Compaq: Das meint der Handel

Ende Jahr liess Compaq eine Bombe platzen: die Marge auf Hardware (PCs und Intel-Server) wird abgeschafft und durch eine «Sales-Fee» ersetzt. «IT Reseller» hat über 30 Schweizer Compaq-Händler befragt, was sie davon halten und Compaq gebeten, dazu Stellung zu beziehen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2000/01

     

Jubel über das neue Sales-Modell von Compaq kommt im Schweizer Channel nicht auf. Mehr als die Hälfte der befragten Händler überlegt sich zu einer anderen A- oder zu einer B-Brand zu wechseln.
Vertreter grösserer Compaq-Händler reagierten gelassener. Ekkehard Reich von Teleprint bezweifelt, ob der Einstieg von Compaq in den Direktverkauf die erwarteten Resultat bringt. Reich: «Auch Dell sucht immer mehr Händler, um das Geschäft abzurunden. Die verkaufen nicht soviel über Internet, wie sie behaupten. Verkaufen muss man ‘nose-to-nose’ oder über Inserate. Ein Einkäufer will möglichst wenig zu tun haben und dabei müssen wir ihm auf die Sprünge helfen.»

Simultan-Kleeb: «Wir werden zum ASP!»

Andreas Kleeb, der seine Firma letzten Herbst in die Simultan-Gruppe einbrachte, ist vom Compaq-Sales-Modell nicht überrascht. Kleeb: «Wir bedauern die Entwicklung, wir trauern aber nicht den alten Zeiten nach. Der Schritt von Compaq liegt im Trend. Die Karten werden neu gemischt. Als Unternehmer hätte ich natürlich gerne mehr Marge. Aber die Entwicklung war abzusehen und wir haben uns als Simultan-Gruppe darauf eingestellt. Wir werden in Zukunft kein Reseller und auch kein reiner Software-Entwickler mehr sein. Die Simultan-Gruppe wird komplette Lösungen anbieten.»
Andreas Kleeb stellt sich allerdings die Frage, ob sich Compaq in der Schweiz nicht selbst ein Bein stellt. Kleeb: «Compaq hat in der Schweiz ein hervorragendes Netz von Business-Partnern. Das neue Business-Modell von Compaq mag in anderen Ländern den Marktanteil erhöhen, für die Schweiz bezweifle ich das.»
Die Simultan-Gruppe wird sich völlig neu strukturieren und den Markt mit Komplett-Angeboten bearbeiten. Kleeb: «Wenn wir ein reiner Infrastruktur-Lieferant wären, müssten wir uns jetzt schnellstens etwas überlegen. Simultan-Kleeb wird sich als ASP (Application Service Provider) im Markt positionieren. Wir bauen ein Hosting-Angebot auf. Die ersten Reaktionen vom Markt sind positiv.»

MTF-Gruppe: Erhöhung des Service-Anteils

Auch die MTF-Gruppe befindet sich im Umbau. Wo Simultan den Markt über «Business-Units» angeht, positioniert sich die MTF-Gruppe im Markt durch die geografische Nähe zu den Kunden. Neu wird die MTF-Flotte aber durch eine Holding-Struktur zentralisiert. Die einzelnen Firmen der Gruppe sollen besser kommunizieren und gemeinsame Ressourcen nutzen. Seit Anfang Jahr wird die Gruppe von Daniel Ferru geleitet. Hubert May hat sich in den Verwaltungsrat zurückgezogen.
Ferru zu den Konsequenzen des Compaq-Sales-Modells: «Es gab viel Nervosität um das Modell. Wir haben dann halt die Compaq-Leute zu uns geholt, und uns das Ganze erklären lassen. Die Kunden werden nun probieren, bei Compaq direkt zu bestellen. Deshalb werden wir unsere Dienstleistung besser erklären müssen. Unser Verkauf wird sich anzupassen haben. Das Problem ist, dass wir gewisse Dienstleistungen nicht einzeln auflisten können. Wo der Kunde den Mehrwert nicht sieht, wird er uns auch keine Marge mehr erlauben.»
Doch Ferru kann dem Modell für MTF auch positive Seiten abgewinnen. Ferru: «Compaq wird mit dem aggressiven Pricing und dem Direktverkauf neue Märkte gewinnen. Das gibt auch uns die Chance für neues Business, denn das Direktgeschäft wird ein bescheidener Anteil am Ganzen einnehmen. Und Compaq signalisiert klar, dass sie auf starke Reseller fokussieren wollen. Auch das spricht wieder für uns.»

Fazit: Service-orientierte Reseller haben keine Angst...

Einige der Befragten gewichten den Schritt von Compaq positiv und geben sich zuversichtlich für die Zukunft. Stellvertretend die Reaktion von Franz Heeb (Heeb EDV Beratung, Au): «Ich sehe eigentlich keine negativen Auswirkungen, da wir uns schon lange auf diese Vertriebsart eingestellt haben. Der Hardwaremarkt ist margenmässig so im Keller, dass man als Fachgeschäft eigentlich besser fährt, wenn man nur noch die Dienstleistungen anbietet. Man wird dann nicht vom Kunden für die Produktefehler verantwortlich gemacht. Wünscht der Kunde die Hardwarelieferung über uns, so muss er für die Abwicklung, Service und Support auch bereit sein, einen angemessenen Preis zu zahlen.
Generell sind wir über den Schritt von Compaq nicht unglücklich. Unserer Meinung nach braucht es eine Art ‘Crash’ bis der Kunde wieder realisiert, dass der Preis eines Produktes nicht alles ist. Vom Fachhandel ist aber auch eine Offenlegung der Leistungen erforderlich. Der Kunde muss wissen, was er für die Beratung, das Produkt, die Installation und den Support auszulegen hat. Dann ist er in der Lage, seinen Kaufentscheid aufgrund des Preis/Leistungsverhältnisses zu fällen.»

... andere werden den Herstellern wechseln


Wer sich allerdings auch in Zukunft zumindest teilweise auf den reinen Hardware-Handel stützen will, wird vermehrt Eigenmarken, B-Brands oder die Hardware von Compaq-Konkurrenten wie HP, IBM und Fujitsu-Siemens in den Vordergrund stellen. Wieder andere – vor allem die grösseren Händler – setzen weiterhin auf Compaq als Partner. Ihre Devise ist Wachstum, um den Margenzerfall zu kompensieren. (hc)


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