Nachdem er im Vorjahr noch sehr kämpferische Töne angeschlagen hatte, gab sich Novell-CEO Jack Messman (Bild) in seiner Eröffnungsrede an der Brainshare in Salt Lake City vergangene Woche ein Stück gemässigter. Der erste Hype darum, dass
Novell mit dem Kauf von Suse Linux zur Open-Source-Firma geworden ist, hat sich offenbar gelegt und Pragmatismus hat Einzug gehalten. Wenn auch die Linux-Verkäufe die Erwartungen noch nicht erfüllen, bemüht sich Messman hervorzuheben, dass es Novell gelungen sei, in sehr kurzer Zeit ein beeindruckendes Netzwerk rund um Linux aufzubauen: «Innerhalb eines Jahres hat sich die Anzahl unserer Technologiepartner von 43 auf 560 mehr als verzehnfacht», sagt er zu IT Reseller. Signifikant zugenommen habe auch die Anzahl der verfügbaren Lösungen auf Linux-Basis, so Messman weiter.
Mit zwei Ankündigungen hat Novell an der Brainshare deutlich gemacht, dass der Linux-Channel weiter wachsen soll. Zum einen wurde ein Programm mit dem Namen «Market Start» in Aussicht gestellt. Es soll kleinen Unternehmen oder einzelnen Entwicklern, die Komponenten auf der Basis von Open-Source-Software entwickeln, die Go-to-Market-Infrastruktur von Novell und deren Partnern zur Verfügung stellen. Novell und ihre Partner würden dann je nach Art und Menge der erbrachten Markteinführungs-Dienstleistungen einen Prozentanteil am generierten Umsatz erhalten. Messman: «Mit diesem Programm soll das Marktpotential von Linux-Partnern und Open-Source-Applikationsentwicklern dramatisch erhöht werden.»
Linux-Paket für KMU
Viel verspricht sich der Novell-Chef auch vom ersten Linux-Komplettpaket für KMU, dessen Verfügbarkeit in sieben Sprachen ebenfalls auf der Brainshare angekündigt wurde. Das Produkt mit dem Namen «Novell Linux Small Business Suite 9» soll die erste Linux-Lösung für KMU sein, die vom Server bis zum Desktop alles abdeckt und so gemäss den Hoffnungen der Novell-Oberen eine valable Alternative zu Windows darstellt. Neben dem Suse Enterprise Server enthält das KMU-Produkt auch proprietäre Novell-Komponenten wie Groupwise, Edirectory und Imanager. Für 475 Dollar wird das Paket ab dem 1. April für fünf Benutzer über die Novell-Partner erhältlich sein.
Dell und
Hewlett-Packard haben bereits zugesichert, attraktive Bundles mit entsprechender Hardware aufzulegen.
Für die Partner sieht Messman mit diesem Produkt sehr gute Chancen für Umsätze: «Der Channel hat in den vergangenen Jahren sehr viel Geld damit verdient, die kleinen und mittleren Unternehmen auf Windows zu bringen. Jetzt wird er Geld damit verdienen, diese Firmen auf Linux zu migrieren», sagt Messman zu IT Reseller. Klar ist auf alle Fälle, dass
Novell auf den Channel angewiesen ist, um Linux in die KMU-Welt zu tragen.
Partner halten Novell die Stange
An der Partner-Expo innerhalb der Brainshare haben viele vornehmlich amerikanische Partner von
Novell Stände jeder Grösse gemietet: In einer kleinen Ecke wartet auch Dirk Smith, President von Alexander LAN aus New Hampshire, auf Kundschaft. Seit über 15 Jahren ist Smith Novell-Partner. Anfänglich war er im Bereich des ehemaligen Flaggschiffes Netware tätig – doch inzwischen schreibt sich auch Smith getreu den Vorgaben aus der Novell-Zentrale ein dickes «Linux» auf die Fahne: «Während meiner Zeit als Novell-Partner habe ich alle Höhen und Tiefen der Firma miterlebt.» Der Kauf von Suse sei allerdings ein Schritt in die richtige Richtung gewesen und zahle sich mittlerweile auch für ihn als Partner aus, so Smith. In letzter Zeit habe sich die Qualität der Zusammenarbeit mit Novell wieder stark verbessert. Man spüre als Partner wieder, dass Novell einen brauche.
Spagat zwischen
Proprietät und Open Source
Dennoch lässt es sich nicht wegreden, dass Novells Spagat zwischen proprietärer Software und Open Source nicht immer einfach ist. So kündigte Messman in seiner Keynote etwa an, dass
Novell Groupwise weitere zehn und Netmail weitere fünf Jahre supporten werde. Dies wurde nötig, weil zahlreiche bestehende Kunden durch Novells Vorpreschen mit der Open-Source-Initiative Hula verunsichert waren. Novell hat unlängst den Source-Code von Netmail in Hula eingebracht.
Zu den weiteren Ankündigungen gehörte Zenworks 7, mit dem sich offenbar erstmals auch Windows-Workstations von Linux aus verwalten lassen sollen. Zudem wurde eine Kollaboration mit J-Boss bei der Anwendungsentwicklung in Aussicht gestellt. Unter dem Schlagwort «Identity Based Computing» will Novell mit der Application Services Foundation (ASF) und der Identity Services Foundation (ISF) einen völlig neuen Software-Stack definieren. Allerdings handelt es sich dabei zum heutigen Zeitpunkt noch keinesfalls um eine ausgereifte Technologie, sondern vielmehr um leere Worthülsen, die wohl die meisten Konferenzteilnehmer in Salt Lake City mehr verwirrt als begeistert haben. (bor)