TV-Engpässe wohin man schaut

Ausgerechnet aufs Weihnachtsgeschäft hin kämpfen Importeure und Distis damit, dass TV-Geräte nur tröpfchenweise in der Schweiz ankommen. Ankommende TVs sind längst verkauft und Neubestellungen unmöglich.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/22

     

Was das amerikanische Marktforschungsinstitut Displaysearch Anfang November prophezeit hatte, ist nun traurige Wahrheit geworden: Plasma- und LCD-TVs sind auch in der Schweiz Mangelware – und das ausgerechnet vor Weihnachten. Dabei träumte jeder Händler vom grossen Run auf die boomenden Fernseher und spekulierte damit natürlich auch auf einen aussergewöhnlich hohen Umsatz vor den Feiertagen. Freuen können sich nur die Händler, die sich als mutig und geschäftstüchtig erwiesen und in weiser Voraussicht schon an den diversen Messen ihr eigenes Lager mit TVs auffüllten. Die weniger Risikofreudigen werden sich jetzt wohl grün und blau ärgern. Denn von den Generalvertretungen grosser TV-Hersteller kann kaum mehr Nachschub an neuen Geräten erwartet werden. Die Fabriken entscheiden nach eigenem Gusto, wer wieviel ausgeliefert bekommt.

Fabriken streichen Bestellungen

Sei es bei Panasonic, Pioneer oder JVC, überall das gleiche Echo – die Product Manager (PM) beklagen sich über die Lieferschwierigkeiten ihrer eigenen Fabriken – und in diesem Fall sitzen fast alle anderen Hersteller von LCD- und Plasma-TVs im gleichen Boot. Und dies, obwohl die PMs schon mindestens ein halbes Jahr zuvor die Bestellungen für das Weihnachtsgeschäft angeben mussten. Wenn beispielsweise ein Schweizer Generalimporteur 1000 Plasmas bestellte, so konnte er froh sein, wenn die Hälfte davon in der Schweiz ankam. Und so geht dieses Spiel weiter. Dort wo es brennt, wird gelöscht: Die Fabrik streicht ihren jeweiligen Landesvertretungen die Bestellmenge zusammen, die Landesvertretungen wiederum tun das gleiche mit deren Händlern und so weiter. Im allgemeinen sind die meisten innerhalb der Handelskette zufrieden, dass sich die TVs wie warme «Weggli» verkaufen lassen. Dennoch trauern Hersteller und Händler gleichermassen über die verlorengegangenen Umsätze.

Vor Februar geht nichts mehr

«Wenn Händler darauf hoffen, noch kurzfristig Plasmas bestellen zu können, müssen wir sie enttäuschen», sagt Rosmarie Saner, Sales und Marketing Manager beim Brüggener CE-Disti Sacom. Mit anderen Worten: Händler, die ihr eigenes Lager frühzeitig gefüllt haben, sind die Gewinner – solange Vorrat. Danach ist auch dort Schluss oder der Händler muss sich auf eine Lieferfrist gefasst machen, die mit Sicherheit am Weihnachtsgeschäft vorbeischiesst.
Bei John Lay Electronics, der Markenvertretung von Panasonic, ist bis Februar überhaupt nichts mehr zu wollen, wie Product Manager Thomas Krummenacher auf Anfrage bestätigt: «Das bestellte Volumen ist restlos verkauft. Sämtliche Bestellungen, die von Panasonic bei uns ankommen, gehen sofort weiter zum Händler und von dort zum Kunden. Mehr geht nicht mehr.» Die Fabriken seien laut Krummenacher zu hundert Prozent ausgelastet, die jeweilige Tagesproduktion werde am gleichen Tag noch verschickt. Ja sogar die Schichten seien auf ihre Vollkapazität ausgebaut worden. Und auch wenn Krummenacher probiert, bei seinen Kollegen im Ausland Geräte zu ergattern, läuft er meistens auf.
Auch bei denen sieht es nicht besser aus.
Bei Spitzer Electronic, der Schweizer Markenvertretung von JVC, das gleiche Lied. «Wir könnten noch viel mehr LCDs verkaufen», sagt Pressesprecher Heinz Häner. «Auch wir versuchen, andern JVC-Niederlassungen LCDs abzuschwatzen. Die Antworten sind meistens Sprüche wie: «klar kannst du haben, wenn du mir die gleiche Menge schickst», so Häner weiter.

Margenzerfall bedeutungslos

Die Gründe für diesen Engpass im dümmsten Moment sind vielseitig. Einerseits gibt es Probleme mit Zulieferern der Panelfabriken – allen voran bei der Glasproduktion. Andererseits liege es gemäss Häner seiner Meinung nach am plötzlichen Switch von den herkömmlichen Röhren-Fernsehern zu den ultraflachen Design-TVs. Schweizer seien wieder vorne mit dabei, wenn es darum gehe, den Wechsel zwischen alt und neu zu vollziehen. Unterstützt wird dieser Trend von den für den Käufer attraktiven Preisen, der neuen HD-Technologie und dem Design der neuen TV-Generation. Was Hersteller aber dennoch nicht verstehen, dass sich Händler trotz Lieferengpass gegenseitig mit bedrohlichen Schleuderpreisen unterbieten, denn eigentlich müsste das Gegenteil der Fall sein. Das Zauberwort Margenzerfall scheint gerade jetzt wieder bedeutungslos zu sein. Die Tragödie geht noch weiter: So rechnet man beispielsweise bei Sacom mit einem weiteren Preiszerfall von bis zu zehn Prozent Anfang nächsten Jahres. (sm)


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