In der Schweiz fehlen bis 2022 heutigen Prognosen zufolge 87'000 Fachkräfte. Diese Zahl ist bereits in der
Sonntagspresse durchgesickert und wurde nun vom Verband ICT-Berufsbildung Schweiz mit weiteren Daten ergänzt. So gibt der Verband bekannt, dass die Zahl der Beschäftigten ICT-Bereich seit 2011 um 21'000 auf insgesamt 197'600 angewachsen ist – ein Plus von 12 Prozent. Man sei selbst überrascht über diese hohe Zahl an neu geschaffenen Stellen, liess Andreas Kaelin, Präsident
ICT-Berufsbildung Schweiz, verlauten. Von den heute knapp 200'000 Beschäftigten würden aber nur rund ein Drittel in der ICT-Branche selbst arbeiten. Zwei Drittel seien bei Anwenderunternehmen oder in der öffentlichen Verwaltung beschäftigt.
Bei 30 Prozent der 197'600 Beschäftigten handelt es sich laut den neuesten Zahlen aus dem Jahr 2013 um Softwareentwickler, bei 15 Prozent um Generalisten, bei 12 Prozent um ICT-Führungskräfte und bei je 8 Prozent um Systemanalytiker sowie um Grafik- und Multimediadesigner. Aus den Zahlen wird auch ersichtlich, dass ICT-Fachkräfte überdurchschnittlich gut ausgebildet sind. 63 Prozent hätten einen Tertiärabschluss, gegenüber dem Schweizer Arbeitnehmerdurchschnitt von 37 Prozent. Und 51 Prozent hätten die Berufsmaturität, gegenüber 14 Prozent im gesamten Schnitt.
Daneben konnte auch verkündet werden, dass die Zahl der Ausbildungsplätze für die berufliche Grundausbildung in der ICT von 2009 bis 2013 um 23 Prozent beziehungsweise um 1637 auf 8668 Plätze zugenommen hat. Man habe 2013 also fast einen Viertel mehr Lehrverhältnisse gezählt als vier Jahre zuvor. Am häufigsten ist die Lehre als Informatiker mit 6637 Lehrplätzen 2013, gefolgt vom Mediamatiker mit 1230 Plätzen. Man habe bezüglich Lehrlingsausbildung die gesteckten Ziele deutlich übertroffen, so
ICT-Berufsbildung Schweiz. Aber: Der Bedarf an Fachkräften nehme stärker zu als erwartet, und im Grundsatz sei der ICT-Fachkräftemangel primär ein Problem der Unternehmen. Deshalb müssten Unternehmen – trotz der bislang guten Arbeit, die geleistet wurde – massiv mehr ICT-Lehrstellen schaffen. Ausserdem müssten sie bestehende Mitarbeiter fördern und mittels formalen Abschlüssen weiterqualifizieren, um das vorhandene Potential auszuschöpfen. Und Unternehmen müssten auch in Zukunft Fachkräfte im Ausland rekrutieren können, um das inländische Manko ausgleichen zu können.
Zum eingangs erwähnten, zusätzlichen Bedarf von 87'000 Fachkräften bis 2022, erklärten die Verbandsverantwortlichen, dass sich gut 40'000 zusätzliche Spezialisten mit dem Zusatzbedarf vor allem aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung erklären lassen. Bei gut 46'000 benötigten Fachkräften erkläre sich der Bedarf aber mit Pensionierungen oder der Abwanderung – also mit Leuten, die ersetzt werden müssen.
Wie viel des zusätzlichen Fachkräftebedarfs tatsächlich gedeckt werden kann, soll stark von der Umsetzung der Zuwanderungsinitiative abhängen. Geht alles weiter wie bis anhin, wird der ICT-Fachkräftemangel bis ins Jahr 2022 dank der überdurchschnittlichen Zuwanderung im ICT-Bereich von 12 Prozent (gegenüber 7 Prozent im gesamtschweizerischen Durchschnitt) voraussichtlich bei 14'000 Personen liegen. "Bei einer Beschränkung der gesamtschweizerischen Einwanderung auf 40'000 Personen wird dies bis zum Jahr 2022 den voraussichtlichen ICT-Fachkräftemangel mehr als verdoppeln auf bis zu 30'000 Personen", so ICT-Berufsbildung Schweiz.
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Den grössten Ausbildungsbedarf ortet
ICT-Berufsbildung Schweiz bis 2022 derweil bei "Entwicklern und Analytikern Software", wo der Zusatzbedarf mit 11'600 Personen angegeben wird. Auch bei den ICT-Führungskräften wird ein hoher Zusatzbedarf von 7500 prognostiziert, genauso wie bei den Infrastrukturtechnikern (7200).
Zu guter Letzt hat sich ICT-Berufsbildung Schweiz auch der Kritik gestellt, die angesichts des prognostizierten Fachkräftemangels immer wieder laut wird. So würde zum Beispiel oft kritisiert, dass es nie und nimmer so viele offene Stellen im ICT-Bereich gebe wie der Verband kommuniziere, sonst gäbe es unter anderem keine arbeitslosen Informatiker. Hierzu wurde erklärt, dass es immer offene Stellen und Arbeitslosigkeit gleichzeitig geben werde. Ausserdem sei ein Fachkräftebedarf nicht gleichbedeutend mit unbesetzten Stellen, sondern mit Fachkräften, die gute Berufsaussichten hätten. Werden diese Fachkräfte nicht gefunden, würden Anpassungseffekte ins Spiel kommen. Ein solcher Anpassungseffekt kann dann sein, dass Leistungen ins Ausland vergeben, Quereinsteiger ausgebildet oder auch Wachstumschancen verpasst werden.
Auch die Kritik, dass die Löhne in der ICT zu wenig hoch seien, könne man so nicht stehen lassen. Die Zahlen würden zeigen, dass die Medianlöhne im ICT-Bereich mit einem Schnitt von 8350 Franken (auf 12 Monate umgerechnet) weit über dem Schweizer Schnitt von 5400 Franken liegen würden. Zudem seien die ICT-Löhne zwischen 1998 und 2010 überdurchschnittlich gestiegen – um rund 10 Prozent gegenüber gut 6 Prozent über alle Löhne hinweg gesehen.
Die Kritik, dass ältere ICT-Spezialisten mehr Mühe haben einen Job zu finden als Spezialisten aus anderen Branchen, konnte hingegen nicht komplett vom Tisch gewiesen werden. Dieser Kritikpunkt habe einen wahren Kern, liessen die Verantwortlichen durchblicken. In der ICT nehme das Risiko, im Alter arbeitslos zu werden, auf tiefem Niveau leicht zu – im Gegensatz zu anderen Branchen. Eine Hypothese, die man hierzu aufstellen könne, sei die, dass dieser Umstand mit der laufenden Ausbildung – vor allem auch in der Breite – zu tun habe, die in der ICT wichtiger sei als in anderen Branchen und die bei älteren Mitarbeitern allenfalls fehle. Aber in der Tiefe untersucht habe man diesen Umstand (noch) nicht.
Die gesamte Studie kann bei
ICTswitzerland unter diesem Link als PDF eingesehen werden.
(mw)