Microsoft Schweiz: Die Ära Blum geht zu Ende

Nach mehr als zehn Jahren zieht sich Peter Blum per Ende 2000 aus der operativen Führung von Microsoft Schweiz zurück. Blum hatte 1990 die Schweizer Niederlassung mitbegründet.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2000/20

     

Zehn Jahre nach der Gründung von Microsoft Schweiz zieht sich der heute 45-jährige Peter A.C. Blum aus der Führung von Microsoft zurück, um sich einer neuen Herausforderung zu stellen. Alles begann mit einem Brief, den Blum Ende der 80er-Jahre ans Headquarter nach Redmond schickte.
Damals leitete Blum die noch heute existierende Computer Terminal AG, die Software für Banken und Versicherungen entwickelte. Blum hatte über die Presse und bei Auslandbesuchen Microsoft-Produkte kennengelernt und wollte die Generalvertretung für Microsoft in der Schweiz übernehmen.
Blum: «Die haben sich blitzartig gemeldet. Schliesslich schlug man mir den Posten als GM der neu zu gründenden Schweizer Niederlassung vor.» Blum führte verschiedene Gespräche in Paris und mit «Bill», wie er Bill Gates vertraulich nennt. Blum musste sich entscheiden und verkaufte seine Firma. «Mich reizte es, auf dem internationalen Parkett tätig sein zu können», begründet er den Entscheid, den man mit Sicherheit als Livetime-Event bezeichnen kann.

500 m2 Büro und ein orangener Blumentopf

Blum startete am 1. Juli 1990 mit zwei Leuten in Spreitenbach. «Wir starteten mit 500 Quadratmetern leeren Büros, einem orangen Blumentopf und dem Auftrag, 34 Millionen Franken Umsatz zu machen.» Nach dem ersten Finanzjahr hatte Blum sieben Leute und das Budget geschafft.
Als Distributoren verpflichtete er Also ABC, Computer 2000 und die heute nicht mehr existierenden CfM von Emil Widmer und Wyrsch Trading von Hugo Wyrsch.
Als die Distis gefunden waren, ging man nach und nach Partnerschaften mit Solution Provider ein, die auf Microsoft fokussierten, Software entwickelten und vermarkteten. Man brauchte Partner, die einerseits Individuallösungen unter Verwendung von MS-Produkten anbieten konnten, andererseits auch Gesamtlösungen (wie etwa Simultan) «horizontal» in den Markt hinaustragen konnten. Dann begannen die Partnerschaften mit OEMs wie Compaq, Dell oder HP.
Heute beschäftigt Microsoft Schweiz über 170 Mitarbeiter und erwirtschaftete im Finanzjahr 2000 über 300 Millionen Franken Umsatz.

1997: Microsoft wird salonfähig

1995 bis 1997 übernahm Blum für zwei Jahre zusätzlich die Leitung von Microsoft Deutschland, ab 1997 zeichnete er als Regional Director für die Schweiz und Österreich verantwortich. Nach einem Jahr hatte Microsoft Österreich den Turnaround geschafft, Blum setzte einen GM ein. Letztes Jahr übergab er die Geschäftsleitung Schweiz an seinen Protégé Günter Weimer da Blum als Regional Director zur EMEA-Organisation wechselte.
Als ersten Meilenstein in der Geschichte von Microsoft nennt Peter Blum die Zeit um 1997, als Microsoft von der Desktop-Firma zur Enterprise Company wurde. Microsoft hatte sich in grossen Unternehmen etabliert. Einen weiteren wichtigen Schritt sieht Blum 1998, als Microsoft mit der Plattform MSN.com in den Internet-Bereich eintrat.

Tiefpunkt MS-Bashing

Auf die Frage, was denn die Tiefpunkte seiner Zeit bei Microsoft waren, meint Blum vielsagend: «Dass Microsoft ein- bis zweimal vom Markt angegriffen wurde, habe ich nicht verstanden, da ich die ethischen Grundsätze des Top-Managements kenne.» Allerdings seien diesbezüglich die Europäer viel professioneller in der Beurteilung als die Amerikaner, weil aufgrund des Rechtssystems in den USA ganz andere Möglichkeiten bestehen, eine Firma anzugreifen. Und fügt in bekannter MS-Manier hinzu: «Die Politik sollte nicht in die Wirtschaft eingreifen, schliesslich entscheidet der Kunde, welche Produkte er einsetzen will.»

«Bill hasst Blabla»

Peter Blum trifft Bill Gates und CEO Steve Ballmer regelmässig etwa zweimal im Jahr. 1997 war Blum mit Gates zu Gast bei Bundesrat Villiger. Blum beschreibt Gates als sehr offenen, hochintelligenten Mann mit ausgeprägt analytischem Denken. Gates könne eine Sache in «no time» auf den Punkt bringen, sei ein knallharter Businessmann, aber mit sehr hoher Sozialkompetenz. Blum weiter: «Bill und ich hatten auch sehr harte Auseinandersetzungen, die ich aber immer als positiv angesehen habe.
Da er eine Sache, über die er diskutiert, verstehen will, muss man sehr genau überlegen, was man sagt. Bill hasst nichts mehr als Blabla.»
Über zehn Jahre nach der Gründung von Microsoft Schweiz tritt Peter Blum per Ende dieses Jahres zurück, um sich eine neue Herausforderung zu suchen. Er wollte nicht nach Paris oder USA, wo ihn Steve Ballmer gerne gesehen hätte. Genaues über seine Zukunft kann und will Blum noch nicht preisgeben: «Ich prüfe im Moment diverse Angebote. Nach zehn Jahren möchte ich nochmal etwas Neues anreissen.» (mh)


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