Yvonne Bettkober - Die Mentorin
Quelle: Microsoft

Yvonne Bettkober - Die Mentorin

Yvonne Bettkober ist die Frau, die es aus einem afrikanischen Township in die Geschäftsleitung von Microsoft Schweiz geschafft hat und heute von afrikanischen Studenten bejubelt und von europäischen Frauen bewundert wird.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2016/10

     

Wenn Yvonne Bettkober in Afrika an einer Universität referiert, drängen sich doppelt so viele Studenten in den Hörsaal wie Platz haben. An Fussballspielen ihrer Söhne erkennen die anderen Väter sie als «die von Microsoft». Und an Kindergeburtstagen umringen sie andere Mütter: Wie sie das denn konkret mache, fragen sie, alles unter einen Hut zu bringen.

Yvonne Bettkober ist ein Vorbild. Für junge Frauen in ihrem Unternehmen, für junge Menschen aus Afrika. Yvonne Bettkober steht dafür, dass man alles schaffen kann, wenn man nur sein Bestes gibt. Seit zwei Jahren ist die 42-Jährige Leiterin des Partnergeschäfts von Microsoft Schweiz. Vor zehn Jahren, als der dritte Sohn gerade geboren war, hatte die Familie ihre Sachen gepackt und war aus Deutschland in die Schweiz gezogen. «Es gibt kein Land, wo ich besser schlafe, wenn meine Jungs unterwegs sind, als in der Schweiz», sagt die 42-Jährige, und fügt an: «Ich weiss gar nicht, ob die Menschen hier realisieren, wie viel Freiheit und welche Lebensqualität sie haben.» Yvonne Bettkober selbst ist in Afrika aufgewachsen. Geboren ist sie in Tschad, drei Monate, bevor dort der Bürgerkrieg losging.


Ihre Eltern waren Studenten, flohen mit dem Baby und der älteren Tochter nach Kamerun, wo die junge Familie in einem Township unterkam. In Blech- und Lehmhütten, zu Hunderten am Stadtrand. «Was ich meinen Kindern oft erzähle, um ihnen ein bisschen Demut beizubringen», sagt Bettkober, «ist, dass ich nur eine Jeanshose besessen habe, eine Levis, und die habe ich gepflegt wie nichts.» Ihr Vater habe lange gespart, um sie ihr zu kaufen. «Wenn ich sie gewaschen habe, habe ich sie aufgehängt und mich selbst davorgesetzt, um sicher zu gehen, dass sie nicht gestohlen wird – was nicht unwahrscheinlich gewesen wäre – und dann habe ich sie wieder ins Haus geholt.»

Im Kleid ging’s im November nach Frankreich

Als Bettkober neun Jahre alt war, erhielten ihre Eltern die Zusage für ein Stipendium, um in Frankreich zu promovieren. Der Flug ging im November. «Ich hatte ein hübsches kleines Kleid an, das meine Mutter für mich genäht hatte», erinnert sich Bettkober. «Es war etwas Besonderes, nach Europa zu fliegen und dort aufwachsen zu dürfen.» Kaum in Paris angekommen, überraschte sie alle jedoch die Kälte. «Am Flughafen war eine Nothilfestation, die uns Jacken lieh, damit wir es überhaupt in die Wohnung schafften.»


Und überhaupt – plötzlich war einfach alles anders. «Wir hatten viel mehr. Aber das soziale Leben war nicht mehr das Gleiche.» Morgens ging es zur Schule, abends nach Hause. Die Familie beschränkte sich auf die vier Geschwister und die Eltern. «In Afrika sieht man die Kinder, wenn es dunkel ist, weil sie irgendwann ins Bett gehen müssen, ansonsten werden sie von einem ganzen Dorf mit grossgezogen.» Und doch lebten sich Bettkober und ihre Geschwister schnell ein. «Als Kind hat man ein Talent dafür, Unterschiede zu überbrücken. Auch meine Kinder haben schon in vielen Ländern länger oder kürzer gelebt. Egal, wo man sie einpflanzt, schlagen sie sofort Wurzeln.»

Die Liebe wartete in Berlin

Zum Studium zog Bettkober nach Berlin, um Elektrotechnikerin zu werden. Sie sei eben ein richtiger Nerd, sagt sie selbst grinsend. Sie schaut gern Science-Fiction-Filme, freut sich über neue Gadgets und ist überzeugt, dass Technologie die Wunderwaffe ist, die die Welt zu einem besseren Ort machen kann. An der TU Berlin entdeckt Bettkober aber nicht nur ihre Leidenschaft für Technik, sondern auch ihre grosse Liebe. «Er hasst Unpünklichkeit», lacht sie, «somit bin ich gleich aufgefallen, als ich zu seinem Seminar an der Uni zu spät kam.» Und trotzdem verliebte sich der Berliner Tutor sofort Hals über Kopf in die junge Studentin. Jeden Tag stellte er ihr Frühstück vor ihr Wohnheimzimmer, bis Yvonne Bettkober sich endlich auf einen Kaffee mit ihm traf. «Ich dachte, es wäre nicht richtig, etwas mit einem Europäer anzufangen, weil mein Ziel war, später nach Hause, nach Kamerun zurückzukehren», sagt die Frau, die seitdem schon in zahlreichen Ländern tätig war, nicht aber in Kamerun. «Irgendwann musste ich aber einsehen, dass ich echte Gefühle habe, und wir haben es probiert.»

Seit bald 20 Jahren sind die beiden nun verheiratet, wohnen in einem Haus in Feusisberg mit Blick über den Zürichsee, ziehen drei Söhne gross, von denen die jüngsten Zürichdeutsch sprechen und die in den Ferien ihre Grossmutter in Berlin besuchen. «Ich hatte das Vorurteil, dass Europäern Familie nicht so wichtig ist», gesteht Bettkober. Ihr Mann aber habe sie eines Besseren belehrt. An Weihnachten heisst er ihre Verwandtschaft ebenso willkommen wie sie selbst es tut. Über mehrere Tage schlafen dann bis zu 20 Leute aus aller Welt bei ihnen, denn Bettkobers Geschwister wohnen heute in verschiedenen Ländern. «Es war für mich überraschend, festzustellen, dass jemand, der mir auf den ersten Blick so fremd war, Werte wie Familie, Fleiss und Ehrlichkeit mit mir teilt», sagt sie. «Ich habe einen fantastischen Mann. Er ist mein grösster Fan und mein bester Freund.»
Yvonne Bettkober brennt für ihre Familie und ihren Job und hat Spass an dem, was sie tut. Krasse Fehlentscheide verbucht sie als Lernimpulse. Über einen leeren Kühlschrank lacht sie nur. Und Vorurteilen begegnet sie mit Offenheit. «Mein Geheimnis ist, dass ich mit Imperfektion leben kann», verrät sie. Mit Homeoffice, Arbeiten vom Spielfeldrand ihrer Jungs aus und einem persönlichen Zumba-Vormittag am Samstag kombiniert sie ihre Aufgaben als Mutter und Managerin, die, wie sie sagt, sehr viel gemein haben – versuche man doch in beiden Jobs, seine Schützlinge dazu zu befähigen, das Beste aus sich herauszuholen.


Die Erfahrungen, die sie sammelt, und auch die Bildung, die sie genossen hat, möchte Bettkober später für etwas Gemeinnütziges einbringen, etwa in der Geschäftsleitung einer Non-Profit-Organisation. «Ich weiss, wie wenig man haben kann», sagt sie. «Gerade deshalb bin ich überzeugt: Es ist eine Grundverpflichtung für jeden Menschen, dafür zu sorgen, dass diese Welt ein besserer Ort wird.» So möchte Yvonne Bettkober den Kreis schliessen und letztlich dem Land, in dem sie nur neun Jahre ihres Lebens lebte, etwas zurückgeben.

Yvonne Bettkober

Yvonne Bettkober lebt mit ihren drei Söhnen (11, 13 und 18) und ihrem Mann, der Investment Manager ist, in Feusisberg im Kanton Schwyz. Seit bald elf Jahren ist die 42-Jährige bei Microsoft tätig, davon zwei Jahre in Afrika. Seit Januar 2015 leitet Bettkober das KMU- und Partnergeschäft in der Schweiz und ist Mitglied der Geschäftsleitung. Davor hatte sie Stellen im Vertrieb mitunter bei Siemens, Telesens und Tibco Software inne und hat an der TU Berlin und an der Universität in Warwick studiert. (aks)


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