Mitte März hat das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) aufgrund des Kriegs in der Ukraine eine offizielle Warnung vor dem Einsatz von Virenschutzsoftware aus dem Hause
Kaspersky ausgesprochen. Es wird empfohlen, die Anwendungen aus dem Portfolio des russischen Herstellers durch alternative Produkte zu ersetzen. Diese Warnung war für gewisse Kaspersky-Distributoren in Deutschland Grund, die Zusammenarbeit zu überdenken oder gar zu beenden, wie «Heise.de» berichtete.
Die Schweizer Kaspersky-Distributoren zeigen sich derweil auf Nachfrage von «Swiss IT Reseller» zurückhaltender. Während es von Seiten Arrow ECS Internet Security heisst, dass man sich zu diesem Thema beziehungsweise der aktuellen Situation mit
Kaspersky nicht äussern dürfe, erklärt man bei
Boll Engineering, dass man Kaspersky nicht aus dem Portfolio nehmen werde. Man halte sich an das Nationale Zentrum für Cybersicherheit (NCSC) beim Bund. «Das NCSC sieht keinen Grund, vor Kaspersky zu warnen», so Thomas Boll, CEO von Boll Engineering. Und er fügt an: «Derzeit gibt es keinen Anlass, an der Integrität der Kaspersky-Software zu zweifeln. Die Software wird in Zürich assembliert. Zudem gewährt Kaspersky eine unabhängige Prüfung der Quellen (Quellcode) durch Spezialisten. Mit seinem Transparenzzentrum macht Kaspersky – übrigens als einziger Player in der Branche – das Möglichste, um den Beweis der Integrität der Software zu erbringen.»
Ähnlich klingt es bei Thali, das hierzulande als Kaspersky-Distributor im Bereich B2C und Retail auftritt. So erklärt CEO Gregor Biland: «Wir haben natürlich intern darüber diskutiert, aber für uns gibt es keine Anzeichen, an der einwandfreien Funktion der Sicherheits-Software von Kaspersky zu zweifeln und darum Kaspersky aus unserem Portfolio zu nehmen. Auf Anfrage teilte das Nationale Zentrum für Cybersicherheit (NCSC) derweil mit, dass ihm bisher kein Missbrauch der Virenschutz-Software Kaspersky in der Schweiz gemeldet worden sei.» Zudem sei Kaspersky ein privat geführtes, globales Cybersicherheitsunternehmen, das Thali mehrfach versichert habe, Verbindungen weder zur russischen noch zu einer anderen Regierung zu haben, so Biland weiter. Und auch er lobt das Engagement von Kaspersky für Integrität und Vertrauenswürdigkeit «durch eine Transparenz, die ihresgleichen in der Branche sucht. Wir und auch unsere Partner haben die Möglichkeit, jederzeit eine kostenlose und umfassende technische Prüfung der angewendeten Lösungen im Kaspersky-Transparenzzentrum in Zürich oder auch remote, also per Fernzugriff, durchzuführen. Das untermauert unser Vertrauen in Kaspersky», betont der Thali-CEO.
Partner vertrauen Kaspersky
Äussert ein Partner oder Endkunde allerdings den Wunsch, auf ein anderes Produkt zu wechseln, so bietet Boll umfassende Unterstützung, etwa durch die Evaluation alternativer Lösungen, durch technische Beratung und – wenn notwendig – mit speziellen Konditionen für das Ersatzprodukt. Entsprechende Anfragen kommen aktuell durchaus vor, so Thomas Boll: «Falls sich ein Channel-Partner für ein anderes Produkt entscheidet, geschieht dies aber hauptsächlich vor dem Hintergrund, dass dessen Endkunde das Produkt wechseln möchte. Die Partner selbst haben in der Regel genügend Vertrauen in die Lösungen von
Kaspersky. Derzeit ist der Rückgang der Bestellungen bescheiden.»
Bei Thali sind von Partnern derweil bislang keine Anfragen eingegangen, Kaspersky durch einen anderen Sicherheitslösungsanbieter zu ersetzen.
Kaspersky als unabhängig erlebt
Kaspersky selbst taxiert die Warnung des BSI als politisch, sie beruhe nicht auf einer technischen Bewertung der Kaspersky-Produkte. Zudem sei man ein privates Unternehmen und habe keine Verbindungen zur russischen Regierung. Auch weist
Kaspersky darauf hin, dass seine Datenverarbeitungsinfrastruktur schon vor geraumer Zeit in die Schweiz verlagert wurde. Doch als wie unabhängig von der russischen Zentrale haben die Schweizer Distributoren Kaspersky hierzulande in den letzten Monaten erlebt? Dazu erklärt Thomas Boll von
Boll Engineering: «Wir erleben Kaspersky schon seit Jahren als ein modernes, internationales Unternehmen mit russischen Wurzeln. Über allfällige Verbindungen der Firma zur Regierung in Moskau haben wir keine Kenntnisse. Es gab nie einen Hinweis, dass die Software nicht in Ordnung wäre oder die Firma andere Ziele als den Kampf gegen die Cyberkriminalität verfolgen würde. Als Partner von Kaspersky arbeiteten wir mit Mitarbeitenden in Deutschland und der Schweiz zusammen. Es bestehen keine direkten Verbindungen nach Russland.» Ins selbe Horn bläst auch Biland von Thali: «Wir haben Kaspersky immer als unabhängig erlebt. Der Name hat uns vielleicht manchmal an Russland denken lassen, mehr aber auch nicht. Unser Kontaktpunkt mit Kaspersky sind unsere festen, lokalen Ansprechpartner in Ingolstadt, und mit diesen arbeiten wir zusammen. Unsere Zusammenarbeit ist – wie alles bei Kaspersky – auf Augenhöhe und von Vertrauen und höchster Transparenz geprägt.»
(abr)