Über 400 Reseller bewerteten insgesamt 2362 Mal ihre wichtigsten Lieferanten, die Distributoren. Zusammen repräsentieren die notengebenden Reseller etwa einen Umsatz von 300 Millionen Franken bei ihren Distributoren – der ITR-Disti-Award 01 dürfte damit ein realistisches Bild der Qualität in der Branche abgeben.
Der besseren Vergleichbarkeit wegen, wurden die Distributoren in vier Kategorien aufgeteilt: Broadliner / VADs und SW-Distis / Herstellervertretungen / Komponenten-Distis. Die Reseller gaben auf der Online-Datenbank von IT Reseller Noten zwischen 1 (schlechteste) und 10 (beste) zu fünf Qualitätskriterien ab:
Verkauf (Erreichbarkeit, Kompetenz, Informationen, E-Commerce-Fähigkeiten)
Logistik (Angebot, Lieferbarkeit, Termintreue, RMA-Abwicklung, Services)
Preisniveau (Konsequenz, Boni, Finanzierungshilfe, Mindestbestellmenge und -Umsätze)
Technischer Service (Support, Built-to-Order, Ersatzteillieferung, ev. Schulungen)
Handelstreue / Leads (Handelstreue und Leadweitergabe, ev. Marketing)
Broadliner: Also wieder «Best Distributor»
Zum zweiten Mal in Folge errang
Also ABC die Auszeichnung als «Best Distributor», diesmal gar mit grösserem Vorsprung vor Runner-Up Ingram als im letzten Jahr. Ingram wurde aufgrund der konstant guten Leistung mit der Auszeichnung für «Excellent Performance» bedacht. Mit einem Schnitt von 8,3 ist die Benotung von Also ABC bei den Kriterien Verkauf und Logistik (8,6) hervorragend. Bei diesen zwei Punkten haben «Überdistributoren» um Marc Schnyder die Differenz zur Konkurrenz geschafft. Am kritischsten beurteilen die Kunden Also ABC in Bezug auf die Preisgestaltung. Mit einer Note von 6,9 liegt Also hier klar hinter Ingram (7,9 – beste Note in dieser Kategorie),
Tech Data (7,4)
Actebis und COS.
Handelstreue: Der wunde Punkt
Beim Thema Handelstreue drückt der Schuh! Nicht nur bei den Broadlinern verteilten die Reseller Watschen am Laufmeter. Auch Distis der anderen Kategorien zogen die Noten für (fehlende) Handelstreue die Schnitte nach unten. Besonders auffällig ist dies bei den Herstellervertretungen.
Stärken und Schwächen – alle Distributoren
Man kann davon ausgehen, dass es eine Art «Gesamtzufriedenheit» der Reseller mit «den Distributoren» gibt. Eine Grafik, in der die Abweichung vom Mittelwert oder dieser «Gesamtzufriedenheit» bei den einzelnen Kriterien darstellt, lässt Rückschlüsse auf Stärken und Schwächen der Branche zu:
Verkauf und Logistik sind generell eher nicht das Problem – hier haben die Distis in der Vergangenheit wohl auch am meisten investiert. Die Zufriedenheit mit dem Preisniveau entspricht exakt dem Gesamtdurchschnitt. Eindeutig erwarten Reseller aber einen besseren Service und noch viel deutlicher sehen sie Defizite bei den Punkten Handelstreue und Leadgenerierung. In diesem Punkt kann sich
Also ein Distributor eindeutig differenzieren!
Tech Data – Aufsteiger des Jahres
War die ehemalige Computer 2000 im vergangenen Jahr noch auf dem beschämenden letzten Platz rangiert – beschämend deshalb weil C2 weder eine rufschädigende Übernahme oder sonst ein Unglück hinter sich hatte – so hat sich das Image des Rotkreuzer Distis eindeutig verbessert.
Tech Data liegt unterdessen mit einem Notenschnitt von 6,89 auf Rang Drei. Die anderen beiden Broadliner, COS und
Actebis, leiden hingegen immer noch unter den Fusions- und Umzugswirren der vergangenen Monate. Das Statement der Reseller ist klar: «Fusionieren und verkaufen verboten!» Der Gerechtigkeit halber muss aber auch erwähnt werden, dass der Erhebungszeitraum genau in die Fusions- und Umzugsphase von Alltron/COS fiel und dass die Umfrage nicht in französisch durchgeführt wurde,
Also viele Actebis-Kunden nicht teilnahmen.
Qualität macht sich bezahlt
In den weiteren Kategorien konnte keine Auszeichnung «Best Distributor» verliehen werden. Der Grund ist ein rein statistischer: Viele kleinere oder hochspezialisierte Distributoren wie etwa der Thin-Client-Spezialist
Computerworks kamen zwar auf sehr gute Noten, erreichten aber das nötige Quorum der Anzahl Bewertungen nicht. Deshalb verlieh IT Reseller eine Auszeichnung für «Excellent Performance» an Distributoren, die oft bewertet wurden und Notenschnitte oberhalb des Masses aller Dinge,
Also ABC, erreichten.
Weitere Distis verpassten die Auszeichnung nur knapp. Wiederum sehr gute Noten erarbeiteteten sich
Sotec Software und Studerus. Gute Bewertungen erreichten bei den Herstellervertretungen auch
Rein Computer und Dicom.
Erstaunlich ist das hervorragende Abschneiden von
Brack Consulting in der Kategorie Kompontenten-
Distributoren. Obwohl Brack erklärtermassen auch direkt an Endkunden verkauft, scheint dies dem Komponenten-Grosshändler nicht geschadet zu haben. Seine Note für Handelstreue und Leadweitergabe ist mit 7,4 überdurchschnittlich hoch. Unser Fazit: Direktverkauf verärgert Händler vor allem dann, wenn unklar kommuniziert wird. Eine Auszeichnung holte sich mit
Ecomedia ein weiterer «Newcomer» im ITR-Disti-Award. Der letztjährige Gewinner
Rotronic verpasste die Auszeichnung mit einem Schnitt von 7,46 nur äusserst knapp. Unter den Komponentendistis stechen
Microtronica (7,36), Simpex (7,32), Diggelmann EDV (7,28) und
Proditec (7,28) mit guten Noten hervor. Aufsteiger des Jahres ist Karma (34 Bewertungen, 7,15).
Was Reseller kritisieren
Der Disti-Award stellte den teilnehmenden Distis ein zusätzliches freies Feld für Bemerkungen zur
Verfügung. Diese Bemerkungen wurden den Adressaten anonymisiert zur Verfügung gestellt. Häufiges Thema sind die Versandkosten, vor allem auch bei Retouren und Nachlieferungen, für die der Reseller ja nichts kann. Hier ein «Müsterli» aus vielen: «Vom Besteller nicht beeinflussbare Versandkosten (Nachlieferungen) viel zu hoch. Oft Grund, dass elektronisches Bestellsystem nicht genutzt werden kann und Termine tel. angefragt werden müssen, bzw. Artikel werden anderswo beschafft.»
Striktes Kreditmanagement ist für jeden Disti überlebenswichtig, trotzdem nicht besonders beliebt: «Harte Kreditlimite und extremes Mahnwesen», moniert da einer. Ein gutes Online-Bestellsystem war letztes Jahr noch (verzichtbarer?) Luxus, heute ist es ein Must: Bestellsysteme (dabei vor allem die Aktualität der Daten) werden oft gelobt oder kritisiert. Weitere Kritikpunkte sind klassisch: Kompetenz und Freundlichkeit des Verkaufs, Erreichbarkeit, Preisniveau, Sortiments-Umfang und -Verfügbarkeit.
So wurde gewählt
Natürlich liegt in unserer misstrauischen Branche der Verdacht nahe, dass da der eine oder andere Disti «nachgeholfen» haben könnte. Deshalb haben wir eine ganze Reihe von Sicherheits-Checks in die Umfrage zum Disti-Award eingebaut. Alle Bewertungen erfolgten in einer Web-Datenbank von IT Reseller. Distributoren kennen zwar ihre Anzahl von Bewertungen und ihre Noten, nicht aber wer sie bewertet hat.
Ausschliesslich Reseller durften am Disti-Award Benotungen vornehmen. Die Bewertungen wurden deshalb von uns einzeln nach folgenden Kriterien überprüft: Existiert diese Firma?, gibt es die bewertende Person dort?, stimmt die angegebene E-Mail-Adresse? Bei dieser Überprüfung sind etwa 50 von 450 Teilnehmern disqualifiziert worden. Entweder waren es Endkunden oder Phantasie-Firmen oder dann war die Notengebung eindeutig schludrig und es ging dem Notengeber einzig darum, am Wettbewerb teilzunehmen. Interessant übrigens, wieviele Endkunden, zum Beispiel IT-Abteilungen von Produktionsfirmen, einige Distributoren offensichtlich kenntnisreich zu bewerten vermögen!
Auswertung anfordern
Falls Sie als Distributor bewertet wurden, aber nicht an der Verleihung teilnehmen konnten, können Sie die Bewertungsunterlagen bei uns anfordern. Beachten Sie aber bitte, dass wir diese Unterlagen pro Firma nur je einmal versenden. Ein Mail an itreseller@compress.ch genügt.
Die Glücklichen
Zwei von 400 hatten Glück – viel Glück. Sie gewannen je einen Preis der beiden Disti-Award-Sponsoren Compaq und
IBM. Die Preise können sich sehen lassen und zeigen das Engagement der beiden Sponsoren für die Verbesserung der Qualität im Channel. Compaq lädt Stefano Bussaglia von Logicsoft als VIP-Gast zur Expo 02. Auch IBM lässt sich nicht lumpen. Hanspeter Jeuch von HR Informatik wird bis zu 25 Mitarbeitende und/oder Geschäftspartner zur Premiere des Musicals Deep in Zürich einladen. Bewirtung inklusive! (hc)
Hoppler: «Excel statt SAP»
Keynote-Speaker der diesjährigen Disti-Award-Verleihung war der Branchen-Veteran Karl Hoppler, Geschäftsleiter von Bison Schweiz. Wir fassen seine kritischen Bemerkungen an die versammelte Distributoren-Szene zusammen.
Die Fusion von
HP und Compaq hat einen Trend aufgezeigt, der ernsthaft beachtet werden muss: Wenn ein Produkt nicht mehr innovativ ist, benötigt man heute nicht mehr 100 Hersteller, sondern es genügen zwei bis drei. Dieser Trend lässt sich auch auf die Disti-Szene übertragen: «Denken wir diese Entwicklung zu Ende, dann werden sich die 30’000 verschiedenen Produkte, auf die einzelne Distis stolz sind, bald auf wenige einhundert reduzieren. Dann genügt möglicherweise eine Excel-Tabelle anstelle einer millionenteuren SAP-Lösung.» Jede Vereinfachung ist ein Segen, so Hoppler und
Microsoft der lebende Beweis dafür, dass man auch noch mit nur einem Produkt genügend Probleme haben kann.
«Kommt mir nicht in die Quere»
Deutlich wurde Hoppler zum Thema Konkurrenz im Dienstleistungssegment. Wohin die Vernachlässigung der Kernkompetenz führen könne, hat man bei Swissair gesehen. Kernkompetenz der Distributoren ist nun aber die Logistik. O-Ton Karl Hoppler: «Lasst die Finger von meinen Dienstleistungen. Kommt mir nicht in die Quere.»
Zusammengefasst zeichnete Hoppler ein düsteres Bild. Bald keine Produkte mehr und alle wollen Dienstleistung verkaufen. Für Hoppler heisst die Lösung «Clustering». In der Region Sursee hat er vor zwei Jahren die Initiative «Computer Valley» gestartet: Über 30 Firmen realisieren zusammen, jeder mit seiner Kernkompetenz, Auftritte und Projekte. Wieso sollte es
Also nicht möglich sein, Branchencluster aufzubauen? Die Lösung ist nicht, dass jeder alles versucht, sondern man sich gegenseitig ergänzt. Der Disti als Logistiker und Verkäufer, der Hersteller als Technologie-Spezialist und Projektmanager.
«Aufmerksamkeit ist alles»
Hoppler führt weiterhin aus, dass alle Distis die schlechtesten Noten beim wichtigsten Punkt, dem Generieren von Leads, erhielten. Da bestehe grosser Nachholbedarf, so Hoppler: «Wir brauchen Rezepte, um in einer Zeit des Überangebotes von auswechselbaren Computer-Produkten die Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. Die Grundlage der Wettbewerbsfähigkeit verlagert sich immer mehr in Richtung immaterieller Werte wie Gefühle und Phantasien. Wir müssen attraktiv werden und die Menschen in den Bann ziehen. Aufmerksamkeit ist alles. Wir müssen die einzige Wahl sein, die unseren Kunden bleibt.»