Der lange Marsch (nach Basel II)

Die Schweizer Business-Softwarehersteller haben sich schon mit dem Thema Basel II auseinandergesetzt. Einige schreiten bereits zur Tat, andere sind erst dabei, Massnahmen zu ergreifen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/19

     

Auch wenn vieles bei den neuen Kreditvergaberichtlinien nach Basel II noch ungewiss ist, sind am Schweizer Software-Himmel bereits deutliche Zeichen auszumachen. Die Hersteller sind dabei, die ersten Vorkehrungen für die neue Ära zu treffen.
Bereits heute lässt sich sagen, dass die Ratings, mit denen die Banken die Kreditwürdigkeit der Firmen beurteilen, noch bedeutender werden. Nicht zu unterschätzen ist, dass beim Rating neben den messbaren Faktoren, sprich den Kennzahlen, mit Basel II die Bedeutung von weichen qualitativen Faktoren zunehmen wird.
Man darf gespannt sein, nach welchen Kriterien künftig etwa die Qualität des Managements oder der Buchführung beurteilt wird. Es wird sich also für die Firmen gleich zweifach auszahlen, wenn sie ihre doppelte Buchhaltung im Griff haben. Zum einen, weil sie sich auf ihre eigenen Zahlen verlassen können und zum anderen, weil sie mit einer guten Buchhaltung bei den Banken zusätzlich punkten können.

Bereits erledigt

«Sowohl Microsoft-Axapta als auch Microsoft-Navision decken bereits heute standardmässig die Ansprüche und Anforderungen von Basel II ab», wähnt sich Adrian Krummenacher von Microsoft Business Solutions in Sicherheit. Trotzdem bleibt das Thema für Microsoft aktuell.
Es gilt, Kunden und Partner über die Basel II-Anforderungen auf dem neuesten Stand zu halten.
Ähnliches ist aus Krohnbühl-St. Gallen zu hören: «Wir erwarten keine zusätzlichen Anforderungen, die nicht schon heute durch den Leistungsumfang unserer Software erfüllt werden könnten», nimmt Abacus-Marketingchef Thomas Köberl Stellung. Seit der Version 2001, die Mitte 2001 erschien, biete die Abacus FiBu-Lösung eine Funktion für die Erstellung eines integrierten Anhangs, über den erläuternde Angaben zu Kennzahlen gemacht werden können.
Abacus bietet Kunden und Vertriebspartnern zudem Weiterbildungskurse in Sachen Reporting an.
Auch ERP-Hersteller Axis ist bereits fit für die neuen Ansprüche: «Da wir eine prozessorientierte, prozessautomatisierte und moderne Financelösung, sind wir eigentlich seit spätestens Oktober 2002 in allen Bereichen Basel II-tauglich», führt Francis Gigandet von Axis & Partner aus.
Ebenfalls bereits gerüstet für die neuen Rating-Prozeduren ist Sage. Seit vergangenem Sommer ist die Business-Software Office Line mit entsprechenden Vorlagen versehen, damit Firmen die Basel II-Rating-Prozeduren umsetzen können. Sage Sesam betreibt zudem Aufklärung bei Kunden und Partnern und hat in Zusammenarbeit mit der Consulting-Firma Rödl & Partner Informationsmaterial zusammengestellt.

Ziel 2004

Noch nicht soweit ist SAP mit seiner KMU-Business-Software. Erst Ende nächsten Jahres soll Business One auf Basel II getrimmt sein. Diese Version 8.0 von SAP Business One wird dann über eine XBRL-Schnittstelle (Extensible Business Reporting Language) die Finanzdaten in eine Reporting-Software exportieren können. Zudem soll ein Reporting-Tool gleich auch in die Business One-Software integriert werden. «Partner und Endkunden werden rechtzeitig über die notwendigen Anforderungen informiert und entsprechend begleitet, damit Ihre Systeme Basel II-tauglich sind», versichert SAP auf Anfrage.
Auch bei Ramco Systems will man erst im nächsten Jahr in Richtung Basel II marschieren. «Wir werden 2004 unsere Lösung schrittweise gemäss den definitiven Richtlinien der Bank für internationalen Zahlungsausgleich anpassen», erläutert Marketing-Leiter Lars Frutig die Strategie des Softwarehauses Ramco Systems. Dabei werde die Business Intelligence-Anwendung Ramco Business Decision so modifiziert, dass die Daten «bankengerecht» aufgearbeitet werden können.

Pragmatische Sichtweise

«Die eigentlichen Auswertungen realisieren wir erst, wenn die Anforderungen der Banken an die KMU in konkreten Richtlinien festgelegt sind», meldet sich Ralph Stucki Geschäftsführer vom Europa3000-Hersteller Rotron Software zu Wort. Die notwendigen Daten für die Kennzahlen und Ratings erfasst Europa3000 seit 1998.
Dem eigenen Namen gerecht, wird Pragmatica mit einem ebenfalls pragmatischen Ansatz. Gefragt, wann die Software an die Basel II-Richtlinien angepasst werde, antwortet Geschäftsführer Josef Mercurio: «Sobald wir vom Markt und unseren Kunden die dafür notwendige Erwartungshaltung spüren.» Wann dieser Impuls kommen wird, sei schwierig vorauszusehen, «voraussichtlich jedoch noch nicht im nächsten Jahr», so Mercurio.
Bei Basel II seien letztlich Kreditgeber wie Banken und grössere Lieferanten (etwa Bezugslimiten bei Distributoren) sowie Versicherer die treibende Kraft für die Einführung von Basel II-Ratings bei KMU. Bevor jedoch nicht klar sei, auf welcher Ebene und auf welche Art diese Unternehmen die Firmen-Ratings durchführen wollen und die Grunddaten für ihre Ratings angeliefert erhalten möchten, sei es schwer, die Auswirkungen auf die Business-Software-Systeme in KMU abzuschätzen, führt der Pragmatica-Mann weiter aus.

Produktankündigungen auf dem Vormarsch

Basel II könnte ein Treiber für künftige Investitionen in Business-Software werden, wie dies bei der Umstellung auf die Mehrwertsteuer, die Einführung des Euro oder beim Jahrtausendwechsel der Fall war, rechnet Mercurio vor.
Die Hersteller werden sich also bald schon mit Basel II-Produktankündigungen gegenseitig übertreffen werden. Einen Vorgeschmack hat beispielsweise Wilken mit seinem Basel II-Manager geboten, der zur Cebit vorgestellt wurde. Er soll auf «Knopfdruck» die erforderlichen Planungsmodule und Kennzahlen generieren. Ebenfalls auf «Knopfdruck» soll der Basel II-Navigator von Team Brendel einen «visualisierten Überblick über die aktuelle Unternehmenssituation» liefern. Fortsetzung folgt. (map)


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