Open Source als Marketingmethode

Mozilla zeigt, wie man mit Hilfe einer Community nicht nur Software entwickeln, sondern auch erfolgreich Marketing betreiben kann.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/12

     

Derzeit sorgen drei Kurzfilme im Internet für Furore: Ein Mann schreit sein Büro in Sprünge, eine Frau beisst in ihr Handy und ein Notebook-Benutzer verliert wortwörtlich den Kopf – alles wegen dem Webbrowser Firefox. Die billig produzierten Filmchen wurden bereits mehr als eine Million mal von www.funnyfox.org heruntergeladen. Ohne grosses Budget werben sie für den AlternativBrowser, der sich mittlerweile zu einer echten Konkurrenz für Internet Explorer mauserte. 55 Millionen Downloads seit letztem November sind keine Kleinigkeit.

Nur eine Frage der Zeit

Das offensichtlich erfolgreiche Marketing von Mozilla unterscheidet sich deutlich vom sonst üblichen. Man könnte es als «Open-Source-Marketing» bezeichnen.
Wenn von Open Source die Rede ist, denkt man normalerweise an Linux, Open Office oder Apache. Doch das Community-Prinzip ist nicht mehr auf Software beschränkt. Immer mehr Menschen stellen ihre Bilder, Videos oder Musik unter einer Creativ-Commons-Lizenz ins Netz. Da war es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis ein Open-Source-Projekt auf die Idee kam, auch die Vermarktung einer Community anzuvertrauen.

Spread Firefox

Im Mittelpunkt von Mozillas Marketing steht die Website www.spreadfirefox.com. Diese zählt weit über 50’000 Besucher pro Tag und bildet das virtuelle Hauptquartier für die Marketingmassnahmen.
Bereits beim Start hatten die Firefox-Anhänger in kurzer Zeit genügend Geld gespendet, um weltweit ganzseitige Anzeigen in grossen Zeitungen schalten zu können. Mittlerweile kann Spread Firefox auf eine Community von zehntausenden freiwilliger Helfer zählen. Dabei setzt Mozilla ganz auf die Erfolgsrezepte von Open Source: Ideenaustausch unter den Community-Mitgliedern, Mechanismen für die Motivation und für die Auswahl der Vorschläge über Foren, Blogs und Chats auf der Website. Arbeitsgruppen bewerten Ideen, erarbeiten inhaltliche Details und koordinieren die Umsetzung. Grosse Teile von Strategie, Planung und des Artworks entstehen in den Arbeitsgruppen und werden Community-Mitgliedern zur Ausarbeitung zugeteilt.
Rund 15 Arbeitsgruppen befassen sich mit Marketing-Massnahmen, Strategien und Taktiken für Webmaster, um die Bekanntheit und Verbreitung von Firefox zu steigern. Natürlich beschäftigt Mozilla auch eine professionelle Agentur, aber der Beitrag von Spread Firefo

Bonuspunkte à la Firefox

Jeden über einen Link ausgelösten Download belohnt Spread Firefox mit Punkten. Diese gibt es auch für besondere Leistungen und die Gewinnung neuer Community-Mitglieder. Die Websites der 250 erfolgreichsten Mitglieder werden auf den Seiten von Spread Firefox verlinkt. Damit auch neue Mitglieder eine Chance haben, wird für die Bewertung jeweils die Entwicklung der letzten sieben Tage herangezogen. Und damit auch kleine Websites nicht zu kurz kommen, wird bei jedem Seitenaufruf eine zufällig ausgewählte Website erwähnt. Für solche, denen dies wenig bringt, gibt es ausserdem kostenlose Merchandising-Artikel, eine Firefox-E-Mail-Adresse oder die Chance, einen Sachpreis zu gewinnen. Bleibt abzuwarten, wie lange es gehen wird, bis kommerzielle Unternehmen diese offensichtlich erfolgreiche Methode der Marketingplanung entdecken und zu plagiieren versuchen.

Firefox Roadmap

Ben Goodger, einer der Hauptverantwortlichen für die Entwicklung, hat die Roadmap für Firefox vorgestellt. Die seit längerem angekündigte Version 1.1 soll im Juli fertig werden. Derzeit ist eine Vorabversion mit Codenamen Deer Park Alpha 1.1 verfügbar, welche die Mozilla-Foundation Endanwendern aber nicht empfiehlt, da noch mit Bugs zu rechnen sei. 2006 sollen dann die Versionen 1.5 und 2.0 folgen. Auf einen genaueren Termin wollen sich die Entwickler aber noch nicht festlegen.
In Zukunft sollen, wie Goodger schreibt, alle Vorversionen einen Codenamen bekommen. Erst die fertige Version trägt dann die Bezeichnung «Firefox» mit der aktuellen Versionsnummer. Das scheint angesichts der zunehmenden Popularität des Browsers angebracht, da Alpha-Versionen nicht für die allgemeine Verwendung gedacht sind. Für Version 2 verspricht Goodger neben Verbesserungen bei der Bookmark- und Verkaufs-Verwaltung auch Erweiterungen des Extensions-Systems, der Such-Toolbar und für Software-Updates. Ausserdem soll Firefox 2 die Möglichkeit bieten, Optionen auf die Anforderungen einzelner Websites abzustellen. Ein Teil dieser Funktionen könnten, so Goodger, allenfalls bereits in den Versionen 1.1 und 1.5 Verwendung finden. (fis)


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