Novells Geschäft ist das Server-based Computing. Bekannt ist das Unternehmen in erster Linie für das Server-Betriebssystem Netware. Es gab eine Zeit, da dominierte Netware unbestritten. Von daher verfügt
Novell noch immer über eine sehr loyale Kundschaft. In den letzten Jahren jedoch drängte auch
Microsoft zunehmend in diesen Markt. Vor der geballten Marketingmacht der Redmonder begann Novell auf Linux auszuweichen.
Mit dem Erwerb von Suse bekräftigt Novell jetzt die Ausrichtung auf das Open- Source-System. Die Transaktion in Wert von 210 Mio. Dollar soll aber nicht, wie mancherorts vermutet, die immer wieder einmal aufflammenden Machtkämpfe um die PCs neu beleben.
Novell-Chef Jack Messma beteuert: «Dass Suse auch eine Linux-Desktop-Version anbietet, bedeutet noch nicht, dass wir es mit Microsoft auf dem Desktop aufnehmen wollen.» Im Zentrum der Novell-Bemühungen stehen die Unternehmen und die Bedienung verteilter Arbeitsplätze vom Server aus.
Teil der Community
Analysten bewerteten diese Novell-Strategie weitgehend positiv. Adrian Humbel (Bild), langjähriger Chef von
Novell Schweiz, bevor er in die Europa-Etage aufstieg, will am Gartner ITxpo-Symposium in Cannes praktisch nur zustimmende Reaktionen gehört haben.
Etwas zurückhaltender äusserte sich Illuminata-Analyst Gordon Haff gegenüber der Financial Times: «Alles hängt jetzt von Novells Fähigkeit ab, die Akquisition erfolgreich durchzuführen und seine finanziellen Ressourcen und sein weltweites Vertriebsnetz richtig für Suse einzusetzen.»
Die Linux-Gemeinde, vor allem in Deutschland, reagierte teilweise dennoch etwas schockiert, als Novell Vice Chairman Chris Stone ausführte, der Kauf von Suse sei für Novell ein Schritt auf dem Weg zum führenden Linux-Anbieter und lauthals verkündete: «Wir wollen zum grössten Anbieter von Linux-Services werden.»
Suse-Konkurrent Red Hats Kommentar war verhalten: Man denke, Suse und Novell seien angesichts von Novells Linux-Strategie sicher keine schlechte Kombination. Man hoffe nur, dass Suse weiterhin reine Open- Source-Lösungen anbiete.
Demgegenüber betont Humbel: «Wir sind bei Open Source voll dabei. Novell versteht sich als Teil der Linux-Community.»
Komplettlösung
Der Linux-Markt wird mit der Übernahme in der Tat um einen starken Mitspieler reicher. Mit der Software-Verteilungstechnologie Red Carpet von Ximian, den Nterprise Services Netzwerkdiensten für Linux und der gesamten Suse-Distribution hat
Novell jetzt eine Komplettlösung im Angebot, die vom Server bis zum Desktop alle Linux-Einsatzbereiche im Unternehmen abdeckt.
Zudem soll Netware in der kommenden Version 7 neben dem klassischen Netware-Kernel auch einen Linux-Kernel bekommen. Novell-Chef Messman selbstsicher: «Kein anderer Linux-Anbieter verfügt über so viel Betriebssystem-Erfahrungen und Support-Kapazitäten wie wir.» Das betont auch Humbel und folgert daraus: «Der Deal bedeutet eine klassische Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Novell verfügt über weltweite Kanäle, und mit Service und Support sind wir seit 20 Jahren im Geschäft.» Damit werde Linux noch professioneller.
Das komme der gesamten Gemeinde zugute. Präzisierend fügt er bei: «Suse ist in Europa, im deutschen Sprachraum, die Nummer Eins. Unsere Präsenz vor Ort wird Suse Linux nun auch einen besseren Zugang zum Software-Markt der USA ermöglichen.»
Unterstützung bekommt Novell von
IBM. Der im Linux-Markt ebenfalls sehr aktive IT-Riese will 50 Mio. Dollar in Form von wandelbaren Vorzugsaktien in Novell investieren. Ausserdem verhandeln die beiden Unternehmen über eine Ausweitung der Verträge zwischen IBM und Suse zur Unterstützung der eServer-Serie und von Middleware-Produkten durch Suse-Betriebssysteme. Die Vereinbarungen sollen mit dem Abschluss der Suse-Übernahme – voraussichtlich Ende Januar, nach der Genehmigung durch die Novell-Aktionäre – in Kraft treten.
Die Industrie lobt den Deal
Während die Linux-Community eher skeptisch auf die Suse-Übernahme reagierte und befürchtet, von den Industrie-Interessen überrollt zu werden, begrüssen die Grossen der Branche den Deal. «Potentielle Linux-Kunden suchen heute verlässliche, langfristig positionierte Partner», meint der bei
HP für Linux zuständige Martin Fink. Das könne ein etabliertes Haus wie
Novell bieten.
Oracle liess verlauten, mit Novell werde Suse Linux auf dem Markt stärker.
Computer Associates nannte die Akquistiton «eine ausgezeichnete Sache für die gesamte Industrie». Selbst
Microsoft war für ein – wenn auch eher zwiespältiges – Lob zu haben: Der Kauf zeige, die Wichtigkeit der Geschäftspraktiken, wie sie bei proprietärer Software üblich seien, nämlich weltweit koordinierte Releases und Produkte, die von einer gemeinsamen Basis ausgehen.
Erst so könne Linux zu einem geschäftlichen Erfolg werden. «Die Novell-Suse-Ankündigung ist von grosser Wichtigkeit für die Konsolidierung und Kommerzialisierung von Linux», meinte Martin Taylor, der für die Plattfomstratgie von Microsoft zuständig ist, in einem Statement. (fis)
Das bringt Suse in die Hochzeit mit Novell ein
Suse Linux Enterprise Server liefert für verschiedene Prozessorarchitekturen Werkzeuge für Server- und Securitydienste.
Suse Linux Standard Server richtet sich an kleinere Organisationen und Abteilungen, die ihren Internetzugang wie auch E-Mail, Druck- und Dateidienste unter Linux auf x86-Standard-Hardware realisieren wollen.
Suse Linux Desktop, basiert auf KDE-Technologie, ist für den Einsatz in Grossunternehmen, Behörden und Unternehmen mit vernetzten Standorten konzipiert.
Suse Linux Openexchange Server bietet einen E-Mail- und Webserver sowie Groupware-, Collaboration- und Messaging-Werkzeuge.