Information Lifecycle Management unter der Lupe

Was hinter dem neuen Trend steckt, der von vielen Storage-Herstellern als die neue Strategie propagiert wird.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/18

     

Die Grundidee hinter dem Schlagwort «Information Lifecycle Management» (ILM), dass Informationen mit einer definierten Lebenszeit qualifiziert werden, um so die Datenflut einzudämmen, ist eigentlich nichts Neues. Im Mainframebereich ist das schon länger alltäglich. In der offenen Welt ist das gleiche leider mit einigen Herausforderungen verbunden.
Die Diversität der Plattformen, Applikationen und Datenbanken macht die Aufgaben auch nicht einfacher. Was aber wird heute in der neuen Verpackung «Information Lifecycle Management» geliefert? Eigentlich sind es zum Teil schon länger am Markt etablierte, punktuelle Lösungen für spezielle Applikationen resp. Daten wie zum Beispiel für Mail- und Fileserver.
Nimmt man diese Lösungen unter die Lupe, kann man zum Schluss kommen, dass das Problem mit dem Informations-Lebenszyklus damit nur teilweise gelöst und die Datenflut eigentlich nur verschoben wird. Das stimmt zum Teil und bei einer genauen Betrachtung fehlen heute tatsächlich wesentliche Teile für eine «perfekte» Lösung.

Das Problem des Löschens

Der Lebenszyklus einer Information ist kein Kreis, sondern eher eine Gerade: Er hat einen Anfang und ein Ende. Das Ende aber, respektive das qualifizierte Löschen der Informationen, ist heute kaum realisierbar. Betrachten wir als Beispiel den E-Mail-Bereich. Informationen, welche via E-Mail an einige Benutzer gelangen, werden unterschiedlich abgelegt.
Jeder einzelne hat eine individuelle Art der Organisation und Datenablage. Man kann davon ausgehen, dass Informationen mindestens sechs Mal im internen Netzwerk vorhanden sind, wenn fünf Benutzer die gleiche E-Mail erhalten. Dabei werden die Informationen auch entsprechend unterschiedlich via Backup gesichert, via HSM (Hierarchical Storage Management) ausgelagert oder aber anderweitig archiviert.
Das echte Problem besteht nun darin, dieselbe Information qualifiziert an sämtlichen Stellen zu löschen. Dieses Vorhaben ist schon von vornherein praktisch zum Scheitern verurteilt. Das liegt vor allem daran, dass die meisten Anbieter dieser Lösungen einzelne Produkte für die einzelnen Informationsarten (Office-Dokumente, Datenbanken, E-Mails) anbieten.
Diese einzelnen Lösungen teilen keine gemeinsame Meta-Information. Das heisst, dass eine E-Mail Lösung evtl. einen eigenen Index führt, aber absolut nicht mit der File-Archivierung oder der HSM-Lösung kommuniziert. Das bedeutet letztendlich, dass keine übergreifende Suchfunktionalität vorhanden ist.

Warum überhaupt Informationen archivieren?

Die Archivierung von Daten macht aber auf jeden Fall Sinn und es ist sicher auch eine Disziplin, um welche längerfristig keiner herum kommt. Es gibt zwei Hauptgründe, weshalb umgehend damit begonnen werden sollte:

1. Skalierbarkeit

Ein Unternehmen ist in der Situation, dass der Platzbedarf auf einem seiner Server an die Grenzen stösst und ein Ausbau ansteht. Genau zu diesem Zeitpunkt ist eine Return-On-Investment-Rechnung machbar und wird eine Archivierungslösung finanziell und mittelfristig interessant machen.
Dabei sollte man miteinbeziehen, dass bei einem «einfachen» Ausbau der Diskkapazität nach zwei bis drei Monaten vermutlich auch der Ausbau der Datensicherungslösung ansteht, damit die Servicelevels noch eingehalten werden können. Zudem wird auch die Lebensdauer des Servers selber durch die erhöhte Belastung verkürzt.

2. Rechtliche Aspekte

Wie schon im letzten IT-Reseller berichtet («E-Mail und Recht: Vorsicht Fallen», Seite 62) besteht die Pflicht, geschäftsrelevante Informationen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen aufzubewahren. Gerade in E-Mails sind solche geschäftsrelevanten Informationen enthalten, seien dies Bestellungen, Angebote oder andere Informationen, welche evtl. zu einem späteren Zeitpunkt wieder benötigt werden.
Bei der heutigen E-Mail-Flut ist an einen Prozess mit Ausdrucken und Ablegen der entsprechenden Informationen kaum mehr zu denken. Dabei ist auch zu beachten, dass ein solcher Prozess wohl kaum eine lückenlose Aufzeichnung gewährleistet. Ein weiterer Vorteil der Archivierung von Daten ist die Möglichkeit der entsprechenden Indexierung, die einen schnellen und effizienten Zugriff auf die Daten ermöglicht.

Der Autor


Stephan Schneider ist Geschäftsführer des auf Storage und Backup spezialisierten Unternehmens Proact-IT, Baden-Dättwil.


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