Für unseren Assemblierer-Fokus wollte IT Reseller etwas «Real-Life»-Marktforschung betreiben. Statt an die Assemblierer direkt, wendeten wir uns dafür dieses Mal an einige Distributoren, da wir glauben, dass Distis, die auch im Komponenten-Business tätig sind, durch ihren täglichen Kontakt mit den Kunden einen guten Überblick über die Assemblierer-Szene haben.
Marktanteile gewonnen
Genau wie die an unserem Roundtable vertretenen Assemblierer selbst, glauben auch die Distis, dass die Assemblierer in den letzten Monaten den A-Brands Marktanteile wegnehmen konnten. Nicht ganz einig war man sich aber, wo dies geschah. Während fast alle einen Vormarsch der Assemblierer im Consumerbereich bestätigten, teilten sich die Meinungen über den Unternehmensbereich ungefähr halb und halb.
Auch bei der Frage, wie sich ihr Komponentenbusiness mit Assemblierern in den letzten zwei Quartalen entwickelt hat, gaben die Distis keine einheitlichen Antworten. Während einige keine Veränderung sahen, zeichnete sich aus den Antworten der anderen tendenziell eine Verbesserung im ersten Quartal und dann wieder eine Stagnation im zweiten Quartal ab.
Positive Zukunft
Einig war man sich dann wieder, dass die meisten Assemblierer unter den Kunden recht zuversichtlich in die Zukunft blicken und mit einer weiteren Steigerung in den nächsten Monaten rechnen – und auch die Distis selber teilen alle diese Einschätzung im Grossen und Ganzen.
Patrick Matzinger, CEO von SMG meinte zum Beispiel: «Wir gehen von einer recht starken Erholung, vor allem im Consumerbereich für das 4. Quartal aus, rechnen jedoch mit einem eher durchzogenen ersten Halbjahr 2003, wobei dann der Unternehmensbereich nachhaltig anziehen sollte.»
Martin Schönemann, Product Manager bei Ingram, glaubt, dass neue Produkte Marktanreize liefern werden: «Seit Mitte Juni ist ein deutlicher Aufwärtstrend zu verzeichnen, der sich bereits im Festplattenbereich in einer starken Allokation auswirkt. Dies führt zu deutlich höheren Preisen. Auch wird es im Q4 seit langer Zeit wieder einige technische Neuerungen geben: zum Beispiel serial-ATA (Seagate) und U320-Controller (Adaptec). Zudem wird
Intel neue Produkte lancieren: den P4 2.6 und 2.8GHz. Auch die nächste Preisrunde von Intel wird neue Anreize schaffen.»
Und auch Roland
Brack, Chef von Brack Consulting, wo man ja auch selbst assembliert, ist zuversichtlich: «Sobald sich die Wirtschaftslage erholt hat, wird die Nachfrage entsprechend steigen. Wir erwarten keinen Mega-Boom. Aber wir sehen der Zukunft optimistisch entgegen.»
Schwund gibt es trotzdem
Alles nur rosa sehen die Distis allerdings nicht. Einige weisen darauf hin, dass die Assemblierer, auch wenn sie im Vergleich mit den A-Brands eher etwas besser abzuschneiden scheinen, eben doch auch die Folgen der allgemeinen Wirtschaftslage spüren. In der ganzen IT-Branche findet weiterhin eine Bereinigung statt, unter Distis, VARs, Händlern usw., und auch die Assemblierer werden nicht gegen Crashes immun sein.
Gekürzte Kredite
Ein allgemeines Problem der Branche, das eben auch manchen Assemblierer trifft, scheinen zum Beispiel im Zuge der IT-Krise gekürzte Kreditlinien zu sein, sei es von Kreditversicherern oder von Lieferanten. Martin Schönemann dazu: «Es war ein allgemeines Problem in ersten Quartal, hervorgerufen durch die Vorfälle am 11. September. In Q2 waren die Kreditlinien wieder erhöht.»
Auch Patrick Matzinger sieht die Situation: «Dies dürfte ein allgemeines Problem der Branche sein, welches sich wahrscheinlich durch die schlechte Businesslage und die schlechten Ergebnisse der Technologiewelt eher noch verschlechtert hat.»
Roland
Brack allerdings kann dieser Entwicklung auch positive Seiten abgewinnen: «Wir sehen die Situation nicht dramatisch. Viel mehr sind wir heute wieder auf einen vernünftigen Weg gekommen. Vor ein paar Jahren noch hat fast jeder jeden Kredit erhalten, was entsprechend ausgenutzt worden ist.»
Ratschläge
Und was raten die Distis den hiesigen Assemblierern, damit sie weiter an den Marktanteilen der Grossen knabbern können? Eigentlich werden immer wieder Qualitäten genannt, die Assemblierer sowieso auszeichnen sollten: Kundenspezifische Lösungen, wie individuelle Gehäuse oder Grafikkarten, sowie Flexibilität und schnellere Reaktionen auf die Marktbedürfnisse, als sie die grossen Hersteller erbringen können. (hjm)