Lenovo hat sich Anfang April in der DACH-Region neu aufgestellt. Dabei wurde die Schweiz aus dieser Struktur ausgekoppelt und unter eine direkte, eigenständige Führung gestellt. Seither verantwortet Patrick Roettger als Country Manager die Geschäfte von Lenovo hierzulande. Die lokale Struktur ist in der Schweiz laut Roettger nötig, um den lokalen Anforderungen – wie etwa den verschiedenen Landessprachen – und Bedürfnissen gerecht zu werden. Auf die Kunden und Partner hat die Umstellung allerdings keine Auswirkungen. «Sowohl Partner als auch Kunden haben nichts gemerkt. Die Leute und die Prozesse sind dieselben geblieben», erklärt Roettger im Gespräch mit «Swiss IT Reseller». Der einzige Unterschied zu früher werde nur bei Problemen sichtbar. «War in der Vergangenheit bei einem Problem der erste Ansprechpartner noch ein Schweizer, so kam dann bereits die nächst höhergestellte Person zum Beispiel aus Deutschland», erklärt Roettger. Heute hingegen sei er die höchste Eskalationsstufe. Die Kunden und Partner hierzulande hätten also immer einen Schweizer Ansprechpartner.
Lenovo bekannt machen
«In meiner Funktion als Schweizer Länderchef will ich Lenovo in der Schweiz so weiterentwickeln, wie dies auch Lenovo weltweit tut», so Roettger über seine neue Aufgabe. Zuoberst auf seiner Aufgabenliste steht dabei, den Brand Lenovo hierzulande bekannt zu machen – vor allem im Consumer-Segment.
«Lenovo ist stark im Business-Bereich, die Hauptkunden sind Geschäftskunden. Aber fragt man die Leute auf der Strasse, so stellt man fest, dass die Marke Lenovo hierzulande absolut unbekannt ist», ist sich der Country Manager bewusst. Und dies, obwohl die Consumer-Produkte von Lenovo bereits heute hierzulande erhältlich sind – etwa bei Brack oder Digitec. «Man kann aber heute nicht in einen Laden gehen und dort per Zufall auf ein Lenovo-Consumer-Notebook stossen», erklärt Roettger. Da aber rund die Hälfte der PCs, die in der Schweiz von allen Herstellern abgesetzt werden, aus dem Consumer-Bereich stammen, ist es laut Roettger gar nicht möglich, einen hohen Marktanteil zu erlangen, wenn man nur in einem der beiden Sparten Business oder Consumer stark sei.
Consumer-Strategie in Arbeit
Die Strategie, wie Lenovo im Consumer-Segment hierzulande eine Macht werden soll, wird momentan ausgearbeitet. «Die Strategie wird sich definitiv von derjenigen wie etwa in Deutschland unterscheiden», weiss Roettger. Denn die Schweiz müsse anders behandelt werden. «Schweizer sind innovationsgetrieben, während Deutsche eher die zweite Generation eines Produktes abwarten», spricht der Country Manager aus Erfahrung. Zudem würden Schweizer lieber länger sparen, um sich danach ein hochwertiges Produkt kaufen zu können. Deshalb will Lenovo seiner Strategie der hochwertigen Produkte auch im Consumer-Bereich treu bleiben. Roettger meint dazu: «Wir werden nicht in die Billignische kommen. Billig werden kann man auch noch später, das ist keine Kunst.»
Erste Effekte der Consumer-Strategie soll man in zwei Jahren sehen. «Wir haben bei Lenovo viel Zeit für die Ausrichtung und Strategie. Ich muss nicht in sechs Monaten drei Millionen Consumer-Produkte verkaufen», weiss sich Roettger glücklich zu schätzen.
Partner auch in Consumer-Sparte
Auch wenn die Strategie noch nicht feststeht, so weiss Roettger bestimmt, dass auch im Consumer-Bereich mit Partnern zusammengearbeitet wird. «Wir sind der einzige grosse Player, der nicht in direkte Konkurrenz mit seinen Wiederverkäufern geht. Wir haben keine eigene Service-Abteilung, die Geld machen will, indem sie Services verkauft. Wir überlassen die Services komplett unseren Partnern. Das soll auch so bleiben. Wir planen keine eigene Ladenkette, wo man Lenovo-Produkte kaufen kann», betont der Country Manager.
Im Gegensatz also zur PC-Konkurrenz, die vermehrt auch in Software und Services investiert, will Lenovo darauf verzichten. «Wir sind der Ansicht, dass man entweder ein Hardware- oder ein Software- und Service-Player ist. In beidem zusammen gut zu sein, ist sehr schwierig», so Roettger. Die Lenovo-DNA setze sich aus Hardware-Produkten zusammen. «Und wir glauben, dass es in diesem Bereich noch viele neue Produkte zu kreieren und zu entwickeln gibt», meint der Länderchef weiter.
Smarte Geräte angestrebt
Nebst dem Consumer-Bereich legt Lenovo den Schwerpunkt im Rahmen seiner Strategie PCplus auf smart connected Devices. «Wir glauben an den PC. Man braucht immer noch PCs, und man kann auch in diesem Bereich noch innovativ sein. Aber die Zukunft liegt für Lenovo bei interconnected Devices. Dabei sprechen wir etwa von Tablets, TVs, Smartphones und PCs, die miteinander kommunizieren. Und wir sehen uns in diesem Bereich in fünf Jahren klar als grossen Player», ist Roettger überzeugt. Ausserdem will Lenovo mit der Kreation neuer Produktekategorien neue Bedürfnisse schaffen. Solch eine neue Kategorie stellt Horizon dar. Roettger führt aus: «Horizon ist ein All-in-One-PC, eine Game-Konsole, ein Home-Entertainment-System sowie ein TV in einem und sieht aus wie ein 27-Zoll-Monitor ohne Standfuss.» Hingestellt diene Horizon etwa als TV oder PC, während das Gerät hingelegt zum Spielen gebraucht werden könne. In den grösseren Märken Europas wird Horizon im Sommer zu einem Preis von 1800 Euro lanciert. «In der Schweiz müssen sich die Anwender noch bis Ende 2013, Anfang 2014 gedulden. Denn es ist schwer, hier die nötigen Volumen hinzubekommen», so Roettger.
Smartphones für die Schweiz geplant
Was bislang in der Schweiz noch nicht verfügbar ist, sind die Smartphones von Lenovo. Lenovo-CEO Yang Yuanqing verriet Ende Mai, dass man in einigen westeuropäischen Märkten 2014 Smartphones einführen werde – ob die Schweiz dabei ist, ist noch unklar. Denn laut Roettger verkaufen sich Smartphones in Europa anders als traditionelle PCs. Während man in gewissen afrikanischen oder osteuropäischen Ländern das Smartphone in einem Laden erwirbt und danach am Kiosk mit einem Prepaid-Guthaben auflädt, braucht man in Europa die grossen Telekom-Provider an Bord. «Das macht den Markteinstieg schwieriger. Man braucht die grossen Telcos – hierzulande Swisscom, Sunrise und Orange – im Rahmen eines langfristigen Abkommens mit an Bord. Deshalb ist die Eintrittshürde in den Schweizer Smartphone-Markt höher als etwa in gewissen afrikanischen Ländern», erklärt Patrick Roettger.
Den Plan, Smartphones in den Schweizer Markt einzuführen, gibt es laut Roettger also. Wann es aber soweit sein wird, das werde sich zeigen.
(abr)