Lancom hat Tessin und Romandie im Visier
Quelle: Lancom

Lancom hat Tessin und Romandie im Visier

Lancom Schweiz will den hiesigen Markt ausbauen und potenzielle neue Partner ­eruieren. Bei diesen will das Unternehmen unter anderem damit punkten, dass es ein europäischer Hersteller ist, wie der neue Schweizer Country Manager Andrej Massaro im Gespräch mit "Swiss IT Reseller" erklärt.
1. Juni 2023

     

Im November 2022 hat der deutsche Netzwerkausrüster Lancom Systems Andrej Massaro zum neuen Country Manager für die Schweiz berufen ("Swiss IT Reseller" berichtete). Im Gespräch mit «Swiss IT Reseller» blickt er auf die ersten Monate an der Spitze von Lancom Schweiz zurück und verrät seine Pläne mit dem Unternehmen und wie er diese zusammen mit den Partnern umsetzen will.

"Swiss IT Reseller": Seit Herbst 2022 amten Sie als Country Manager Switzerland bei Lancom Systems. Wieso haben Sie sich dafür entschieden, diese Position anzutreten?
Andrej Massaro:
Einer der Hauptgründe war, dass mich Lancom ein bisschen an meinen Anfang 2007 bei Astaro erinnert hat. Astaro war damals, wie Lancom heute, eine deutsche Firma in privater Hand. Ich finde es sehr sympathisch, wenn der erste Gedanke einer Firma ist, was die Kunden und Partner und nicht was die Share­holder wollen. Denn so wird viel mehr auf die Bedürfnisse der Kundschaft eingegangen. Ein weiterer Grund war, dass sich Lancom, das ursprünglich aus dem Netzwerkbereich kommt, immer mehr auch in Richtung Security bewegt. Denn meiner Meinung nach wachsen Netzwerk und ­Security zusammen und es kann hier nur Lösungen geben, die Hand in Hand gehen. Eine gute ­Security-Lösung nützt nichts, wenn das Netzwerk schwach ist und umgekehrt.


Wenn man Ihren Lebenslauf anschaut, hatten Sie in den letzten Jahren nach vielen Jahren bei Astaro und dann bei Sophos einige Arbeitgeber: Sind Sie jetzt angekommen?
Ich fühle mich wohl bei Lancom, weil das Unternehmen langfristig mit dem Ausbau des Schweizer Marktes plant. Das war für mich mitunter eine Bedingung für eine gute Zusammenarbeit.

Jetzt sind Sie seit rund einem halben Jahr in dieser Position. Was ist passiert in den ersten Monaten? Wie sieht Ihr Zwischenfazit aus?
Wir haben trotz Mitbewerbern ein grosses Potenzial im Schweizer Markt. Denn wir sind als einziger grosser europäischer Hersteller für Kunden und Partner eine gute Alternative zu den asiatisch und amerikanisch dominierten Mitbewerbern. Ich habe in den letzten Monaten festgestellt, dass die Türen aufgehen, wenn wir unsere Alleinstellungsmerkmale aufzeigen. Als europäischer Hersteller kennen wir uns mit DSGVO und dem neuen Datenschutzgesetz revDSG hierzulande aus – Themen, die bei Endkunden und Partnern noch sehr unberührt sind, spätestens aber im September sehr aktuell werden. So entstehen viele Gespräche, was sehr erfreulich ist, denn das sind ja alles potenzielle Partner, die bislang nicht untätig waren im Netzwerkbereich. Sie haben bereits Partnerschaften mit anderen Herstellern im Netzwerk- und Security-Bereich und haben nicht darauf ­gewartet, dass ich vorbeikomme und Lancom ­vorstelle.
Und was haben Sie noch festgestellt in den ersten Monaten?
Dass wir den hiesigen Markt gut noch ausbauen können, denn Lancom hat etwa in der italienischen und französischen Schweiz noch nicht viel gemacht und war bislang doch sehr deutschlastig. Es ist kein Geheimnis, dass wir den grössten Teil unseres Umsatzes in unserem Heimmarkt Deutschland machen. Aber wir wollen international expandieren. Und da wir auch in Länder wie Frankreich expandieren wollen, ist es natürlich naheliegend, dass wir auch in der Romandie aktiver werden. Und schliesslich habe ich festgestellt, dass digitale Souveränität nicht nur ein reines Schlagwort ist. Bund und Kantone haben erkannt, auch in Anbetracht von revDSG im September, dass die Schweiz mehr Unabhängigkeit von internationalen IT-Konzernen braucht, vor allem, wenn sie aus dem asiatischen und amerikanischen Raum kommen.

Wie wollen Sie denn den Westschweizer Markt konkret angehen, um dessen Potenzial auszuschöpfen?
Das Vorgehen ist, potenzielle Partner zu eruieren, die für uns in Frage kommen würden und diese dann anzugehen. Den grössten Teil meiner Tätigkeit machen momentan sicher Partnertermine aus, um ihnen Lancom vorzustellen. Und ich stelle fest – egal ob in der Deutschschweiz oder der Romandie –, dass die möglichen Partner Lancom oftmals nicht auf dem Schirm hatten. Aber wenn ich ihnen dann unsere Alleinstellungsmerkmale und Stärken präsentiere, dann kommt positives Feedback und wir gewinnen ihre Aufmerksamkeit.


Konnten Sie schon erste Partner in der Romandie gewinnen?
Einen Partner aus der Westschweiz haben wir bereits definitiv gewonnen, mit vielen weiteren laufen die Gespräche. Die italienischen Partner werden dann in einem weiteren Schritt angegangen. Aber auch in der Deutschschweiz müssen wir das Partnernetz ausbauen und die Partner, die wir haben, anschauen und allenfalls wiederbeleben. Unsere Strategie ist es, bestehende und neue Partner mit viel Potenzial aufzubauen. Dabei ist mir bei der Partneransprache wichtig zu betonen, dass uns in erster Linie das Commitment der Partner wichtig ist, auch wenn wir ein Partnerprogramm, Zertifizierungen und Umsatzabstufungen haben wie jeder Hersteller.
Mit welchen weiteren Argumenten wollen Sie potenzielle neue Partner von sich überzeugen?
Was uns in die Karten gespielt hat und noch immer spielt, ist, dass unsere Mitbewerber noch sehr lange Lieferfristen haben. Unternehmen kamen auf uns zu und fragten uns, ob wir aushelfen können, weil ihre angestammten Hersteller nicht liefern konnten. Und ja, das können wir und konnten wir auch in den letzten Monaten immer. Das hat uns sicher geholfen, Projekte zu gewinnen bei Partnern, die ­üblicherweise nicht mit uns zusammengearbeitet haben. Und hier möchte ich ansetzen. Denn was ich nicht will, ist einfach einmal bei einem Partner auszuhelfen. Vielmehr gilt es nun, ihn zu ­fragen, wo wir ihm sonst noch helfen können. Ein weiterer Pluspunkt für uns ist unser Support. Zehn Prozent der Belegschaft ist im Support tätig und dies in Deutschland und nicht irgendwo in Fernost. Wir produzieren teilweise auch bei uns zuhause in Deutschland und haben eigene Betriebssysteme zu den Lösungen, womit wir eine reelle Backdoor-frei-Garantie geben können. Andere Hersteller erzählen das auch, aber es ist halt schwierig, wenn ein Linux dahintersteckt, das man nicht unter Kontrolle hat. Darum machen wir uns die Mühe eigener Betriebssysteme. Das sind alles Sachen, die wir viel prominenter platzieren müssen.

Und wieso hatten Sie im Gegensatz zu anderen Herstellern keine Lieferprobleme?
Unsere Produktion ist zu einem guten Teil in Deutschland, es wird aber nicht alles dort produziert. Aber wir haben den Vorteil, dass wir seit 2018 zum Elektronikhersteller Rohde & Schwarz gehören, so dass wir so an Chips gekommen sind. Und dadurch, dass wir vorwiegend lokal produzieren, können wir sehr schnell reagieren, wenn mal etwas fehlt oder wenn Lösungen in speziellen Umgebungen gefragt sind.


Netzwerk und Security nähern sich immer mehr an, wie Sie anfangs erwähnt haben. Was bedeutet diese Entwicklung für die Partner?
Der Schweizer Partner suchen heute Lösungen, die einfach zu implementieren und managen sind. Denn die Themen werden immer komplexer, die Zeit wird immer weniger und das technische Personal ist Mangelware. Viele Partner haben gemerkt, dass sie nicht einfach schnell nach Davos fahren können, um einen Access Point zu installieren und dafür einen ganzen Tag aufwenden müssen.
Sie haben den Mangel an technischem Personal angesprochen: Wie sieht es bei Lancom selbst aus, wie gross ist Ihr Schweizer Team?
Wir sind in der Schweiz drei Leute. Philipp Reichstein, der den Schweizer Markt bislang aus Deutschland heraus betreut hat, ist in unserem Team geblieben, was für mich sehr wichtig ist, weil er auch die Kontakte zu den bestehenden Partnern hat und unsere Verbindung zum Hauptsitz ist. Er betreut die bestehenden Partner und mein Fokus liegt auf neuen Partnerschaften. Und im Presales-Bereich ist Thomas Beer unser technisches Backup für die Schweiz.

Ist ein Ausbau des hiesigen Teams geplant?
Wir haben das Schweizer Team erst gerade von einer Person auf drei vergrössert. Das war eine wichtige Message und ein grosses Commitment zum hiesigen Markt. Ein weiterer Ausbau ist sicher geplant, aber nicht gerade jetzt. Im Aussendienst werden wir mit der Zeit sicher eine zusätzliche Person brauchen. Mit drei Personen vor Ort haben wir aktuell aber sicher das Potenzial, den Markt auszubauen.


Wo steht Lancom Schweiz in einem Jahr unter Ihrer Führung?
Lancom hat dann sicherlich einen höheren ­Bekanntheitsgrad in der hiesigen Partnerlandschaft. Mein Ziel ist es, dass Partner, trotz bestehender Partnerschaft mit einem anderen Hersteller, mit ihren Projekten und speziellen Anforderungen an Umgebungen an uns gelangen. Dabei geht es nicht darum, die anderen Hersteller zu bekämpfen, sondern darum, uns hervorzuheben aus der ganzen Masse. Und da haben wir noch einiges zu tun.
Und mit welchen konkreten Massnahmen wollen Sie dieses Ziel erreichen, abgesehen von den Gesprächen mit potenziellen Partnern?
Wir werden im Marketing sicher noch einiges unternehmen. Zudem haben wir Endkunden und Partner befragt, was sie über uns denken. Dabei hat sich – wenig überraschend – herauskristallisiert, dass die Schweiz wirklich sehr partnerlastig ist. Die befragten Endkunden haben zu 70 Prozent auf ihren Partner des Vertrauens verwiesen. Und wenn dieser sagt, er braucht Lancom für ein Projekt, dann ziehen die Kunden mit. Das typische Schweizer KMU hat einen bis zwei Partner des Vertrauens und lässt sich von diesen leiten. Ergo ist unser Klientel wirklich die Partner, an die wir uns wenden und die wir überzeugen müssen.


Wie gross ist die Partnerbasis von Lancom Schweiz aktuell?
Wir haben heute 20 bis 30 aktive Partner. Diese Zahl soll klar steigen, aber nicht auf 300. Vielmehr müssen es die richtigen Partner sein, bei denen wir das Commitment spüren. Während andere Hersteller in erster Linie Zertifizierungen und Umsätze sehen wollen, geht es bei uns primär um gegenseitiges Vertrauen. Bevor er mir irgendwelche Umsatzzahlen zeigt oder sagt, dass er fünf Leute ausbilden will, ist mir wichtiger, sein Commitment zu spüren. Ich will hören, wo er mit uns Chancen für sich sieht und welche Werte er vertritt. Das ist für mich relevant. Wir wollen nicht einer von zehn Herstellern bei einem Partner sein, der nur darauf wartet, dass wir ihm Leads bringen. Denn dann ist es für uns nicht der richtige Partner. (abr)


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