«Es gibt Leute, die mich mögen, und es gibt Leute, die mich nicht so mögen. Je mehr Profil man zeigt, desto mehr polarisiert man, insbesondere in der Schweiz.» Der dies von sich selbst sagt, ist Markus Gröninger (Bild), seit vier Jahren CEO der Schweizer Organisation des weltweit tätigen Outsourcing-Dienstleisters CSC (Computer Sciences Corporation).
Gröninger weiss auch, warum dem so ist: «Ich bin ein direkter Mensch. Konflikte müssen ausgetragen werden, und man muss faktenbasierte Entscheidungen treffen. Konsequent und mit Augenmass.» Die Fähigkeit, unbequeme Entscheidungen zu treffen und umzusetzen, hat Gröninger denn auch auf seinen heutigen Posten gebracht genauso wie er schon zu früheren Arbeitgebern geholt wurde, um die Firma wieder auf Vordermann zu bringen: Gröninger kann man getrost als Sanierer bezeichnen, als einer, der mit alten Mustern aufräumt und den Turnaround herbeiführt.
Andere Zeiten, andere Sitten
«Die Kultur, die man bei CSC Ploenzke lebte, war angemessen in einer Zeit, als man noch sehr grosse Margen mit Beratung und Dienstleistungen erzielen konnte. Damals war es schlicht undenkbar, Mitarbeiter zu entlassen, nur weil man zu wenig Aufträge hatte», sagt er.
Heute aber, wo man dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt sei, könnten Unternehmen nicht mehr «die schützende Hand über die Mitarbeiter halten».
Vier Jahre nach seinem Amtsantritt bei CSC verdiene die Schweizer Organisation wieder Geld, aber es gelte weiterhin: «Das Geschäft ist härter geworden, die Margen kleiner.» Wenn die Leistung nicht stimme und ein Mitarbeiter keine Funktion einnehmen könne im Unternehmen, so könne man ihn heute nicht mehr schützen. «Es ist wie beim Fussball. Man braucht im richtigen Zeitpunkt den richtigen Mann am richtigen Ort», fasst der CSC-Chef die veränderten Umstände der IT-Branche zusammen
Lernen von der Industrie
Gröninger weiss, wovon er spricht, war er doch nach seinem Studium als Elektroingenieur in der Industrie tätig, wo es bereits viel früher zu heftigen Konsolidierungsprozessen gekommen ist. Gröninger sammelte seine ersten Berufserfahrungen in den achziger Jahren bei Gretag, dem Bildbearbeitungskonzern, der schliesslich zwanzig Jahre nach Gröningers Antritt Konkurs anmelden musste.
«Man kann aus den Erfahrungen, die die Industrie durchlaufen hat, viel auf die IT-Branche ableiten», sagt Gröninger. «Die IT-Branche steht vor einer riesigen Herausforderung. Wie die Industrie damals stehen wir heute mitten in einer Reifephase. Der Markt wächst zwar noch, aber viel langsamer, und es braucht viel weniger Player.»
Gröninger hat sich für 2006 dennoch zum Ziel gesetzt, mit CSC Schweiz zweistellig zu wachsen, und zwar «zahlenmässig als auch was das Know-how angeht». Zur Zeit seien bei CSC Schweiz 50 Stellen offen, sagt Gröninger. Dies sei deshalb der Fall, weil grundsätzlich der Markt angezogen habe, CSC Schweiz einige Aufträge erhalten habe, obwohl seit der Outsourcing-Vergabe der Zürich Financial Services kein eigentlicher globaler Mega-Deal mehr vergeben worden sei in der Schweiz («Den SBB-Deal sehe ich nicht als Mega-Deal»).
Verhalten optimistisch
Obwohl die gegenwärtige Konjuktur wieder besser ist und damit die Nachfrage für IT-Dienstleistungen und
-Outsourcing «in allen Segmenten ausser der öffentlichen Verwaltung deutlich erhöht ist», bleibt Gröninger mässig optimistisch für die IT-Branche in der Schweiz und Europa. Weshalb?
«Für Europa bin ich langfristig nicht optimistisch, weil nur wenige europäische Länder liberale Arbeitsmärkte haben und deshalb die Konkurrenzfähigkeit gegenüber den neuen Ostländern und Asien schwach ist.» Es sei ein grundsätzliches Problem, dass in Europa, ganz im Gegensatz zu Asien, Reformen nicht umgesetzt, sondern diskutiert werden. Pragmatisch wie immer bedauert Gröninger: «In Asien sind Reformen ein Action Item, in Europa hingegen ein Discussion Item.»
Dementsprechend ist Gröninger verhalten optimistisch für die Zukunft Europas. «Wir werden grundsätzliche Veränderungen erleben, schon bald. Und es wird ganz klar weniger Arbeitsplätze brauchen in der IT.» Nachdem aus der Industrie viele Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor, dem tertiären also, entstanden seien und sich die Menschen entsprechend angepasst hätten, stünden nun auch in der IT-Branche grundlegende Veränderungen an. Aber: «Den vierten Sektor kenne ich noch nicht. Wenn sich die Leute nicht verändern können, wird die Arbeitslosigkeit automatisch höher.»
Bei allen Veränderungen, die es zu meistern gilt, ist dem CSC-Chef aber wichtig, eine Kultur zu schaffen, bei der die nötige «Work/Life-Balance» zum Tragen kommt, damit die Mitarbeiter motiviert sind und Leistungen erbringen können. Der Manager weiss, weshalb: «Ich bin kein Workaholic. Klar gibt es Phasen, in denen man mehr arbeiten muss als normal. Aber um langfristig Leistung zu erbringen, muss man ein Leben führen, bei dem Beruf und Freizeit in einer angemessenen Balance stehen.»
Markus Gröninger
Gröninger hat vor seiner Zeit bei CSC vier Jahre die Niederlassung von Integris Schweiz und Österreich geleitet. Seine Sporen als Software-Ingenieur hat Gröninger bei Gretag abverdient. Von 1988 bis 1993 war er bei DEC Schweiz zuerst als Verkäufer und danach als Leiter des Dienstleistungsbereichs tätig. Von 1994 bis 1998 war er Leiter der Applications Division und Mitglied der Geschäftsleitung von Systor.
Gröninger ist seit 18 Jahren verheiratet und hat drei Kinder im Alter zwischen 12 und 18 Jahren.
In seiner Freizeit macht der CSC-Chef sehr viel Sport. Gröninger spielt immer noch aktiv Fussball, Tennis und geht auf Skitouren. Das Schöne daran, wenn man den Mont Blanc oder die Dufourspitze erklimmen wolle, sei, dass man nur zwei Probleme am Tag zu lösen habe: «Erstens, wie komme ich hinauf, und zweitens, wie komme ich wieder runter, und dies erst noch nacheinander.» (mh)