An einer ziemlich pompös angelegten Medienshow verkündete Compuserve ihre Strategie und führte das Angebot vor, mit dem mehr Surfer als Kunden gewonnen werden sollen. Compuserve zählt heute nach eigenen Angaben in der Schweiz 45’000 zahlende Mitglieder, was einem Marktanteil von 10% entspreche. Ganz unbescheiden verkündete Managing Director Roger Baltensweiler, man wolle den Marktanteil in Zukunft und dank Compuserve2000 in naher Zukunft auf 25% fast verdreifachen. «Compuserve 2000» soll die breite Masse der Surfer anlocken, «CompuserveClassic» weiterhin die professionellen Surfer wie etwa Journalisten bedienen. Wie soll dies bewerkstelligt werden? Nicht etwa mit einem Gratis-Angebot, sondern mit besseren Inhalten und einem einfacheren Zugang zum Web.
Für diesen Zweck will die AOL-Tochter die Schweizer Belegschaft von 40 auf ca. 60 Mitarbeiter ausbauen und ihre neue Internet-Zugangssoftware «Compuserve2000» über die grossen Fach-Retailer (namentlich erwähnt wurden
Interdiscount, Manor, Fust und der Buchhandel) in den Markt drücken. Für immer noch 159 Franken pro Jahr bietet Compuserve unlimitierten Zugang, fünf E-Mail-Accounts, Instant Messaging mit anderen Compuserve-Mitgliedern, Foren, News und diverse Dienste. Das Angebot kommt im Paket mit zwei Büchlein und wunschweise auch mit einem 56K-Modem. Von der Konkurrenz will man sich durch mehr und bessere Inhalte sowie den einfacheren Internet-Zugang absetzen. Der Preis von 159 Franken pro Jahr oder 15.90 pro Monat dürfte aber bald ins Wanken geraten. Baltensweiler: «Wir haben die Kraft und die Möglichkeit mit den Preisbrechern jederzeit mitzuhalten.»
Allerdings war an der Präsentation von diesen Mehrwerten noch wenig konkretes zu sehen. Fast alles, was Compuserve erst in naher Zukunft anbieten will, gibt es anderswo – kostenlos – in gleicher oder besserer Qualität auch: News bieten lokale und internationale Medien auf dem Web zuhauf, Chat, E-Mail und Instant-Messaging sind an jeder Ecke ebenfalls zu haben.
Die Dienstleistungen, die Compuserve stark machen, wie der Zugang zu professionellen Datenbanken, bleiben weiterhin kostenpflichtig. Auch ein schnelles Netz, günstige Shopping-Lösungen (aufbauend auf den bekannten E-Pages von Intershop, die bereits andere ISPs anbieten), aktuelle Wetternachrichten und Lifestyle-Angebote (erwähnt wurden Kochrezepte und Reiseangebote) sind nicht gerade das, was die Surfer nirgends sonst bekommen könnten. Überdies war von all den versprochenen Inhalten noch wenig zu sehen – die Rede war bei den meisten Zusatzangeboten von noch zu gewinnenden Partnern. Unklar bleibt auch das Verhältnis zur Mutterfirma AOL. Diese bewirbt über deutsche Zeitschriften weiterhin natürlich auch den Schweizer Markt und hat hierzulande etwa 2000 Abonnenten. Gerüchte, wonach AOL mit Schweizer Providern Verhandlungen führe, wurden seitens Compuserve heftig dementiert. (hc)