Exemplarisch für die Verwirrung war der Freikauf der Karma-Gruppe. Am 7. Dezember letzten Jahres sagte uns Karma-Mann Patrick Matzinger, das Management-Buyout sei erfolgreich über die Bühne gegangen. Wenig später kam das Dementi von CHS aus Florida, die die Karma-Gruppe gerne zusammen mit den anderen europäischen Operationen verkauft hätte. Und noch gegen Ende Januar wurde vor allem die englische Channel-Presse seitens CHS mit Informationen gefüttert, Karma gehöre zur «Newco», der europäischen Gruppe von Ex-CHS-Firmen unter der Führung von Mark Keough. Matzinger blieb dabei: die Karma-Gruppe habe ausser der Vergangenheit nichts mehr mit CHS zu tun.
Ein bisschen Licht ins Dunkel der CHS-Wirren brachte dann ein Interview mit Mark Keough in «IT Europa». Man sei in Gesprächen mit Karma, hiess es da nur noch.
Wem gehören die Schulden?
Endgültige Klarheit bringt ein Gespräch mit Patrick Matzinger. Der Streit geht um eine ehemalige zentrale Einkaufsorganisation der Karmas (heute: CHS C.P.O. GmbH, ehemals Karma (International) GmbH, Hünenberg), die auch im Besitz des zentralen Lagers in Holland war.
Karma habe von dieser Firma Ware bezogen und auch bezahlt. CHS C.P.O. habe aber seinerseits seine Verpflichtungen gegenüber den Herstellern nicht erfüllt, so dass diese ihre Kreditlinien strichen und teilweise sogar Ware aus dem Lager zurückholten. CHS C.P.O. gehört seit dem Management-Buyout nicht mehr zur Karma-Gruppe, sondern soll zur zukünftigen Gruppe unter der Führung von Mark Keough gehören. Noch gehört sie aber rechtlich zu CHS Miami, denn das Management Buyout der europäischen CHS-Operationen ist juristisch noch gar nicht über die Bühne gegangen.
Neuaufbau
Patrick Matzinger bestätigte uns, dass es Gespräche über die Zukunft der Karma-Gruppe mit Keough gibt. Matzinger: «Wenn die Newco (so der vorläufige Codename für die europäische CHS), die Hersteller befriedigen kann, schauen wir uns das an. Es gibt Gespräche.» Unterdessen läuft aber der Neuaufbau der «neuen» Karma-Gruppe. Matzinger: «Wir haben mit acht Herstellern Kreditverträge abschliessen können und auch einige Kreditversicherungen haben wieder Vertrauen in uns. In der Zwischenzeit haben uns lokale Banken mit Kreditlinien unterstützt.» Ausserdem sei man daran, wieder eine zentrale Organisation und ein Lager in Holland aufzubauen.
CHS und «Newco»: Wolkige Pläne
Die Pläne für die Rettung der übrig gebliebenen europäischen CHS-Firmen sehen immer noch recht wolkig aus. Das Konzept von Mark Keough stützt sich ganz auf einen Beteiligungsplan für lokale Manager, die grosszügig von allfälligen Gewinnen profitieren sollen. So will Keough die besten Disti-Manager für die übriggebliebenen Ländergesellschaften gewinnen. Doch auch er mag nicht versprechen, dass nicht einzelne Ländergesellschaften zusätzlich zusammenbrechen könnten.
Noch unklarer sind die Pläne des Rest-Konzerns mit Sitz in Miami. Man will ein Portal für IT-Handel zwischen Resellern und verschiedenen Herstellern schaffen. Voraussetzung dafür ist, dass das Management-Buyout von CHS Europa gelingt und damit CHS ihren Schuldenberg los wird. Andere Distributionsmultis (Ingram, Techdata) aber auch einige unabhängige Firmen wie die englische Hyperchannels, sind mit ihren Plänen doch wesentlich weiter. (hc)
KOMMENTAR
Eine Rückkehr der Karma zu einer wie auch immer gearteten «Newco» (Ex-CHS) scheint mir weder sinnvoll noch wahrscheinlich. Die Karmas haben – das bestreitet niemand – in der Vergangenheit sehr erfolgreich gearbeitet und Gewinn abgeworfen. Trotzdem blieb ein ziemlicher Schuldenberg bei der zentralen Einkaufsfirma. Wohin ist dieses Geld geflossen?
Die «Newco» wird, wie es schon CHS war, eine ziemlich heterogene Sache mit einer bunten Mischung von starken und schwachen Broadlinern und Spezialisten. Ausserdem wird die «Newco», wenn es sie dann geben wird, geographisch sehr ungünstig verteilt sein, denn Niederlassungen in den beiden wichtigsten Märkten Deutschland und UK werden fehlen. Was also sollte das Karma-Management dazu bewegen, sich dieser heterogenen Flotille wieder anzuschliessen?
Christoph Hugenschmidt