Die kürzlich zu Ende gegangene «3GSM World» in Cannes hat sich zum Schnittpunkt zwischen der Welten der IT-Hersteller und derjenigen der Anbieter von Mobiltelefonen und -Diensten entwickelt. Neben viel heisser Luft und wahren Ankündigungsschlachten lassen sich interessante Tendenzen feststellen.
Microsoft – vor wenigen Jahren von der Konkurrenz im Sektor der PDA-Betriebssysteme noch verlacht – macht Ernst. Nachdem sich der Durchbruch mit «Stinger», einem OS für Handys, dass auf «Pocket-PC» aufbaut, nicht so recht einstellen wollte, unternimmt Redmond nun einen zweiten Anlauf. Gezielt werden Handy-Hersteller der zweiten Liga und die Carrier angesprochen.
Neben
HP und Compaq, die PDAs angekündigt haben, die telefonieren können, sind auch
Samsung und
Mitsubishi auf den Microsoft-Zug aufgesprungen. Ausserdem sollen Tests mit grossen Carriern wie Telefonica,
Orange, Vodafone und T-Mobil anlaufen. Hardwareseitig ist der alte Microsoft-Verbündete
Intel mit dabei. Zusammen mit Texas Instruments will die mächtige Allianz ein Referenz-Design für die Verschmelzung von Handy und Computer entwickeln.
Nokia schon unter Druck
Der weltweit grösste und profitabelste Handy-Hersteller
Nokia steht auf der anderen Seite des Grabens. Nur wenige Stunden nach der MS-Ankündigung der neuen Allianzen verkündete Nokia eigene Standardisierungspläne. Wiederum zusammen mit Texas Instruments will Nokia eine Referenzplattform für Smartphones der nächsten und übernächsten Generation entwickeln. Als Betriebssystem ist natürlich Symbian vorgesehen, jenes OS, das zusammen mit Psion und weiteren Handy-Herstellern entwickelt wird. Erste Resultate der Allianz will Nokia bereits im dritten Quartal dieses Jahres zeigen.
Auch bei der Carrier-Infrastruktur stehen sich Nokia und
Microsoft gegenüber. Microsoft spricht von einem künftigen «drahtlosen Ökosystem» - natürlich auf MS-Technologie aufgebaut. Nokia seinerseits will eine offene, IP-basierte Architektur für die Carrier-Infrastruktur entwickeln.
Doch Nokia spürt bereits den Druck aus Redmond. Analysten schätzen, dass offene Standards für Handys und Infrastruktur Nokia zu einem Hersteller von billigen, margenschwachen Geräten degradieren könnte. Und da wäre dann ja die Konkurrenz durch HP/Compaq & Co.
Und Palm?
Der grosse Abwesende in den Berichten zur Canner Messe ist
Palm. Der einstmals absolute PDA-Dominator scheint ein gefährliches Spiel zu betreiben. Man wartet ab, ob sich der Markt für telefonierende PDAs entwickelt und bietet derweilen Bluetooth-Erweiterungen, mittels dererder PDA mit dem Handy kommunizieren kann. Vorsichtig wird Handspring vorgeschickt. Handspring wird in wenigen Wochen auch in der Schweiz einen PDA mit Palm-OS lancieren, der telefonieren kann.
Orange wird das Gerät vermarkten. (hc)
Wann kommt der Dell-PDA?
Bis heute ist Dell der grosse Abwesende im Markt für Westentaschen-Computer. Dies scheint auch noch eine gewisse Zeit so zu bleiben. In einem Interview mit der «Financial Times» sagte Michael
Dell: «PDAs sind Accessoires zum PC.» Doch er fügte an: «Mit UMTS gibt es sicher ein sehr grosses Potential. Wir entwickeln und forschen in diesem Feld und wenn es einen Massenmarkt gibt, wird man auch Produkte von Dell sehen. Es ist für uns keine technische Frage, sondern die Frage ob es einen Massenmarkt gibt oder nicht.»