Optimismus im VoIP-Channel

Die Antworten auf eine kleine Channel-Umfrage bei auf VoIP spezialisierten Systemintegratoren stimmen optimistisch. Alle Befragten haben bereits mehrere Projekte begonnen oder gar ganz abgeschlossen. Und es herrscht übereinstimmend die Meinung, das VoIP-Business werde bald richtig anziehen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/12

     

IT Reseller hat sich bei einer Auswahl von Unternehmen, die sich VoIP auf die Fahne geschrieben haben, umgehört. Im Gegensatz zu früheren Umfragen, wo zwar Enthusiasmus, aber kaum realisierte Projekte auszumachen waren, scheinen die Verantwortlichen nun wirklich ein Anziehen des Geschäfts zu beobachten.
Dies hängt einerseits damit zusammen, dass die Produkte reifer geworden sind. Andererseits profitiert nun der Channel davon, endlich erfolgreiche Projekte vorzeigen zu können. Heute sind die Kunden sogar bereit, dazu zu stehen, VoIP einzusetzen. Dem war nicht immer so — war doch vor zwei, drei Jahren kaum der Name eines VoIP-Kunden in Erfahrung zu bringen. Man rechnet heute mit einem deutlichen Anziehen des Booms noch dieses oder spätestens nächstes Jahr.

Schritt für Schritt

«Bei uns ist der Durchbruch passiert!», sagt gar Bernd Betschmann, Director Sales und Marketing bei Getronics. Der grösste Schweizer Cisco-Reseller hat in den letzten zwei Jahren 35 VoIP-Installationen mit insgesamt 3000 Anschlüssen realisiert. Darunter fallen Projekte wie das SBB-Callcenter, Ciba Vision (IP-Telefonie und Callcenter) und kantonale Verwaltungen.
Peter Schärli, Sales Manager VoIP bei Bison Systems, gehört zu den wenigen, die bereits ganze Unternehmen über IP telefonieren lassen. Bison realisierte ihr grösstes Projekt bei der RMF Investmentgroup auf der «grünen Wiese».
Die Züricher Webcall kann in den letzten sechs Monaten ganze neun Installationen vorweisen, so etwa für Ringier, Publicitas oder Gategourmet. Und auch Geschäftsführer Othmar Frey kann davon berichten, ein ganzes Unternehmen auf VoIP umgerüstet zu haben: «Es ist uns gelungen, ein Unternehmen über zwei Standorte innert drei Tagen komplett mit IP- Telefonie auszurüsten.
Begünstigt hat hier sicher die Situation, dass an einem Standort auf der ‹grünen Wiese› begonnen werden konnte und es sich um ein innovatives Unternehmen handelt.» Sowohl Bison wie Webcall vertreiben die Lösung «E-Phone» der Zürcher Mediastreams.com, welche die auf Microsoft gestützte «Telefonzentrale zum Herunterladen» entwickelt hat.
Schärli und Frey gehören mit solchen Projekten aber sicher zu den Ausnahmen. Grundsätzlich sind sich die Befragten einig, dass sich IP-Telefonie Schritt für Schritt, oder wie Frey sich ausdrückt, sanft einführt: «Der Migrationsprozess startet mit einem ausgewählten kommunikationsintensiven Anwenderkreis wie Telefonverkauf, Support und Einkauf.
Der Rollout über sämtliche geeigneten Officearbeitsplätze wird in der Regel durch die IT-Verantwortlichen bestimmt und steht im Zusammenhang mit der regulären Office-Software-Wartung.» Die Bandbreite von Anschlüssen (User) pro Installation ist bei allen Befragten dementsprechend breit und reicht von zehn bis einige hundert.

Vorteile und Potenzial

Wir haben auch die Frage gestellt, wo das grösste Potenzial für VoIP besteht respektive wo die Vorteile gegenüber der herkömmlichen Telefonie liegen. Eigentlich ist man sich auch hier einig: Geringe Telefonie-Gebühren sind kein Thema, dafür umso mehr die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten. Peter Schärli (Bison): «Für die von uns eingesetzte Lösung E-Phone liegt das grösste Potenzial in der normalen Office-Umgebung, also an Büro-Arbeitsplätzen.» Frey von Webcall bringt es auf den Punkt: «Das grösste Potential liegt bei Unternehmen, welche ein hohes Bedürfnis an Kommunikation haben und alle Medien auf eine Oberfläche (z.B. Outlook) zusammenführen wollen, um somit Prozesskosten einzusparen.
Plötzlich wird realisiert, dass die Telefonie nicht durch Verkabelungen bestimmt wird, sondern sich als Service im Netzwerk dem Anwender zur Verfügung stellt.» Einen interessanten Aspekt bringt Iwan Gramatikoff, Gruppenleiter Product Management bei T-Systems Multilink ein: «Man kann verschiedene Callcenter vernetzen, was über ein traditionelles Netzwerk schwer realisierbar ist.»
Er nennt noch einen weiteren interessanten Aspekt, der in Zukunft Realität werden dürfte: Zentralisierte IP-Telefonzentralen, ähnlich einem ausgelagerten Webserver, sollen künftig kleinen Unternehmen Features ermöglichen, die sie sich selbst nicht leisten könnten.
Bernd Betschmann (Getronics), sieht auch das Potenzial dort, wo man mit Zusatzapplikationen einen Mehrwert schaffen kann und fasst zusammen: «Die eigene Kreativität ist die Grenze der Daten- und Voice-Konvergenz.» (mh)


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