Das Auslagern von IT-Aufgaben in Billiglohnländer (Offshore-Outsourcing) beispielsweise nach Osteuropa oder Asien liegt voll im Trend. Galt Offshore-Outsourcing bisher vornehmlich als Domäne von Grossunternehmen, wächst auch unter kleinen und mittleren Unternehmen die Bereitschaft zur Auslagerung von IT-Dienstleistungen ins ferne Ausland.
Laut einer Studie der Beratungsfirma Skilldeal und einer Umfrage des deutschen Wirtschaftsmagazins CIO, können sich mehr als drei Viertel der deutschen KMU ein Offshore-Outsourcing vorstellen, jeder sechste der 231 befragten IT-Verantwortlichen plant, IT-Aufgaben ins billige Ausland zu verlagern.
52 Prozent der Befragten gaben an, dass Outsourcing Teil der IT-Strategie ist. 15 Prozent der CIOs schreiben Offshore-Outsourcing mittlerweile explizit in ihre IT-Strategie, sofern sie denn eine haben.
Einsparungen überschätzt
Wurde bisher in früheren Studien teilweise grossspurig von einem Sparpotential von bis zu 40 Prozent und mehr ausgegangen, hat man diese Zahlen mittlerweile gewaltig relativiert. «Wer behauptet, dass man mit Offshore-Outsourcing 50 Prozent sparen könne, der lügt», zitiert «CIO» einen Teilnehmer der deutschen Umfrage.
Auch die Auguren der Meta Group sehen in zu hohen Erwartungen hinsichtlich Sparpotential das grösste Risiko beim Outsourcing in Billiglohnländer: Wer den Kostenvergleich zwischen herkömmlichen und der Offshore-Lösung nur auf der Basis reiner Personalkosten anstelle, werde enttäuscht.
Ein Entwickler aus Indien oder Osteuropa sei vielleicht 40 Prozent billiger, rechne man aber erhöhte Kosten beispielsweise für Reisen und Kommunikation mit ein, komme man zumindest in den ersten ein bis zwei Jahren höchstens auf 15 bis 25 Prozent Kosteneinsparungen, rechnen die Marktforscher vor.
Nicht zu vernachlässigen sind Vorlaufzeiten und dadurch anstehende Kosten, die für Vertragsverhandlungen oder den Umbau der bisherigen Unternehmensorganisation draufgehen. In der Praxis seien allenfalls ab dem dritten Jahr Einsparungen bis zu 40 Prozent möglich, so die Marktforscher der Meta Group. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Unternehmen ihre Prozesse an Offshore-Modelle angepasst haben.
Ein weiteres Risiko von Outsourcing in Billiglohnländer bestehe zudem in Kommunikationsschwierigkeiten.
Outsourcen ja, aber wohin?
So stellt sich schliesslich auch die Frage, wohin auslagern? Nach Indien oder doch lieber Osteuropa? Laut der Meta-Group-Studie vom letzten Jahr sollen rund 80 Prozent aller Offshore-Aufträge nach Indien gehen. Gemäss Gartner sogar 90 Prozent. Auch die Umfrage des Schweizer IT-Research-Unternehmens Soreon vom November 2003 (IT Reseller Nr. 19 berichtete) ergab, dass Indien in der Gunst der Unternehmen vor osteuropäischen Staaten liegt.
Die aktuelle «CIO»-Umfrage kommt nun allerdings zu ganz anderen Ergebnissen: Da hatten immerhin 51 Prozent der auf diese Frage antwortenden IT-Verantwortlichen mit Offshore-Erfahrung bereits in osteuropäische Länder ausgelagert. Interessant ist auch, dass diese Teilnehmer überwiegend zufrieden mit ihren osteuropäischen Partnern waren, zufriedener als die anderen Umfrageteilnehmer mit ihren indischen Dienstleistern.
Vor dem Hintergrund möglicher Kommunikationsschwierigkeiten wird beispielsweise russischen Outsourcern attestiert, komplexe Probleme selbstständig zu übernehmen. Indische Anbieter hingegen, so die Studie, würden sich oft auf die Lösung klar definierter Teilaufgaben beschränken. (sk)
Die Top-10-Risiken für Offshore-Outsourcing
Erwartungen für Kostenreduktion
Datensicherheit/-schutz
Prozessdisziplin (Capability Maturity Modell)
Verlust des Business Know-hows
Delivery-Fähigkeit des Anbieters
Änderung des Scopes
Behördliche Aufsicht/Vorschrift
Kulturelle Differenzen
Fluktuation von Schlüsselpersonal (Kompetenzträger)
Zeit und Aufwand für Knowledge Transfer
Quelle: Meta Group/2003