Die Tonalität lässt keinen Zweifel daran, dass es
Hewlett-Packard in dieser Sache ernst meint: «Jeder Vertriebspartner, Distributor oder Fachhändler, der HP-Markenprodukte aus einem nicht-europäischen Land in die EU einführt (oder solche Waren innerhalb der EU verkauft), muss mit einer Klage von HP wegen Markenrechtsverletzung rechnen», heisst es auf einer deutschen Webseite des Computerriesen. HP stützt sich dabei auf ein Urteil, das der Europäische Gerichtshof im Juli 1998 im Fall Silhouette gegen Hartlauer gefällt hat. Damit die Partner nicht Gefahr laufen würden, grau importierte HP-Tintenpatronen oder Tonerkassetten einzukaufen, sollen sie auf den Kauf verzichten, wenn sie Grund zur Annahme hätten, dass diese von ausserhalb Europas importiert worden sein könnten, heisst es weiter.
Nicht harmonisierte Preise
Nicht nur
HP, sondern auch andere globale Hersteller wie
IBM und
Cisco haben in jüngster Zeit den Kampf gegen sogenannte «Graumärkte» und «Grauimporteure» verschärft. Dass HP in Deutschland trotz der wackligen Rechtslage solch scharfe Töne anschlägt, darf wohl als Zeichen dafür gewertet werden, dass der Anteil an grau importierten Produkten verhältnismässig hoch ist. In der Diskussion blenden die Hersteller jedoch den zentralsten Punkt immer wieder aus: Wenn Fachhändler und Partner einzelne Produkte aus dem Ausland importieren oder diese von einem international tätigen «Broker» beschaffen lassen, dann ist dies eigentlich das Problem der Hersteller und nicht dasjenige der Partner: «Einen Graumarkt gibt es einzig und allein, weil die Preisharmonisierung mangelhaft ist», weiss Beat Bitzi, Geschäftsführer des VAD
Magirus Schweiz. «Solange der Hersteller unterschiedliche Preise hat und die Verfügbarkeit seiner Produkte nicht in allen Märkten garantieren kann, wird es Graumärkte und Broker geben», sagt auch Andreas Kleeb, Geschäftsführer von
RedIT.
HP bekämpft die Quellen der Broker
Am 1. Februar dieses Jahres hat
HP Schweiz eine sogenannte End User Verification (EUV) eingeführt. Ein ähnliches Vorgehen kennt auch
IBM nach Angaben von Mediensprecherin Susan Orozco seit einiger Zeit. «Im Rahmen der End User Verification prüfen wir bei grösseren Deals stichprobenartig, an wen die Ware ausgeliefert wird», sagt dazu Andrej Golob, General Manager der Personal Systems Group von HP Schweiz. In drei Fällen geht HP Schweiz derzeit gerichtlich gegen drei Partner vor. In diesen Fällen wurden Produkte vom Händler zu Spezialkonditionen bezogen, letztlich aber nicht an den entsprechenden Kunden geliefert, sondern anderweitig verkauft oder an einen Broker weitergegeben (IT Reseller berichtete in der Ausgabe 16/2004). Diese missbräuchliche Verwendung von Tiefpreisen will HP künftig mit der EUV unterbinden. Von Parallelimporten – oder «Grauimporten», wie die Hersteller das gleiche Phänomen etwas anrüchiger nennen – sind weniger PC und Server betroffen, als vielmehr verhältnismässig kleine, weltweit standardisierte Produkte wie Disks für Server oder anderes Zubehör.
Golob ist der Meinung, dass die europaweit eingeführte EUV erste Früchte trage: «Wir haben ganz klar Indikatoren, dass der Graumarkt seit der Einführung dieses Programms kleiner geworden ist.» Die Ware sprudle bei den Brokern nicht mehr so zahlreich wie früher: «Letztlich wollen wir damit auch die ehrlichen Händler schützen», so Golob weiter. In der Vergangenheit sei es nämlich vorgekommen, dass diese Deals verloren haben, weil sie mit den Preisen eines Grauimporteurs unmöglich mithalten konnten.
Parallelimporteure besser als ihr Ruf
Seit rund 13 Jahren ist etwa SCS IT Procurement Services neben den Geschäftsbereichen End of Life, Spare Parts und Notebook-Batterien auch im Bereich von Parallelimporten, die das Schweizerische Kartellrecht übrigens ausdrücklich zulässt, tätig. Das Unternehmen positioniert sich als Beschaffungsspezialist für Reseller und Partner zwischen den Herstellern und dem Reseller. «Die Hersteller beteuern zwar gerne die Wichtigkeit des Fachhandels, verkaufen in Tat und Wahrheit aber immer direkter», so Markus Kläy, Mitbegründer von SCS. Die Reseller und Partner würden unter einem gewaltigen Kostendruck stehen: «Wir sind oftmals ihre Schnittstelle zum Weltmarkt und helfen ihnen somit, ihre Margen und Lieferfristen zu optimieren.»
Das Schreckgespenst der Hersteller sei aber keine SCS, so Kläy, sondern Broker aus dem Ausland, die sehr aggressiv in die Schweiz hineindrücken würden. «Mit Preis- und Verfügbarkeitsunterschieden tragen natürlich vor allem die Hersteller selber zur Beliebtheit von Parallelimporten bei», so Kläy. Doch auch mit Special Bids und Projektpreisen würden sich die grossen Hersteller oft ins eigene Fleisch schneiden: «Hinzu kommt, dass man den grossen Partnern auf das Quartalsende hin oft und gern das Lager durch die Hintertüren füllt», sagt Kläy. Seit der Einführung der End User Verification durch
HP seien in der Tat gewisse Quellen versiegt. Der sinnvolle Teil eines solchen Programmes bestehe denn auch darin, einem gewissen Cowboy-Eldoradotum Einhalt zu gebieten: «So lange der Markt nicht monopolisiert wird, sehen wir das auch für unser Unternehmen als eine sinnvolle Sache», so Kläy. (bor)