Augenwischereien beim ADSL-Angebot

Mit Kleinstanpassungen erhöht die Swisscom die ADSL-Abdeckung. Die grössten Missstände bei den Business-Angeboten werden jedoch nicht behoben.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/20

     

Am letzten Wochenende hat die Swisscom ihr überarbeitetes Wholesale-Angebot für die ADSL-Breitband-Provider lanciert. Offiziell ankündigen will das Unternehmen die Neuerungen aber erst Anfang Dezember. Gemäss Informationen, die IT Reseller vorliegen, gibt es ein paar Anpassungen, die für mehr Kundenzufriedenheit sorgen werden. Der grösste Missstand bleibt aber unverändert (siehe Kasten).
Verbessert wird zum Beispiel das Service Level Aggreement (SLA). Bis anhin gab die Swisscom lediglich das Versprechen ab, 90% der Vorfälle innerhalb von acht Stunden zu bewältigen. Neu soll es nicht mehr bei blossen Versprechen bleiben.
Wenn die Reaktionszeit nicht eingehalten werden kann, erhält der ISP die Monatsgebühr pro betroffenem Kunden zurückerstattet. Dabei wird aber nur die Bürozeit eingerechnet, die von 8 bis 19 Uhr dauert. Ist ein Problem beispielsweise um 16 Uhr aufgetreten und erst am darauffolgenden Tag um 10 Uhr gelöst, wird dies als Dauer von fünf Stunden gezählt.

Ausbau der Abdeckung

Mit dem überarbeiteten ADSL-Angebot für die Geschäftskunden wird die Swisscom zudem einen leichten Geländegewinn bei der Abdeckung verbuchen können. Sie nutzt dabei aus, dass die ADSL-Signale über analoge Verbindungen zwischen Endkunde und Telefonzentrale eine etwas grössere Reichweite haben als jene über ISDN.
Bei einem Zugang mit einer Leistung von netto 300/50 kbps (Download/Upload) soll der Unterschied 700 Meter betragen – 5800 (analog) statt 5100 Meter (ISDN). Mit diesen neuen Distanzregelungen kann die Zahl der potentiellen Kunden erhöht werden. Um welchen Faktor ist jedoch nicht transparent.

Neue Anbindung

Bis anhin stellte die Swisscom den ADSL-Providern zwei Varianten für die Anbindung (Basic und Premium) des eigenen Backbones an das Swisscom-Netz. Die Basic-Anbindung bleibt unverändert, während die Premium- zur Premium-Plus-Lösung aufgewertet wird.
Das «Plus» führt zu einem neuen Verrechnungsmodell. Der Provider bezahlt nur noch die effektiv genutzte Bandbreite, hat keine Kapazitätslimiten, ist über Glasfaser angebunden und erhält vor allem auch eine redundant ausgelegte Verbindung.
Jene Provider, die weiterhin nur über den Basic-Service angebunden sind, müssen nun befürchten, dass sie beim Qualitätsvergleich mit den Premium-Plus-Providern ins Hintertreffen geraten. Vor allem, wenn es zu Belastungsspitzen kommt, wird dies bei ADSL-Anbietern mit hoch kalkulierter Überbuchung auf Basic-Anbindungen spürbar werden – ein Kundenexodus könnte sich einstellen und damit müsste sich die Swisscom letzten Endes aktive ADSL-Provider-Sterbehilfe vorwerfen lassen.

Neue Bandbreiten

Andere Novitäten wurden vorläufig auf die lange Bank geschoben. Etwa die neuen VPN-Services (IT Reseller berichtete in der Ausgabe 16/2003): Sie sollen erst im April 2004 an den Start gehen. Auch die neuen Bandbreiten für Business-Kunden mit Nettoleistungen von 300/300, 600/500, 1200/500 sowie 2400/500 kbps (Download/Upload) sollen erst im Winter nächsten Jahres aufgeschaltet werden.
Voraussichtlich in der zweiten Dezemberwoche wird die Umstellung für die ADSL-Kunden nachvollziehbar sein. Dann wird der Nummerncheck angepasst, der darüber informiert, ob ADSL auf einem bestimmten Telefonanschluss verfügbar ist. Jene, die mittels der neuen Distanzregelung bei den analogen Verbindung neuerdings trotzdem für einen ADSL-Anschluss in Frage kommen, werden sich freuen. (map)

Swisscom vertuscht geringere ADSL-Kapazitäten

Die volle Leistung von 512 kbps beim Upload über eine Business-ADSL-Verbindung kann nur genutzt werden, wenn man sich in einem Abstand von maximal 1300 Meter zum nächsten Swisscom-Unterverteiler befindet. Im Bereich von 1300 bis 2600 Meter sinkt die Leistung teilweise massiv auf 350 kbps (280 kbps netto) und damit rund 30% weniger.
Auf diese Einschränkung macht die Swisscom zwar aufmerksam beim Nummerncheck, ohne jedoch genau zu beziffern, um wie viel die Leistung abnimmt und obwohl dies genau berechnet werden könnte. Lapidar heisst es: «Aufgrund der physikalischen Eigenschaften der Telefonleitung (z.B. Leitungslänge zur Telefonzentrale) kann die mit * markierte Bandbreite nicht voll ausgenutzt werden.» Swisscom-intern heissen diese minderen Qualitäten «Hilfs-Profile».
Fairerweise müsste die Swisscom für die mindere Leistung auch eine tiefere Gebühr verlangen. Das ist aber nicht der Fall: «Die Hilfs-Profile werden zum gleichen Preis wie die Haupt-Profile angeboten», nimmt Swisscom-Sprecher Sepp Huber Stellung.


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