«Bei uns arbeiten 400 Ingenieure für Open-Source-Projekte»

Über die nächsten Linux-Schritte von Novell unterhielten wir uns mit dem Novell GM Ressource Management und Ximian Group, David Patrick.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/13

     

IT Reseller: Herr Patrick, Sie klappern zurzeit sämtliche Novell-Vertretungen in Europa ab –
was gibt es so Wichtiges?
David Patrick: Es geht um Zenworks 6.5, das jetzt verfügbar ist. Wir haben es mit neuen Features ausgestattet, etwa mit einem automatisierten Patch Management zum Aufspüren von Risiken in Windows-Umgebungen. Mit der Einbindung von Ximian Red Carpet Enterprise für die zentralisierte Software-Verwaltung haben wir zudem die Linux-Unterstützung verbessert.

Novell gehört zu

Novell gehört zu den IT-Unternehmen, die sich sehr konsequent vom Saulus zum Paulus in Sachen Open Source wandelten.
Das stimmt. Aber IBM und HP gehen in eine ähnliche Richtung.
Für mich als CEO von Ximian war seinerzeit vor allem das grosse, gut geschulte Verkaufs- und Support-Netz ein Hauptargument für das zusammengehen mit Novell. Die eigene Linux-Distribution war dann der nächste logische Schritt. Hier fand sich der Wunschpartner in Suse. Das bietet Novell heute phantastische Möglichkeiten, und es ist aufregend, daran mitzuarbeiten.


Wie arbeiten die Ximian- und die Suse-Leute innerhalb von Novell zusammen?
Novell ist nach Business-Einheiten organisiert und in allen sind Linux-Spezialisten zu finden. Leute aus
den früheren Linux-Firmen nehmen heute innerhalb von Novell führende Positionen ein. Man kann sagen, dass die Linux-Vertreter im Unternehmen entscheidenden Einfluss haben.

Welche Rolle spielen

Welche Rolle spielen dann Netware und Windows noch?
Die Windows-Unterstützung sehen wir primär produktbezogen. Beim Ressource Management beispielsweise ist sie von der Sache her von grosser Bedeutung. Für Groupwise gibt es ebenfalls einen Windows-Client. Auf Systemebene werden sowohl Linux wie Netware unterstützt und weiter entwickelt.

Gibt es im Unternehmen genügend Ressourcen für beide Systeme?
Netware ist immerhin ein 400-Millionen-Dollar-Business. Ganz klar, dass wir da auch den Kernel weiter entwickeln. Bei Linux sind wir Teil der Community und daher nicht allein verantwortlich. Genau das macht ja das Open-Source-Modell attraktiv.


Mit Gnome von Ximian und KDE von Suse verfügt Novell heute über zwei Linux-Desktopsysteme. Wie man hört, sollen sie vereinigt werden. Wie wollen Sie das bewerkstelligen?
Wir vereinigen sie nicht wirklich. Das Novell-Desktop-Paket wird sowohl Gnome wie KDE umfassen. Es bleibt dem Kunden überlassen, welches er einsetzen will.

Es gibt aber

Es gibt aber noch ein weiteres Unternehmens-Desktopsystem, das auf der Suse-Distribution aufsetzt: Das Java Desktop System (JDS) von Sun.
Natürlich pflegen wir mit anderen Open-Source-Unternehmen wie Red Hat und Sun einen intensiven Technologie-Austausch. Beim Desktop spielt jedoch die Umgebung eine grosse Rolle. Ich denke daher, dass die Kunden die Umgebungen nicht mischen wollen, sondernd sich für Sun oder Novell entscheiden und dann das entsprechende Desktop-System wählen.

Welche Rolle spielt Evolution in diesem Zusammenhang?
Version 2.0 des Mail- und Workgroup-Clients wird Ende Jahr auf den Markt kommen und Teil des Novell Desktops sein. Wir integrieren darin u.a. den ursprünglich von Ximian entwickelten Connector für Microsoft Exchange Server. Evolution 2.0 wird auch mit Groupwise 6.5 zusammenarbeiten und ermöglichen, vom Linux-Desktop aus direkt auf E-Mail, Kalender und Kontakte auf dem Groupwise Server zuzugreifen.


Und wie steht es um die Dotnet-Implementierung Mono?
Mono ist für uns sehr wichtig, da es im Gegensatz zu Dotnet auch unter Unix und Linux läuft. Mono 1.0 wird in den nächsten 30 Tagen verfügbar sein. Die Entwickler werden dann die Wahl haben, ob sie mit Java, Dotnet oder Mono arbeiten wollen.
Bisher stiessen wir auf sehr viel Akzeptanz, nicht nur in der Linux-Gemeinde, sondern auch bei Microsoft-Entwicklern, die Applikationen auf der Basis von Dotnet erstellen. Wer Dotnet kennt, kann sofort auch mit Mono Applikationen entwickeln. Wir selber entwickeln ebenfalls auf der Basis von Mono, und machen unsere Anwendungen so von Hause aus Cross-Plattform-fähig.

Novell versteht sich

Novell versteht sich als Teil der Linux-Community. Nach der Übernahme von Ximian und Suse gab es aber auch skeptische Stimmen.
Die Akzeptanz in der Community hängt im Endeffekt nicht von der Grösse eines Unternehmens ab, sondern davon, wie viel Code von den Entwicklern eingebracht wird. Bei Novell arbeiten 400 Ingenieure für Open-Source-Projekte und allein in den letzten vier Monaten haben wir das Installations- und Management Tool YaST, die Multiplattform Dateiverwaltung iFolder, Evolution und Mono zur Verfügung gestellt.
Die Community hat für jedes Projekt eigene Hierarchien und wir sind dort sehr gut vertreten. Nicht zu vergessen, dass Novell weltweit die grösste Organisation zur Unterstützung von Linux-Kunden stellt.


Noch steht aber der Prozess mit
SCO im Raum. Welchen Einfluss
hat das auf Ihre Kunden?
Wir fühlen uns da sehr sicher. Darum konnten wir auch ein Indemnification Program aufsetzen, das die Kunden bei allfälligen Prozessen schützt. Im übrigen zieht sich der Prozess nun bereits 18 Monate hin, ohne dass SCO etwas Entscheidendes vorlegen konnte. Bei den Kunden bemerken wir kaum noch Zurückhaltung. Die Linux-Gemeinde wächst ständig.
(Interview: fis)


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