Licensing 6.0: Grosskunden zurückhaltend

Vor etwa einem Jahr prophezeiten wir, Microsoft werde das Lizenzmodell 6.0 nicht durchsetzen können. Wir haben uns geirrt. Licensing 6.0 ist seit 40 Tagen in Kraft.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/15

     

«Microsoft hat dazugelernt. Die Übergangsfrist für die Einführung von Licensing 6.0 wurde zweimal verlängert (bis 31.7.02 – die Red.) und Microsoft zeigt sich in Detailverhandlungen kulant. Sie sind vom hohen Ross gestiegen», sagt mit Hugo Eppenberger vom «Large Account Reseller» (LAR) CC Data-Disc einer, der es wissen muss.
Alexander Stüger, der Chef von Microsoft Schweiz spricht von einer «zähen Anlaufphase». «Am Anfang gab es sehr viel Verunsicherung und die Information der Kunden brauchte viel Zeit», so Stüger.
Doch wie viele Grosskunden (ab ca. 500 Arbeitsplätze) sind wirklich auf das neue Lizenzmodell und insbesondere auf die «Software Assurance» (siehe Kasten) eingestiegen? Gemäss Stüger konnte Microsoft seit Januar 127 neue Verträge mit Grosskunden abschliessen. Davon hätten sich etwa 30% für die «Software-Versicherung» entschieden. Für Eppenberger dürften es eher weniger sein, er schätzt die Zahl etwa auf einen Fünftel.
Die anderen haben sich für «Upgrade Advantage» entschieden – ein befristetes Programm, bei dem Software-Upgrades während einer bestimmten Periode möglich sind. Auch für «Upgrade Advantage» müssen Grosskunden im Voraus bezahlen, haben dafür den Vorteil Roll-Outs langfristig zu fest kalkulierten Kosten planen zu können. Eppenberger: «‘Upgrade Advantage’ war für die Kunden eine vorteilhafte Option. Wenn Microsoft allerdings in den nächsten zwei Jahren die Preise massiv senken sollte, sieht es anders aus.»

Keine Grosskunden abgesprungen

Stüger und Eppenberger sagen beide übereinstimmend, dass in der Schweiz – im Gegensatz zu gewissen markigen Aussagen im Vorfeld – keine Grosskunden aufgrund der neuen Lizenzierungsvorschriften abgesprungen seien. Ob das allerdings so bleibt, ist reichlich ungewiss. Immerhin scheint man da und dort, vor allem im Umfeld von Behörden und Institutionen, Alternativen zu MS-Software intensiv zu prüfen. So setzt die Stadt Solothurn Client-seitig Staroffice von Sun ein. Der Kanton könnte nachziehen, heisst es.

Nach dem Boom die Dürre?

Gemäss Eppenberger liefen die Geschäfte im Vorfeld des ominösen Stichtages sehr gut. «Wir konnten einige Neukunden gewinnen», so Eppenberger. Vor allem der Umstand, dass viele Firmen vor dem Stichdatum ihre Lizenzenlandschaft «aufräumten» und bisher «illegal» eingesetzte Software nun bezahlen, scheint geholfen zu haben.
Diese Umsätze werden manchen MS-Resellern in der zweiten Jahreshälfte fehlen, da Grosskunden wegen «Upgrade Advantage» ihre zukünftigen Upgrades bereits tätigten.
Ausserdem drängt mit Bison seit der Übernahme durch den paneuropäischen Lizenzhandelsspezialisten PC-Ware ein neuer LAR auf den Markt. Eine Konkurrenz, die Eppenberger ernst nimmt. CC Data-Disc reagiert auf eigene Art: Zusammen mit der Mutterfirma ARP expandierte CC Data-Disc nach Österreich. Der Schritt nach Deutschland ist geplant. (hc)

Licensing 6.0

Seit 31.7.02 gelten für Microsoft-Software neue Lizenbestimmungen. Besonders umstritten war die Einführung der sogenannten «Software Assurance» (SA). Grosskunden erwerben sich mit SA das Recht auf künftige Updates, neue Versionen oder gar neue Produkte einer SW-Familie, bezahlen dafür allerdings so etwas wie eine «Versicherungsprämie» im Voraus. Im Vorfeld der Einführung von Licensing 6.0 wurde kritisiert, das Modell sei eine versteckte Preiserhöhung von bis zu 100%.
Ausserdem schliesst Microsoft erstmals direkte Verträge mit Grosskunden ab. Diese müssen sich für einen LAR (Large Account Reseller) entscheiden, der mit einer «Sales-Fee» beteiligt wird und die Services in Lizenzfragen erbringt.


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