Roland Kümin - Der Startup-Junkie

Roland Kümin kann's nicht lassen: Der Gründer von Actano und Monzoon Networks ist nach einem zweijährigen Engagement bei SAS wieder Unternehmer geworden: Mit seiner neuen Firma Incite Media will er als Generalunternehmer neue digitale Werbeformen kreieren, betreiben und vermarkten.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2006/16

     

«Anscheinend bin ich ein Startup-­Junkie», schmunzelt Roland Kümin, Mitgründer, Chairman und CEO der Regensdorfer Incite Media, bei der Führung durch die Räumlichkeiten seiner neuen Firma. Das Unternehmen ist in den ehemaligen Lagerräumen der Firma Habegger untergebracht und baut sich derzeit mit dem Eventtechnik-Spezialisten und der ebenfalls an der Adresse ansässigen Film-Produk­tionsfirma Bluepark ein gemeinsames Kundencenter. Habegger ist an Kümins neuem «Baby» beteiligt.

Schicke Sache

Die Innenarchitektur und die Einrichtung des repräsentativen Empfangsbereichs im Industriequartier von Regensdorf können problemlos mit jeder grösseren Werbeagentur mithalten: Im Kundencenter, wo auch der Chef sein Büro hat, dominiert eine moderne, einfache und grosszügige Gestaltung. Die Möbel in schwarzem Holz, die Wände aus Glas oder in warmen, erdigen Farbtönen gehalten.
Kümin selbst erinnert durch sein Äusseres auch mehr an einen Werber als an einen Vertreter der IT-Branche mit seinen schwarzen Designerklamotten, den kurzen schwarzen Haaren und der modernen Hornbrille wäre er in der IT-Branche selbst als Verkäufer ein Aussenseiter, weil zu gut angezogen.

Werbemedium In-store-Television

In seinem neuen Business aber passt das alles wie die Faust aufs Auge: Das Geschäftsfeld von Incite Media sind neue, digitale Werbeformen am Point of Sale. Die Idee der Zusammenarbeit mit Habegger und Bluepark: Incite Media tritt als Generalunternehmer auf, eine Art Direktmarketing-Agentur, die beispielsweise für Retail-­Unternehmen mit TV-Spot-ähnlicher Werbung im Laden «konkurrenzgebundene Kunden zu erobern versucht», wie Kümin es ausdrückt. In-store-TV heisst denn auch das Zauberwort, und Kümins Aufgabe ist es, zwischen Werbekunden und Konsumenten die Beziehungen zu knüpfen und zu organisieren.
Incite Media (Kümin ist mit 50 Prozent beteiligt) respektive Habegger (Beteiligung 20 Prozent) baut und betreibt die Infrastruktur, während Blue­park unter Regie von Incite Media für die Post-Produktion der Inhalte zuständig ist. Im Regelfall kommen diese allerdings – weil derzeit noch so üblich – von den Kunden selbst, und Kümin kümmert sich mit seinen Partnern um die mediale Adaption der Spots, die dann via UMTS an die Clients (die TV-Screens am Verkaufspunkt) übermittelt werden.

Komputative Kommunikation

«Die Kommunikation zwischen Anbieter und Konsument verschiebt sich von einer literaren zu einer ‘komputativen», meint Kümin, «die Netzwerkdynamik der neuen Medien verbindet sich mit der Simulations-Qualität der Elektronik. Und mit diesen neuen Mitteln kämpfen die Anbieter am Point of Sale um die Aufmerksamkeit der Konsumenten.» Die UMTS-Mobilfunktechnik, die eine Übertragung von Fernsehbildern erlaubt, in Verbindung mit den sinkenden Preisen für TV-Clients und Transaktionsgebühren ermöglicht heute Werbeformen, die noch bis vor kurzem undenkbar oder nur für eine kleine Zielkundschaft erschwinglich waren, sagt er und betont, dass nur gerade fünf Prozent des Werbemarktes auf POS-Marketing entfallen, wobei diese sich zum grössten Teil auf Printmedien beschränkten.
«Ein gutes Produkt alleine geht oftmals unter in der breiten Masse. Die entscheidende Differenzierung erfordert eine emotional starke Präsenta­tion von Brand und Produkt am POS. Denn 65% aller Kaufentscheidungen sind Impulskäufe», sagt Kümin. Und In-Store-TV mit seinen bewegten Bildern sei ein hervorragendes Mittel, um Gewohnheitsmuster zu durchbrechen und Aufmerksamkeit zu erlangen.

Neue Formen von Werbeagenturen

Diese Konzepte würden aber eine neue Form von Werbe- und Marketingagenturen erforden. Aber: «Wir stellen immer wieder fest, dass in grossen Agenturen die Erfahrung mit dem Medium In-Store-TV fehlt.» ­Kümin hat deshalb ein Team von internationalen Kompetenzträgern für ­Direktmarketing, TV-Produktionen und Livekommunikation ins Boot genommen.
Incite Media unterscheidet sich von seinen Konkurrenten vor allem dadurch, dass die gesamte Wertschöpfungskette aus einer Hand angeboten wird: Während zum Beispiel Bison Systems mehr auf der Infrastrukturschiene fährt oder Neo Advertising neben dem Bau von Infrastruktur auch ein Werbekonzept auf TV-Kanälen für Dritte anbietet, sieht sich Kümin als «Netzwerk-Orchestrator», wie er selbst sagt. «Das Schöne ist, dass wir auf ein kompetentes Netzwerk zurückgreifen können.» Und in diesem Netzwerk hat Kümin sicher mit Habeg­ger und Bluepark zwei schlagkräftige Partner. Eben hat er ausserdem ComputerOil, einen kleinen unabhängigen Hersteller von Content Management Software, gekauft, denn die Inhalte müssen ja auch verwaltet werden.
Für den Verkauf verlässt sich ­Kümin auf sein ihm angeborenes ­Geschick. Immerhin konnte er bereits ein Pilotprojekt für die Modekette Esprit realisieren und kürzlich ergatterte er einen Auftrag von einem namhaften Reiseunternehmen. Der Reiseveranstalter ist ein idealer Kunde für Kümin, denn in der Reisebranche kämpft man wie sonst kaum wo um die Aufmerksamkeit der Kunden, die immer mehr ins Internet abwandern. Ebenso interessant ist der 2-Jahres-Vertrag mit einem Telekommunikations-Anbieter für den Betrieb einer POS-Lösung an 33 Standorten.

Roland Kümin

Roland Kümin ist mit seinen 43 Jahren wieder Unternehmer geworden, nachdem er bereits früher zwei Startup-Firmen gegründet und erfolgreich verkauft hatte. Zuvor war er bei Sun Microsystems, Computervision und Parametric Technology in verschiedenen Marketing- und Verkaufspositionen tätig. Nach einem kurzen Abstecher zum Software-Hersteller SAS Institute ist er mit Incite Media wieder in Aufbruchstimmung.
Der studierte Maschinenbau-Ingenieur spielt Golf («Ich habe ein Handycap von 28 und bin darum nicht so lange mit Golfspielen beschäftigt, aber es ergeben sich schon ab und zu gute Beziehungen»), fährt im Winter Ski, interessiert sich für moderne Kunst und liest in seiner Freizeit gerne philosophische Literatur. Das letzte Buch, das er gelesen hat, stammt von Krishnamurti.
Kümin ist geschieden, hat zwei Töchter im Alter von 16 und 20 Jahren und lebt mit seiner Lebenspartnerin in Brütisellen ZH.


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Wieviele Zwerge traf Schneewittchen im Wald?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER