionierende ‚Cristall Ball‘ besitze.» (mh)


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