Im vergangenen Jahr wurden in der Schweiz 1'977'802 PCs (Desktops, Notebooks und Windows-basierende Tablets) mit einem Gesamtwert von 1,131 Milliarden Franken verkauft. Dies besagen aktuelle Zahlen der Marktforscher von IDC, welche «Swiss IT Reseller» vorliegen. Im Vergleich zu 2010 konnte der PC-Absatz stückzahlenmässig um 0,9 Prozent zulegen, während der Umsatz um 0,1 Prozent zurückging.
Dass die Zahlen auf dem Niveau von 2010 gehalten werden konnten, ist vor allem dem Business-Segment zu verdanken, das im vergangenen Jahr um 10 Prozent zulegen konnte und in dem vor allem massiv mehr Mobilrechner abgesetzt wurden (542'000 im Vergleich zu 474'000 im Jahr 2010). Sogar die Zahl der verkauften Business-Desktops konnte mit einem Plus von 2,1 Prozent leicht gesteigert werden. Auf das ganze 2011 betrachtet schlecht sieht es dagegen im Consumer-Umfeld mit einem Minus von insgesamt 7,2 Prozent und einem Einbruch von über 20 Prozent bei den Desktops aus.
Grund für verhaltenen Optimismus liefert jedoch das vierte Quartal 2011. Im Vergleich zum Vorjahr wurden während den letzten drei Monaten des Jahres 3,7 Prozent (585'293 Einheiten) mehr Rechner verkauft als im Q4 2010. Dabei konnte vor allem das Consumer-Segment mit einem Plus von 4,4 Prozent kräftig zulegen. Man habe bereits im Laufe des dritten Quartals bemerkt, dass die Performance im Schweizer Markt besser sei als erwartet, erklärt Larysa Yolkina, Research Analyst in IDCs EMEA Personal Computing Group und zuständig für das PC-Geschäft im deutschsprachigen Raum und in den Benelux-Staaten, im Gespräch mit «Swiss IT Reseller». «Der Schweizer Markt konnte sich von den DACH- und Benelux-Märkten am schnellsten von den Turbulenzen, die wir während mehreren Quartalen im PC-Geschäft beobachtet haben, erholen», erklärt die IDC-Analystin.
Die Schweizer Distributoren, Reseller und Retailer hätten es verstanden, besser mit den Inventar-Problemen umzugehen, die in dieser Zeit entstanden seien, als ihre Kollegen in anderen Ländern. Yolkina erklärt diese Probleme folgendermassen: «Im vierten Quartal 2010 und in den drei folgenden Quartalen haben die Hersteller grosse Mengen an Geräten in den Channel gepusht. Die Nachfrage aber lag deutlich unter dem Angebot, das dadurch generiert wurde, und weder Distributoren noch Retailer waren in der Lage, so viel zusätzliche Nachfrage zu generieren.
Die Folge waren unablässige Preisnachlässe und Aktionen im Laufe des Jahres 2011, denn der Channel hat verzweifelt versucht, die aufgestauten PC-Lager abzubauen. In der Schweiz ist das den Distributoren und Retailern besser gelungen als in anderen Märkten.» Entsprechend waren die Lager-Inventare in der Schweiz im vierten Quartal tiefer als erwartet und die PC-Abnahme des Channels höher, weshalb das Ergebnis fürs Q4 – trotz eines mässigen Weihnachtsgeschäfts – für die PC-Hersteller erfreulich gut war.
Das Schweizer Phänomen Apple
Der Schweizer Markt hat es aber nicht nur besser verstanden, Überkapazitäten abzubauen. Auch sonst sieht Yolkina im Schweizer PC-Geschäft einige bemerkenswerte Eigenschaften. Was den Schweizer Markt sicher ausmache, sei die hohe Kaufkraft der Bevölkerung. Ausserdem werde der Markt von der Nachfrage nach technologisch fortschrittlichen Produkten getrieben. «Schweizerinnen und Schweizer scheuen sich nicht, mehr zu bezahlen, um so die neueste, beste Technologie zu erhalten.» Durch dieses Verlangen nach den neuesten Produkten sei auch die Nachfrage nach neuen Rechnern in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern relativ hoch geblieben, erklärt die IDC-Analystin.
In dieser Argumentation ist mit Sicherheit auch die Antwort auf die Frage zu finden, weshalb
Apple in der Schweiz so stark ist. Der Apfel-Konzern konnte nämlich 2011 an
Acer vorbeiziehen und belegt neu den zweiten Platz hinter
HP. Apple verkaufte im letzten Jahr 306'385 Rechner in der Schweiz – ein Plus von 17,4 Prozent. Acer im Gegenzug büsste 17,1 Prozent ein und konnte noch 259'618 PCs absetzen. «Apple positioniert sich grundlegend anders als alle anderen Hersteller. Das Unternehmen definiert sich nicht über Argumente wie das Preis-/Leistungsverhältnis oder den Preis grundsätzlich. Apple fokussiert ganz auf Design, Technologie und auf technologischen Fortschritt und stösst damit speziell in der Schweiz auf offene Ohren», erklärt Yolkina den Erfolg von Apple in der Schweiz.
Der Riese bleibt dominant
Die unangefochtene Nummer 1 hierzulande ist jedoch nach wie vor Hewlett-Packard.
HP verkaufte 672'638 PCs im Jahr 2011, was einem Plus von 3 Prozent und einem Marktanteil von 34 Prozent entspricht. Eine Begründung, warum HP gerade hierzulande so stark ist, hat die Expertin von IDC nicht. Mit ein Grund ist sicher, dass HP in der Schweiz über eine enorm starke Position im Channel verfügt. Laut Larysa Yolkina ist HP aber in vielen Ländern in Zentraleuropa dominant, und der Grund dafür sei schlicht in der Grösse von HP zu suchen. HP sei äusserst etabliert, hervorragend organisiert, besitze fortschrittlichste Supply-Chain-Management-Systeme und ein enorm breites Produktportfolio.
Ausserdem könne
HP bei Bedarf äusserst aggressiv auf dem Markt auftreten, gerade auch im Commercial-Umfeld. HP sei in der Schweiz traditionell äusserst erfolgreich im Unternehmens-Segment und machte in Vergangenheit 60 bis 70 Prozent seines PC-Geschäfts im Business-Umfeld. Jedoch sei es interessant zu beobachten, dass man gegen Ende des letzten Jahres eine Bewegung von HP ins Consumer-Segment beobachtet habe – wobei HP in etwa gleich viele Rechner im Consumer- wie auch im Business-Sektor absetzen konnte. Als Grund dafür gibt Yolkina an, dass die Unsicherheit rund um HPs-PC-Geschäft mit den Meldungen und Turbulenzen rund um einen möglichen Verkauf der PC-Abteilung dafür gesorgt habe, dass im Enterprise-Geschäft mit den Zukäufen von neuen HP-Geräten zugewartet wurde.
Acer als der grosse Verlierer 2011 blickt bekanntlich ebenfalls auf ein bewegtes, schwieriges Jahr zurück. Yolkina: «Acer ist stark von Skaleneffekten abhängig und hat entsprechend versucht, möglichst grosse Volumina in den Channel zu drücken. Jedoch konnten diese Mengen nicht abgesetzt werden, und ohne Abverkäufe im Channel konnte
Acer nicht mehr die gewünschten Mengen an den Channel liefern und blieb selbst auf Inventar sitzen, was den Hersteller entsprechend in Schwierigkeiten gebracht hat.» Bei Acer seien jedoch noch weitere Elemente hinzugekommen – wie etwa Probleme mit der Profitabilität und der internen Organisation. «Jedoch arbeitet Acer hart daran, die Probleme in den Griff zu bekommen», weiss Larysa Yolkina.
Erwähnenswert sind zudem sicher auch
Asus und
Lenovo, die beide zweistellig zulegen konnten. Zu Lenovo führt Yolkina an, dass der Hersteller vor allem deshalb gewachsen sei, weil verstärkt versucht werde, im Consumer-Segment Fuss zu fassen – insbesondere auch nach der Übernahme von Medion. Kräftig wachsen konnte auch
Samsung, jedoch sind die Südkoreaner auch erst seit Sommer 2010 (wieder) in der Schweiz mit PCs präsent. Zu den Verlieren gehört derweil Steg – der einzige Assemblierer in den Top 10 – mit einem Minus von 23,5 Prozent. Trotz dieser Zahlen ist man bei Steg froh um die Eigenmarken-Computer, da auf diesen offenbar eine bessere Marge erzielt werden kann, wie Reto Stöckli, Chief Purchase Officer bei
Steg, im Artikel ab Seite 28 erklärt.
Spannendes 2012
Obwohl IDC die Vorhersagen für 2012 noch nicht fertiggestellt hat, wagt Larysa Yolkina für «Swiss IT Reseller» eine Prognose für das angelaufene Jahr. Sie gehe davon aus, dass dem Schweizer PC-Markt ein äusserst interessantes Jahr bevorstehe. «Das erste Halbjahr wird stark negativ beeinflusst sein von den Engpässen im Bereich Harddisks, welche von der Flutkatastrophe in Thailand herrühren. Bis die Folgen dieser Katastrophe für die Harddisk-Hersteller und die Lieferketten endgültig behoben sind, dürfte es Ende März werden.» Entsprechend würden sich auch die Auslieferungen der PC-Hersteller nach hinten verschieben, weshalb die Zahlen fürs erste Halbjahr wohl negativ sein werden.
Auf der anderen Seite rechnet man bei IDC damit, dass die Abverkäufe im zweiten Halbjahr zulegen werden. Hoffnungen dürfen dabei vor allem ins Consumer-Segment gelegt werden, wo der anstehende Release von Windows 8 den PC-Absatz anheizen wird. Es sei zwar noch nicht klar, wann Windows 8 erscheinen wird, doch ein positives Momentum für die zweite Hälfte von 2012 wird durch das OS erwartet. «Konsumenten, die sich mit der Thematik auseinandersetzen – und in der Technologie-verliebten Schweiz sind das erfahrungsgemäss besonders viele – warten im Moment mit dem Kauf von neuen Rechnern, bis Windows 8 erscheint. Vor allem der Mobile-Bereich wird später im Jahr davon profitieren. Wir rechnen hier mit einem Boost dank Windows 8.»
Skeptischer ist Yolkina derweil, wenn es um Ultrabooks geht. «Ultrabooks werden das Wachstum im Consumer-Portable-Bereich sicher nicht wesentlich ankurbeln – zumindest nicht in dem Ausmass, wie Intel sich das vorstellt. Doch: Die Situation für die Schweiz mit der Technologie-affinen Kundschaft ist etwas anders. In der Schweiz könnten Ultrabooks eine gewisse Rolle spielen. Ob dies bereits 2012 der Fall sein wird, ist jedoch schwierig zu sagen. Im Moment sind Ultrabooks noch ein Nischenprodukt.»
Auf das gesamte Jahr und den gesamten Markt betrachtet rechnet Yolkina – dank der zweiten Jahreshälfte – mit Wachstum, wenn auch in bescheidenem Ausmass. Das Consumer-Geschäft wird dabei primär zum Wachstum beitragen, doch auch das Business-Segment soll leicht zulegen. Dabei liegen die Hoffnungen vor allem bei den Behörden. «Wir rechnen damit, dass im Public-Sektor in diesem Jahr Erneuerungen der PC-Basis anstehen. Im Unternehmens-Umfeld jedoch rechnen wir nicht mit PC-Erneuerungen im grossen Stil. Solche Erneuerungswellen standen 2010 und 2011 an, und diese Rechner bleiben nun einige Jahre im Einsatz. Deshalb wird die Performance im Enterprise-Umfeld in diesem Jahr und auch 2013 wohl eher bescheiden sein», so Larysa Yolkinas Einschätzung.
(mw)