Dunkler Nadelstreifenanzug aus feinstem Zwirn, dazu passend eine crèmefarbene Seidenkrawatte sowie ein nobles weisses Markenhemd! So sass der Kandidat an jenem Sommertag im August bei mir im Sitzungszimmer.
Mit seinem Witz und seiner Schlagfertigkeit entsprach er dabei perfekt dem Bild des idealen Senior Sales.
Und als ich dann noch seine hervorragenden Arbeitszeugnisse durchlas, da träumte ich selber insgeheim schon vom verlängerten Wochenende in der Toskana mit meiner Frau, das ich mir nach erfolgreicher Plazierung dieses Kandidaten gönnen würde.
Key-Account-Hilfsarbeiter
Doch das böse Erwachen kam zwei Wochen später! Nach nochmaliger und eingehender Betrachtung der Bewerbungsunterlagen sowie auf Grund verschiedener Ungereimtheiten hellhörig geworden, holte ich bei einem seiner früheren Arbeitgeber eine Referenz ein. Dabei stellte sich heraus, dass der Kandidat bei der besagten Firma zwar gearbeitet hatte, allerdings nicht als erfolgreicher Key Account Manager, so wie dies im Zeugnis geschrieben stand, sondern lediglich als einfache Hilfskraft in der Verpackungsabteilung des Unternehmens. Unnötig zu sagen, dass natürlich auch alle anderen Zeugnisse des Kandidaten von A bis Z gefälscht waren.
Getäuscht und geblendet vom Auftritt des Kandidaten hätte ich mich um ein Haar in die Irre führen lassen; konnte und wollte ich doch nicht das sehen, was war, sondern an das glauben, was ich meinte zu sehen.
Frisieren, fälschen, schönreden
Im Schweizerischen Strafgesetzbuch lässt sich unter dem Artikel 252 STGB, Ziffer I zum Thema «Fälschung von Ausweisen» folgendes nachlesen: «Wer in der Absicht, sich oder einem anderen das Fortkommen zu erleichtern, Ausweisschriften, Zeugnisse, Bescheinigungen fälscht oder verfälscht, ... wird mit Gefängnis oder Busse bestraft.» Die Rechtslage ist also klar und eindeutig. Doch nur zu oft gehen solche Täter straffrei aus und müssen ausser dem Verlust ihres Arbeitsplatzes oft nicht viel fürchten, weil die betrogenen Unternehmen und Institutionen beschämt schweigen.
In den meisten Fällen gehen fehlbare Kandidaten allerdings nicht so weit, dass sie gleich Arbeitszeugnisse oder Diplome fälschen. Sie nehmen es einfach mit der Wahrheit nicht ganz so genau und frisieren sich ein Dossier zusammen, das ihre Chancen auf eine neue Stelle erhöht. So wird beispielsweise ein unvorteilhaftes Arbeitszeugnis stillschweigend weggelassen oder als unauffindbar deklariert.
Eine von der Düsseldorfer Firma Detektiv Institut Kocks durchgeführte Untersuchung von 5000 Bewerbungsunterlagen ergab, dass rund 30% der untersuchten CVs nachweislich falsche und irreführende Informationen enthielten.
Darauf sollten Sie achten
Worauf sollten Firmen ihr Augenmerk richten, damit sie einigermassen sicher sein können, keinem Hochstapler auf den Leim zu gehen? Hier einige Ratschläge:
¦ Lückenlosigkeit
Lebensläufe, welche grosse und gravierende Lükken aufweisen, werfen Fragen auf.
Fragen Sie nach, wenn beispielsweise die ersten zehn Jahre des beruflichen Werdeganges fehlen, auch wenn die damals gemachten Tätigkeiten vielleicht für die jetzige Funktion nicht mehr relevant sind. Wer nichts zu verbergen hat, soll auch diese Zeit offenlegen und dokumentieren.
Dabei ist ebenfalls darauf zu achten, dass aus einem Lebenslauf möglichst auf den Monat genau hervorgeht, welche beruflichen und schulischen Stationen der Kandidat durchlaufen hat.
Lebensläufe, die aus blossen Jahreszahlen bestehen, enthalten nicht selten gravierende Lücken, beispielsweise bedingt durch eine längere Arbeitslosigkeit oder andere für den Kandidaten aus seiner Sicht nicht förderlichen Informationen, die durch die Angabe von reinen Jahreszahlen relativ elegant kaschiert werden können.
¦ Originalpapiere verlangen
Sollten Sie auch nur leise Zweifel an der Echtheit der Dokumente haben, lassen Sie sich die Originalpapiere zeigen. In Deutschland ist dies schon heute eine durchaus gängige Praxis:Rund ein Drittel der 200 grössten Unternehmen lassen sich von Kandidaten die Originalpapiere oder zumindest beglaubigte Dokumente vorlegen.
¦ Fadenscheinige Begründungen
Wasserschäden oder Wohnungsbrände, die Originalunterlagen zerstört haben sollen, gehören zu den beliebtesten Gründen, die angeführt werden, wenn Zeugnisse nicht vorgelegt werden können.
In vielen Fällen mag das ja stimmen; doch wenn Ihnen sonst schon Zweifel an der Richtigkeit der Unterlagen gekommen sind, sollten Sie in solchen Aussagen Alarmzeichen erkennen, die zu Vorsicht ermahnen sollen.
¦ Referenzen einholen
Vergewissern Sie sich, dass die von dem Kandidaten angegebene Person auch tatsächlich bei der besagten Firma arbeitet und genau jene Jobfunktion wahrnimmt, welche man Ihnen angegeben hat.
Versuchen Sie zudem Ihr eigenes Beziehungsnetz zu aktivieren, um weitere Informationen über den Kandidaten einzuholen.
Diese Methode hat den Vorteil, dass Sie ungefilterte Aussagen über den Kandidaten erhalten und sich selber so ein besseres Bild machen können.
Firmen beginnen zu reagieren
Viele Firmen im IT-Umfeld haben auf das Phänomen der «getunten Unterlagen» reagiert und beauftragen mittlerweile externe unabhängige Beratungsfirmen damit, das CV des Jobsuchers nochmals minutiös zu durchleuchten bevor es zu einer definitiven Anstellung kommt.
Hochstapler gab es schon früher und es wird sie auch in Zukunft geben.
Doch es liegt an der Gesellschaft sowie an den internen ethischen Richtlinien der Unternehmen, wie wir mit ihnen umgehen.
Tolerieren wir ihr Verhalten stillschweigend und machen uns somit indirekt zu ihren Verbündeten, oder haben wir den Mut, solche Personen zu enttarnen, damit sie ihr dreistes Spiel nicht fortführen können? (Markus Schefer)
Der Autor
Markus Schefer (38) verfügt über langjährige Vertriebserfahrung im In- und Ausland und war bei namhaften Unternehmen wie
IBM oder Reuters im Verkauf tätig. Heute ist er selbständiger Personal- und Unternehmensberater und Dozent an der Fachhochschule beider Basel für das Fach Key Account Management. www.scheferpersonal.ch markus@scheferpersonal.ch