Wird die Braut geschmückt?

Obtree hat von seinen Investoren eine neue Finanzspritze von 5 Millionen erhalten. Durch Entlassungen und Sparmassnahmen soll so weit als möglich die Eigenständigkeit erhalten bleiben. Ein Verkauf sieht CEO Frank Boller (Bild) allerdings als «realistische Alternative».

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/18

     

Die Basler Software-Schmiede Obtree Technologies hat ihre Eigenständigkeit zumindest kurzfristig gesichert: Obtree erhält von den (nach wie vor ungenannt bleiben wollenden) Investoren weitere fünf Mio. Franken Zuschuss, nachdem dem Unternehmen erst im Februar 18 Millionen eingespritzt worden waren.
Zwar hält CEO Frank Boller daran fest, bis Ende Jahr den Turnaround zu schaffen, doch allein mit weiterem Geld ist dies nicht mehr zu schaffen, weil einerseits auch im nächsten Jahr nicht mit einer Erholung im Content Management-Markt gerechnet werden kann, und andererseits Obtree nicht nur die Personalkosten, sondern vor allem die horrend hohe Miete von über 3,5 Mio. Franken im Jahr im Basler Peter-Merian-Haus belasten.

Sparen und nochmals sparen

Boller bestätigte denn auch gegenüber IT Reseller, dass man mit Novartis als Nachmieter in Verhandlungen sei: «Ob wir nun alles weitervermieten oder nur einen Teil, wissen wir noch nicht. Am liebsten würde ich aber ganz raus.» Damit wäre Boller schon mal einen happigen Posten los, denn drei Millionen Franken Einsparungen wären durchaus realistisch.
Um aber tatsächlich Ende Jahr Cash-Flow-positiv zu sein, braucht es mehr. So wurde an der Verwaltungsratssitzung vom letzten Montag beschlossen, bis zu 25 Arbeitsplätze abzubauen. Von den 115 Angestellten wird Obtree also nach den Entlassungen noch rund 90 beschäftigen.
Boller präzisiert gegenüber IT Reseller: «Es geht uns nicht darum, Leute loszuwerden. Aber wir müssen die Kosten senken. Deshalb haben wir die Mitarbeiter dazu aufgerufen, eigene Vorschläge einzubringen. Schliesslich wissen sie am besten, wo noch gespart werden kann. Je mehr wir anderswo sparen können, desto weniger Leute müssen wir entlassen.» Ende Monat soll klar sein, wieviele Mitarbeiter tatsächlich den blauen Brief erhalten werden.

Eigenständigkeit oder Verkauf?

Die letzte Woche versandte Pressemitteilung warf hinsichtlich der Zukunft ein verwirrendes Bild auf. So hiess es einerseits, es sei beschlossene Sache, dass «die langfristige Absicherung der Eigenständigkeit oberstes Ziel» bleibe. Andererseits schloss die Mitteilung mit der Bemerkung, die beschlossenen Massnahmen würden «... umgesetzt, da sie Voraussetzung bei einer Übernahme sind».
Darauf angesprochen, präzisiert Boller das etwas unglücklich formulierte Communiqué. Man sähe, so Boller, verschiedene Möglichkeiten für die Zukunft. Da er aber fürs nächste Jahr von einem Null-Wachstum ausgehe, müsse man jetzt Voraussetzungen schaffen, um zum richtigen Zeitpunkt die richtige Option wählen zu können. Boller: «Wir reduzieren unsere Kosten so weit, dass wir im 2003 Cash-Flow-positiv sind. Wenn wir tatsächlich verkaufen müssen, will ich sagen können, wann und an wen.»
Klar wurde auch, dass zurzeit Angebote geprüft werden. Aber: «Ein Verkauf ist eine realistische Alternative, aber keine beschlossene Strategie.» Wie auch immer, ein möglicher Käufer müsste sicher über ein weitverteiltes Channelnetz verfügen. Denkbar wäre ein weltweit tätiger Consulter oder Hersteller. (mh)


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