Stephan Köpfli hat 30 Jahre IBM und über ein Jahrzehnt als Firmenchef des Logistik-Spezialisten Prologist auf dem Buckel und hätte sich seinen Ruhestand redlich verdient. Doch noch denkt Köpfli nicht ans Aufhören, denn er ist ein Vollblut-Unternehmer, dem sein Betrieb zur zweiten Familie geworden ist. Er weiss, was er tut, und er tut es gern, auch noch nach 13 Jahren.
Köpfli absolvierte eine klassische Handwerkerlehre als Mechaniker, um in das Schreibmaschinen- und Büromöbelgeschäft seines Vaters einzusteigen. Fasziniert von der Welt der Informatik bildete er sich zum Elektrotechniker weiter und träumte von einer Karriere in einer Computerfirma.
Die startete er dann auch als Aussendiensttechniker und später als technischer Leiter für Grosscomputer bei IBM. Für Grossbanken wie den ehemaligen Bankverein und Konzerne wie BBC und die ehemalige Swissair hat er Projekte geleitet. Ein weiteres war das 1987 eröffnete Logistikzentrum von Big Blue in Kloten. In den Hallen des ehemaligen Ersatzteillagers und Warenverteilzentrums der IBM befindet sich heute noch Köpflis Firma Prologist.
Als Anfang der Neunzigerjahre das Outsourcing-Business in Mode kam, plante
IBM, seine logistischen Abläufe und Rollouts auszulagern. Köpfli bewarb sich mit seinem IBM-Kollegen und heutigen Logistik-Projektleiter Kurt Amstutz im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung als Outsourcer. Gegen nahmhafte Mitbewerber wie Welti Furrer erhielt er den Zuschlag. Der Grundstein für Prologist war gelegt.
Viele machen vieles
Köpfli ist Herr über 28 festangestellte Mitarbeitende, einen eigenen Fahrzeugpark und 11’000 m2 Lager- und Logistikfläche in Kloten, Bern und Bussigny. Seine Angestellten sind Allrounder, Lager- und Logistikexperten gleichermassen wie Supporter oder LKW-Fahrer. «Unser Geschäftsprinzip ist es, dass unsere Angestellten möglichst viele der erforderlichen Tätigkeiten selber erledigen können. Zum einen aus Flexibilitätsgründen, aber auch, weil es für die Leute interessanter ist», erklärt Köpfli.
Mit freundlicher, nahezu väterlicher Art führt er einen durch sein Reich. Er strahlt Ruhe und Gelassenheit aus. Und so ist auch die Atmosphäre in seinem Betrieb. Wer emsiges Treiben, Lärm und Hektik erwartet, wird enttäuscht. Es herrscht fast meditative Stille, hie und da ist das Summen eines Gabelstaplers zu vernehmen, ab und an begegnet einem ein Angestellter, der etwas ein- oder auspackt, prüft oder Daten auf einer Liste mit Informationen auf einem Bildschirm vergleicht. Das meiste ist vollautomatisiert, wie zum Beispiel das 6000 Behälter umfassende Kleinteile-Lager. Doch die Ruhe trügt: Hinter abgeriegelten, mit Sichtschutz verkleideten Gitterzäunen wird getestet und konfiguriert, Software auf PCs und Notebooks gespielt, werden alte Geräte von Daten gesäubert und gegen neue ausgetauscht.
Wie zum Beispiel letztes Jahr beim Rollout-Grossprojekt der
IBM für die Credit Suisse – das bisher grösste Projekt dieser Art in der Geschichte von Prologist und wohl auch der grösste IT-Rollout in der Schweiz überhaupt. Konkret hiess das, 22’500 PCs in nur 53 Projekttagen im 24-Stunden-Betrieb auf Windows XP und 600 Server auf Windows 2003 umzustellen. Da musste die Mitarbeiterzahl dann auch schon mal durch Temporärangestellte auf das Doppelte aufgestockt werden. Seither ist Rollout das Thema Nummer eins bei Prologist.
Weg von der IT-Lastigkeit
Für IT-Lösungen betreut Prologist Kunden wie Checkpoint,
IBM,
Lexmark,
Unisys und
Konica Minolta. Für einen schweizweiten Kassen-Rollout läuft derzeit ein Projekt mit einigen tausend Kassen-Systemen. Ein Kassen-Rollout, so Patrick Köpfli, Sohn und Juniorchef, sei komplexer als ein klassischer PC-Rollout. Da seien viel mehr Elemente unter einen Hut zu bringen. Köpfli Junior ist vor vier Jahren zum Unternehmen gestossen und ist für die Technik und Marktentwicklung zuständig.
Natürlich läuft auch in einem Betrieb wie Prologist nicht immer alles reibungslos. Die ersten zehn Jahre, so Köpfli, hätte man fast in einer heilen Welt gelebt. Der Betrieb war durch Grosskunden immer voll ausgelastet. Weitere Kunden zu akquirieren war kaum nötig, ein wirkliches Marketingkonzept gab es nicht. Seit zwei Jahren ist man nun daran, aktiv Marketing zu betreiben.
Köpfli will zudem von der Informatik-Lastigkeit wegkommen. Während der IT-Boomjahre hatte der Logistik-Experte gut Lachen. Als es mit der Branche bergab ging, wurden auch die IT-Aufträge rarer. Nun strecken die Köpflis ihre Fühler nach Kunden aus allen Branchen aus. Derzeit werden in den Lagerhallen sogar riesige Paletten mit Eistee zwischengelagert, ein Beispiel dafür, dass man in Kloten keine Berührungsängste hat. (sk)
Stephan Köpfli
Stephan Köpfli, Jahrgang 1937, ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und ist zweifacher Grossvater. Er ist an Kunst und Musik interessiert und fasziniert von fremden Ländern. In seiner knapp bemessenen Freizeit fährt er Velo, Ski und wandert. Er sitzt im Vorstand der Schweizerischen Vereinigung für die Berufsbildung in der Logistik und nimmt als Experte Meisterprüfungen im Bereich Geschäftsführung/
Management ab.
Was war Ihr Berufswunsch als Kind?
Wahrscheinlich Pilot, genau weiss ich das aber nicht mehr. Zumindest habe ich Modellflugzeuge gebaut. Damals wusste man noch nicht, was ein Computer ist, aber Technik hat mich schon immer fasziniert.
Wer ist Ihr Vorbild, wen bewundern Sie?
Als sich unser Physiklehrer am Technikum Burgdorf beworben hat, hatte sich auch noch ein anderer für den Posten interessiert, der dann aber nicht genommen wurde. Sein Name war Albert Einstein. Ich war schon immer ein Fan von Einstein und lese heute noch alte Schriften und Bücher über dieses Genie.
Welchen Traum möchten Sie sich noch erfüllen?
Ich könnte heute aufhören zu arbeiten und hätte nicht genügend Zeit für alles, was ich noch machen will. Wenn ich auf den Mond fliegen könnte, würde ich das sofort tun. Ich könnte mir auch gut vorstellen, Vorlesungen an der Uni zu besuchen.
Wann werden Sie sich zur Ruhe setzen?
Andere sind in meinem Alter schon längst in Pension. Ich kann machen, was mich interessiert und herausfordert, das hält jung. Ich habe auch kein Problem damit, aufzuhören, ich werde nicht in ein Loch fallen. Obwohl ich mich noch jung fühle, haben die Jungen neue, andere Ideen, und ein Wechsel tut auch einem Unternehmen gut.