Der US-Hersteller von Business-Software J.D. Edwards ist hierzulande vor allem als Spezialist für Software-Lösungen für das Management von Lieferketten (Supply Chain Management – SCM) bekannt. Dies soll sich nun ändern.
Der Konzern will die Schweizer Niederlassung mit mehr Kompetenzen und einem Managing Director stärken und mehr und besser kommunizieren. Deshalb wird J.D. Edwards dieses Jahr auch wieder auf der Orbit/Comdex auftreten, obwohl man sich in anderen Ländern von generellen IT-Messen zurückgezogen hat, wie uns Fady Sfeir, Director of Strategic Initiatives und interimistischer Chef der Schweizer Niederlassung, sagte.Auf der Orbit wird der hierzulande wohl unterschätzte Software-Hersteller vor allem den neuen Release des Software-Paketes (J.D. Edwards 5) zeigen.
Neues Schlagwort: C-Commerce
J.D. Edwards 5 soll den Kunden die nahtlose Verknüpfung von Geschäftsprozessen entlang der Wertschöpfungskette – vom Rohstofflieferanten bis zum Verbraucher – erlauben. Durch die Trennung der Anwendungsebene von der technologischen Ebene lassen sich veränderte Geschäftsprozesse leicht abbilden, verspricht der Hersteller. C-Commerce – Collaborative Commerce eben.
Die Nachfolgeversion von «OneWorld» umfasst eine ganze Reihe von Modulen: ERP (u.a. Finanz, Lager, Asset Management, Beschaffung, PPS), SCM, CRM, Supplier Relationship Management (u.a. Nachfrageplanung, Produktions- und Distributionsplanung, Lager- und Transportverwaltung), Collaboration & Integration (u.a. EDI, XML), BI (Auswertungen) und ein Set von Entwicklungswerkzeugen. Noch sind nicht alle Module verfügbar. Gemäss Sfeir sollen in den nächsten 24 Monaten eine ganze Reihe von Funktionalitäten hinzukommen. (hc)
«Multinationale Player werden wichtiger»
Im Vorfeld der Orbit/Comdex unterhielten wir uns mit Fady Sfeir (Bild), der zur Zeit interimistisch die Schweizer Niederlassung führt.
IT Reseller: Verglichen mit
Microsoft, Oracle und vor allem SAP ist J.D. Edwards relativ klein. Ist Ihre Firma gross genug, um im Markt langfristig bestehen zu können?
Fady Sfeir: Sicher sind die drei erwähnten Firmen sehr mächtig. Trotzdem sind wir bei Kunden, die ein gut integrierbares Produkt mit niedriger TCO (Total Cost of Ownership) wollen, in einer guten Position. Immerhin haben wir 2001 einen Umsatz von 874 Millionen Dollar generiert und 100 Mio. in Forschung und Entwicklung investiert.
ITR: Die Palette von J.D. Edwards ist sehr breit. Ich frage mich, ob Ihre Firma überall die kritische Masse aufbringt, um wirklich die beste Lösung bieten zu können.
FS: Diese Frage stellt sich doch für jeden Hersteller. Die kritische Masse ist eine Frage der Effizienz. Weil unsere Software durchgehend auf Komponenten basiert, können wir schneller entwickeln und Komponenten leichter integrieren. Analysten sagen, unsere Software verursache beim Kunden geringere Kosten, sei flexibler und lasse sich leichter integrieren als beispielsweise
Oracle.
ITR: Bis jetzt haben wir J.D. Edwards eher als SCM-Spezialisten wahrgenommen. Woher kommt dieses falsche Bild im Markt?
FS: Wir waren nicht eben als gute Kommunikatoren bekannt... Wir hatten vor etwa drei Jahren eine Lücke im Bereich SCM und deshalb die Firma Numetrix übernommen. Damals haben wir sehr viel über SCM gesprochen.
Die Strategie, die Schweiz von Deutschland aus zu leiten, war falsch. Deshalb haben wir hier einen tieferen Marktanteil als in anderen europäischen Ländern. Zuerst geht es uns nun darum, unseren Marktanteil in der Schweiz auszuweiten. Wir wollen besser kommunizeren, die Schweizer Organisation aufbauen, mehr Marketing betreiben.
ITR: In der Schweiz gibt es neben den globalen Partnern wie
IBM oder Deloitte nur wenig lokale Partner. Wird sich dies ändern?
FS: Unsere Strategie war es immer, nur mit einer beschränkten Zahl von Partnern zusammenzuarbeiten. Wir fordern eine hohe Dienstleistungsqualität bei der Einführung unserer Software. Einen Channel für eine bessere Marktdurchdringung brauchen wir jetzt nicht. Mittelgrosse Unternehmen wollen sowieso direkt mit dem Hersteller reden. Deshalb haben wir heute keine Pläne, in der Schweiz den Channel auszubauen. Nächstes Jahr, wenn wir in der Schweiz besser entwickelt sind, ist das vielleicht ein Thema.
ITR: In anderen Ländern propagiert Ihre Firma das Konzept ASP. In der Schweiz nicht. Warum?
FS: ASP ist nicht unsere erste Priorität. Der Markt ist im Bereich der Business-Applikationen noch nicht reif. Es gibt zwar Anfragen für ASP-Dienste, die enden aber am Schluss in einem Outsourcing-Projekt. Aber unsere Technologie ist grundsätzlich ASP-fähig. Wenn der Markt reif ist, sind wir dabei.
ITR: Wir glauben, dass es lokale Player im Markt für Business-Software in Zukunft schwerer haben werden. Ihre Einschätzung?
FS: Wir gehen davon aus, dass es zu einer grossen Konsolidierungswelle unter den ERP-Herstellern kommen wird. Lokale Anbieter haben nicht die Kapazitäten, um die Kunden in einer globalisierten Wirtschaft zu unterstützen. Schon heuten treffen wir beim Kunden selten auf lokale Player, sondern auf
SAP, Oracle oder auch Intentia (Movex).
Lokale Hersteller bedienen heute eher Nischenmärkte und werden Probleme bekommen, sobald wir auch in diese Märkte vorstossen. (Interview: hc)