«Wir wollen in der oberen Liga im Schweizer Markt spielen»
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«Wir wollen in der oberen Liga im Schweizer Markt spielen»

Fast ein Jahr waren der Switch-Tochter Switchplus aus rechtlichen Gründen die Hände gebunden. Seit ein paar Wochen ist man nun aktiv im Markt. CEO Wolfram Schmidt erklärt, warum sich die Lage geändert hat und was Switchplus jetzt vor hat.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2010/12

     

Bisher machte das junge Schweizer Unternehmen Switchplus, das im August 2009 gegründet wurde, vor allem im Zusammenhang mit den Rechtsstreitigkeiten zwischen der Mutter Switch und einigen Schweizer Hosting-Providern Schlagzeilen. Das soll und wird sich laut Switchplus-Geschäftsführer Wolfram Schmidt deutlich ändern.


Schmidt arbeitet seit März 2009 für Switchplus und war damit bereits vor dem Start massgeblich am Aufbau und der Entwicklung des Unternehmens beteiligt. Dabei konnte der gebürtige Deutsche, der seit 15 Jahren in der Schweiz lebt und mittlerweile Schweizer Staatsbürger ist, auch von seiner beruflichen Erfahrung profitieren: Vor seinem Engagement für Switchplus war Schmidt unter anderem fünf Jahre bei Swisscom in der Abteilung "New Business Development" tätig.

Herr Schmidt, weshalb wurde Switchplus überhaupt gegründet?

Switch hat vor gut zwei Jahren damit begonnen, sich intensiv mit der eigenen Zukunft auseinanderzusetzen, wenn im Jahr 2015 der Vertrag mit dem Bakom für die Registriertätigkeit mit Domain-Namen ausläuft. In diesem Bereich sind heute sehr viele Mitarbeiter direkt und indirekt über Geschäftspartner beschäftigt. Gleichzeitig stieg die Zahl der Anfragen von Kunden, die mehr Dienstleistungen wollten – mehr als Switch als staatliche Registrierungsstelle anbieten konnte beziehungsweise durfte. Man suchte als nach gemeinsamen Lösungen und beschloss schliesslich, ein kommerzielles Tochterunternehmen zu gründen.

Wie hat die Rechtsstreitigkeit zwischen Switch und den Schweizer Hosting-Providern Ihr Geschäft beeinflusst?

Sehr stark. Wir waren durch die superprovisorische Verfügung, die die Provider erwirken konnten, rund neun Monate lang praktisch blockiert. Zu dieser Zeit war es unklar, wie es für Switchplus weitergehen würde. Wir haben uns im ersten Jahr deshalb fast ausschliesslich mit der Produktentwicklung beschäftigt. Wie die superprovisorische Verfügung überhaupt zustande kommen und über einen so langen Zeitraum hinweg aufrechterhalten werden konnte ist mir übrigens heute noch schleierhaft.

Sie waren also neun Monate blockiert. Wie konnte Switchplus diese Zeit überstehen?

Von Anfang an stand fest, dass wir auf langfristige Ziele setzen und nicht kurzfristig etwas erreichen müssen. Das half. Unser Mutterhaus Switch übt damals wie heute keinen Druck aus – Switchplus soll vernünftig wachsen und stets das erreichen, was der Markt hergibt.

Was gibt den der Markt her? Im umstrittenen Hosting-Bereich zum Beispiel?

Der Schweizer Hosting-Markt ist meiner Meinung nach ein sehr beständiger Markt. Die Kunden wechseln den Anbieter nur selten und ganz sicher nicht von heute auf morgen, die Hürden dafür sind zu hoch. Wir möchten im Hosting-Bereich in erster Linie Kunden gewinnen, die neue Webprojekte realisieren, und sind nicht darauf erpicht, möglichst viele Kunden von Konkurrenten abzuwerben. Ausserdem bieten wir keine Billigpreise an, weil wir eher Service- statt Preis-orientiert sind. Ich verstehe deshalb nicht ganz, warum die Hosting-Provider ein Problem mit unserem Markteintritt haben oder hatten. Der Schweizer Hosting-Markt funktioniert hervorragend, ist gut verteilt, eigentlich optimal. Es gibt viele Anbieter, keinen Übermächtigen. Alle können von dem Geschäft gut leben - und das in den meisten Fällen bereits seit zehn Jahren. Es könnte viel schlimmer kommen: Stellen Sie sich einmal vor, es käme ein grosser internationaler Anbieter mit Dumping-Preisen in die Schweiz...

Wie läuft das Hosting-Geschäft von Switchplus?

Es läuft alles sehr positiv, wir bekommen stetig Kunden dazu. Was für mich aber viel wichtiger ist: Switchplus hat seit dem Start im Sommer 2009 bisher noch keinen Kunden verloren. Das zeigt, dass wir halten, was wir versprechen.

Kundenzahlen verraten Sie keine. Wie sieht es mit Mitarbeiterzahlen aus? Wie gross ist Switchplus?

Wir sind ein sehr kleines Team und bestehen aus nur vier Leuten. Unser Unternehmen und unsere Dienste sind stark automatisiert, wir haben viele Bereiche ausgelagert. Intern kümmern wir uns vor allem um Produkt- und Prozessentwicklung, Marketing & PR und die Schulung des Kundendienstes. Den Rest erledigen Spezialisten. Damit können wir sehr gut und sehr stark Nachfrage-orientiert arbeiten.

Sie betreiben also selber keine Infrastruktur und sind nur Serviceanbieter? Wer übernimmt dann das eigentliche Hosting der Websites?

Das ist richtig, wir beziehen unsere Infrastruktur von einem externen Dienstleister. Wir hosten die Websites unserer Kunden in den Rechenzentren des Münchner Anbieters Domainfactory.

Wieso arbeitet Switchplus mit einem deutschen und nicht mit einem Schweizer Hosting-Anbieter zusammen?

Weil kein Schweizer Hoster heute unsere spezifischen Anforderungen erfüllt. Wir erwarten unter anderem ein hochsicheres Rechenzentrum mit flexibler Kapazität und «Load Balancing», keine «Downtime», einen 24x7-Service, eine hoch redundante und gute Internetanbindung und einen sehr hohen Grad an Automatisierung. All das bietet uns unser Partner. Ausserdem wäre es angesichts der Rechtsstreitigkeiten vermutlich auch schwierig gewesen, in der Schweiz überhaupt einen Partner zu finden.

Sie hosten die Websites Ihrer Kunden im Ausland. Wie sieht es da bezüglich Datenschutz aus?

Das ist kein Problem, denn nur die Websites befinden sich auf den Servern in München und die Internetpräsenzen sind ja per se öffentlich. Alle Kundendaten, Kundendienstkorrespondenz, etc. sind ausschliesslich hier bei uns in der Schweiz gespeichert.

Wird Switchplus ab einer bestimmten Kundengrösse das Hosting dereinst doch selber übernehmen?

Ein Inhouse-Hosting lohnt sich meiner Ansicht nach frühestens ab etwa 10'000, sicher ab 50'000 Kunden. Unabhängig davon, denke ich, dass wir darauf verzichten werden, weil dies nicht unserer Geschäftsphilosophie entspricht. Es ist aber durchaus möglich, dass wir in Zukunft mit einem Schweizer Anbieter zusammenarbeiten. Schliesslich entstehen hier derzeit viele, neue, moderne Rechenzentren. Letztlich wird es aber eine Frage der Qualität und des Preises bleiben.

Neben dem Domain-Namen- und dem Hosting-Geschäft wollen Sie demnächst noch mit anderen Angeboten auftrumpfen. Können Sie dazu schon etwas verraten?

Kunden sollen von Switchplus in Zukunft einen Internetauftritt aus einer Hand erhalten, das ist unser Ziel. Wir haben dazu viele langfristige Pläne und Angebote, die wir noch umsetzen werden. Was genau, möchte ich noch nicht verraten. Nur so viel: Im neuen Jahr werden wir etwas Neues präsentieren, das es so auf dem Schweizer Markt bislang noch nicht gibt.

Anfang Oktober haben Sie ein neues Partnerprogramm für Webagenturen und Websiteentwickler lanciert. Erklären Sie doch kurz Ihre Strategie und wie das Programm funktioniert?

Kunden verlassen sich bei der Wahl ihres Hosters in vielen Fällen auf den Rat ihrer Webagentur oder ihres Websiteentwicklers. Sie selbst gehen nur eher selten direkt auf die Suche. Deshalb ist es schwer für Switchplus selbst viele Neukunden zu gewinnen. Also wollen wir den Weg via Partner gehen.
Unser Partnerprogramm ist völlig kostenlos und ohne Risiko. Man kann sich dafür anmelden und erhält im besten Fall Geld zurück, nämlich zehn Prozent des Umsatzes, den die Kunden bei uns machen. Ausserdem bieten wir eine leistungsfähige Plattform mit einer zeitgemässen Oberfläche, die die Betreuung der Kunden deutlich vereinfacht und den Administrationsaufwand markant senkt.

Was unterscheidet Ihr Partnerprogramm von anderen?

Im Gegensatz zu anderen Schweizer Hostern bieten wir unseren Partnern kein «Reselling» an. Wir verkaufen nach wie vor selbst und erledigen auch alle administrativen Prozesse rund um die Switchplus-Produkte, also Kundendienst und Rechnungsstellung. Damit behalten wir den direkten Kontakt zum Kunden, was für uns sehr wichtig ist, da wir grossen Wert auf eine optimale Beratung legen.

Was sind Ihre Ziele? Wie viele Partner wollen Sie gewinnen?

In der Schweiz gibt es rund 1'000 Web-Agenturen, viele davon sind sehr klein und meist regional verankert. Ich denke, realistisch können wir vielleicht hundert dieser Agenturen als Partner gewinnen. Wir lassen uns aber überraschen.

Was passiert im schlimmsten Fall, wenn das Partnerprogramm scheitert?

Soweit wird es vermutlich nicht kommen. Immerhin haben sich auch ohne aktive Werbung seit Ende Oktober 2009 bereits einige Interessenten bei uns gemeldet. Sollte es aber doch soweit kommen, dann wäre das kein Drama. Vielleicht würden wir dann selber eine Agentur aufbauen, um die Lücke temporär zu schliessen.

Wann ist Ihre Mission als Geschäftsaufbauer von Switchplus vollendet?

Sie haben recht, ich bin der typische Geschäftsaufbauer. Über diese Frage habe ich mir jedoch noch überhaupt keine Gedanken gemacht. Bei Switchplus gibt es nämlich noch einiges aufzubauen. Mein Ziel ist, das Unternehmen zu einem Massenmarkt-fähigen Dienstleister zu machen, der auch 100'000 Kunden betreuen kann und in der oberen Liga im Schweizer Markt mitspielt. (mv)


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