Duell zwischen MP3-Giganten

Creative Labs lancierte im März an der Cebit den MP3-Player Zen Nano Plus. Ein halbes Jahr später kündigte Apple den neuen iPod an. Die Bombe platzte, als bekannt wurde, dass der neue Winzling ebenfalls den Namen Nano trägt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/17

     

Nano kommt aus dem Griechischen und bedeutet Zwerg. Was würde da besser zu einem kleinen, dünnen und leichten MP3-Player passen als der Name Nano? Was aber, wenn zwei Hersteller die gleiche Idee umsetzen? So lancierte Creative Labs ihren neuesten Player im März 2005 an der Cebit unter dem Namen «Zen Nano Plus». Anfang September verkündete dann Apple-Chef Steve Jobs euphorisch die grösste Revolution seit dem originalen iPod, den iPod Nano.
Die Verantwortlichen von Creative Labs fanden diese Neulancierung von Apple allerdings nicht so revolutionär – im Gegenteil. So heisst es denn in einem E-Mail von Victor Planas, Regional Director Europe von Creative Labs, an seine Mitarbeiter: «Die haben unseren Namen kopiert, die haben unsere Werbung kopiert, und die brauchen unser Interface.» Für letzteres besitzt das Creative Labs seit kurzem das Patentrecht. Weiter schrieb Planas zynisch, dass sie eigentlich sehr stolz darauf sein können.

Wir fühlen uns herausgefordert

In den Chefetagen von Creative rauchten erst mal die Köpfe, und alle stellten sich die eine Frage: Wieso kommt Apple mit einer Neuheit, die so täuschend ähnlich heisst wie unser Produkt, welches wir schon vor Monaten lancierten? Diese Frage bleibt, vorerst mindestens, noch unbeantwortet. Trotz des von Planas erwähnten Stolzes finden die Verantwortlichen den geklauten Namen nicht nur toll. Denn eigentlich versuchte Creative, in weiser Voraussicht, den Namen zu schützen – erfolglos. Begründung: Nano sei eine Vorsilbe einer Masseinheit und müsse damit für alle nutzbar sein. Zu Beginn machte sich darüber auch niemand ernsthaft Gedanken. «Erst als uns immer mehr Kunden aus verschiedenen europäischen Länder auf die Ähnlichkeit des Produktenamens aufmerksam machten, mussten wir reagieren», sagt Roger Aregger, Sales Manager von Creative Schweiz.
Die amerikanische Tochtergesellschaft des Singapurer Elektronikkonzerns schickte daraufhin ihre Anwälte ins Rennen. Die sollen nun abklären, was für Chancen bestehen, juristisch gegen Apple vorzugehen. Aregger: «Die ersten Schritte wurden von uns am 15. September eingeleitet, und wenn wir eine Möglichkeit für einen Sieg sehen, dann werden wir das auch durchziehen. Wir fühlen uns herausgefordert und wir nehmen diese Herausforderung an, denn wir waren vor Apple mit dem Zen Nano Plus auf dem Markt.»

Auch Werbekampagne kopiert

Auf einen langjährigen und kostspieligen Kampf vor dem Richter wird es aber kaum hinauslaufen. Denn laut dem Schweizer Sales Manager sei das Unternehmen Creative zu wenig streng in solchen Angelegenheiten. Ziel sei es in erster Linie, sich mit Apple an einen Tisch zu setzen, erklärt Aregger. Sollte sich diese Gelegenheit tatsächlich ergeben, dürften auch noch weitere Themen Bestandteil einer hitzigen Diskussion werden. Denn nicht nur der Name Nano ist ein Knackpunkt, sondern auch die von Apple lancierte Werbekampagne für den iPod Nano geht Creative Labs zu weit.
Denn auch in diesem Fall könnte man meinen, Apple hätte die Kampagne von Creative eins zu eins kopiert. Damit noch nicht genug: Apple bekommt es auch noch in patentrechtlicher Hinsicht mit Creative zu tun. Der kalifornische Computerkonzern nutzt nämlich die Navigations-Software, auf die Creative vor kurzem das Patent zugesprochen bekam. Es wird also einiges zu diskutieren geben. Apple Schweiz wollte sich auf Anfrage von IT Reseller zu diesem Thema nicht äussern, da solche Entscheide nur auf höchster Ebene in Amerika gefällt werden.
Trotz allem hat die ganze Nano-Geschichte für Creative nicht nur negative Folgen. Dies bestätigt auch Aregger: «Ich glaube sogar, dass es ein Vorteil für uns ist. Unser Gerät dürfte so noch bekannter werden.» Selbst der Fachhandel reagiere darauf und klopfe Creative auf die Schulter. Aussagen wie «Habt ihr gesehen, jetzt muss sogar der Marktführer euren Namen verwenden?» sind laut Aregger an der Tagesordnung. «Ausserdem ist unser Zen Nano Plus in zehn Farben erhältlich und das werden wir für unsere Zwecke ausnutzen», gibt sich Aregger optimistisch. Im Endeffekt liegt die Entscheidung sowieso beim Kunden. Denn im Laden stehen die Produkte der beiden Konkurrenten ganz friedlich nebeneinander. (sm)


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