Ende August kündigten Siemens und
Sunrise ein spektakulär tönendes Bundle namens «Com-B» an. Wer bei Sunrise drei Jahre telefoniert und von Siemens die Wartung übernehmen lässt, erhält eine Siemens-Teilnehmervermittlungsanlage geschenkt.
Siemens, für die
Swisscom sowohl Konkurrent als auch Kunde ist, erhofft sich durch das Angebot zuzüglich zur Installation und Wartung direkte Folgegeschäfte mit Mehrwert. Surise hingegen kämpft um Telefonie-Neukunden im Business-Bereich.
Swisscom sagt: «unseriös!»
Ein IT-Reseller vorliegendes internes Argumentarium von
Swisscom zieht das Com-B-Angebot massiv in Zweifel. Swisscom ist uneingeschränkter Marktleader und sieht das Angebot der Konkurrenz lediglich als Marketing-Aktion von beschränkter Dauer.
Siemens wolle sich Marktanteile kaufen, sich als Serviceprovider etablieren und
Sunrise Marktanteile beim Verkehr gewinnen.
Zwar wurde Swisscom von Siemens zuerst angefragt, lehnte das Angebot aber ab, weil es – so heisst es wörtlich – «aus unserer Sicht heraus unseriös ist». Hinzu komme, dass Swisscom als Marktleader, sowohl im Festnetz als auch auf der PBX-Seite, sich sofort mit der Wettbewerbskommission und dem Preisüberwacher konfrontiert sähe.
Siemens hingegen besteht darauf, dass Com-B keine Aktion von beschränkter Dauer sei, sondern «vielmehr ein innovativer Ansatz für eine Business-Lösung».
Der Berechnungsstreit
Swisscom hat die Schose für einen Kunden mit 56 Endgeräten (für soviele ist die angebotene Anlage angelegt) nachgerechnet und kommt auf einen markant tieferen Betrag als beim Com-B-Angebot: Rund 50’000 Franken billiger soll das entsprechende Swisscom-Angebot sein, obwohl bei Swisscom die gleiche Anlage 44’810 und nicht 0 Franken wie bei Siemens/Sunrise kostet. Wie ist das möglich?
Der Teufel liegt wie immer im Detail. So muss nämlich ein Kunde von Siemens/Sunrise – je nach Anzahl der angeschlossenen Benutzer – auf einen bestimmten monatlichen Betrag bei den Gebühren kommen. Dieser Mindestbetrag muss auch berappt werden, wenn er nicht erreicht wird. Der Haken: Die Mobiltelefonie-Gebühren dürfen nur 25% vom Gesamtbetrag ausmachen. Viel zu wenig, sagt
Swisscom. Laut Swisscom betragen die monatlichen Gebühren für das Preisbeispiel bei Swisscom 2380 Franken, die Gebühren bei
Sunrise würden laut Swisscom mit 4828 Franken rund 2448 Franken höher pro Monat zu Buche schlagen.
Was kosten 45’000 geschenkte Franken?
Adam Riese rechnet und kommt bei drei Jahren Vertragsdauer auf 3 (Jahre) mal 12 (Monate) mal 2448 Franken oder runde 88‘000 Franken Unterschied bei den Gebühren. Rechnet man die von
Swisscom ins Feld geführten monatlichen Unterschiede bei der Wartung von rund 250 Franken hinzu und zieht die Beschaffungskosten für die Anlage ab, sieht das auf den ersten Blick verlockende Gratis-Angebot tatsächlich ganz anders aus als in der Werbung: «Sparen Sie sich das Geld und bezahlen Sie CHF 0.–», behaupten
Siemens und Sunrise in ihren ganzseitigen Zeitungsinseraten. Ein Swisscom-Kunde kommt – zumindest in dem uns vorliegenden Preisbeispiel – um rund 50’000 Franken besser weg.
Sunrise hingegen führt ein unter comparis.ch berechnetes Preisbeispiel an, bei dem der Kunde bei Sunrise (wenn er nur vom Festnetz aus telefoniert) rund 1000 Franken monatlich billiger fährt. Es steht also Aussage gegen Aussage.
Auf Anfrage heisst es bei
Sunrise, man hätte nie behauptet, dass jedem Kunden eine Anlage geschenkt werden könne. Es hänge vielmehr davon ab, ob ein Kunde für das minimal verlangte Volumen telefoniert. Kurzum: Man müsse die Sache eben «von Fall zu Fall» ansehen.
Nicht für alle
Es besteht sowohl bei den Hardwareherstellern als auch bei den Telefoncarriern ein Verdrängungswettbewerb. Ob der Trend «weg vom Boxmoving – hin zu Mehrwertdienstleistungen» tatsächlich auf dieser Ebene zu Gratis-Geräten führen wird, bleibt fraglich. Man denke nur an die Probleme der Handyhersteller und Carrier, die sie sich mit den Gratis-Handys eingebrockt haben.
Jedenfalls haben
Sunrise und
Siemens mit der Aktion viel Aufsehen erregt. Von Sunrise-Seite heisst es, man habe 600 Leads gewonnen, von denen 200 Kunden sehr interessiert seien. Bei 10 Neukunden hat man bereits «abgedrückt» mit Com-B.
Eins ist klar geworden: Sunrise zielt mit dem Angebot auf Vieltelefonierer, etwa mittlere und grössere Handelsunternehmen, Dienstleistungs- und Beratungsfirmen oder mittlere bis grössere internationale Produktionsfirmen. Dass gerade diese Firmen mit einem Minimalanteil von 25% der Mobiltelefoniekosten auskommen, scheint allerdings zweifelhaft.
Sunrise hält entgegen, dass anstelle der ganzen auch ein Teil der TVA finanziert wird, sollte der Kunde nicht auf die geforderten Telefoniekosten kommen. Oder der Kunde telefoniere auch mobil über Sunrise und schaffe so eventuell den geforderten Mindestbetrag. Dies wiederum dürfte nicht so einfach zu bewerkstelligen sein, denn im Business-Bereich unterhalten ca. 90% der Unternehmen langfristige Verträge mit
Swisscom Mobile. (mh)