Als 24jähriger klopfte Daniel Rüthemann bei
IBM Schweiz an, weil er in einem amerikanischen Unternehmen im Marketing-Bereich arbeiten wollte. Ohne Erfolg. Man hatte keinen Job frei für den Studenten der Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule Zürich. Das war im Herbst 1982.
Etwa ein Jahr später dann wurde er von einem IBM-Vertreter kontaktiert. Mittels sogenannten Kontaktgesprächen brachten während der Hochkonjunktur die Hochschulen ihre Studienabgänger mit den Unternehmen zusammen. «Es war Liebe auf den zweiten Blick», sagt Rüthemann mit einem Augenzwinkern. Eine Liebe, die, wie für IBM-Mitarbeiter nicht unüblich, sein ganzes Leben gehalten hat: Rüthemann ist 22 Jahre später immer noch beim amerikanischen IT-Konzern angestellt. Der 47jährige hat im April dieses Jahres Peter Quadri als Vorsitzender der Geschäftsleitung von IBM Schweiz abgelöst.
Die IBM-Karriere
Rüthemann ist ein lebendes Beispiel dafür, dass eine Laufbahn innerhalb «Big Blue» alles andere als langweilig sein muss, dass man auch heute bei einem Unternehmen Karriere machen kann, mit immer neuen Stationen. So hat er durch seine verschiedenen Tätigkeiten andere Erdteile und fremde Kulturen kennengelernt. Er war massgeblich am Aufbau des Bankengeschäfts von IBM beteiligt. Zunächst lokal in der Schweiz, später übertrug man ihm die Verantwortung für den Aufbau des Bankenlösungsgeschäftes in Zentral- und Osteuropa.
Die letzten acht Jahre verantwortete er die Beziehung zwischen der UBS und der
IBM. Erst als Global Account Manager für UBS, und ab 2002 übernahm er als Managing Director die Verantwortung für die globale Betreuung der Geschäftsbeziehung mit der Grossbank.
Bedürfnisse des Channels erfühlen
«In dieser Zeit war ich natürlich viel öfter im Ausland unterwegs als heute», sagt Rüthemann. Durch den Jobwechsel vor einem halben Jahr kümmert er sich jetzt vor allem um die lokalen Bedürfnisse der Schweizer IBM-Organisation. Dazu gehören ein breiter Kundenkontakt und vermehrte Öffentlichkeitsarbeit mit Kontakten zu Presse, Verbänden etc. «Früher arbeitete ich sehr direkt mit meine Kunden zusammen. Heute beschäftige ich mich damit, wie wir die bestehenden Betreuungsstrukturen und Angebote verändern können, um KMU gemeinsam mit unseren Partnern besser unterstützen zu können.»
Rüthemann ist deshalb seit einiger Zeit auf «Channel-Tournee», um sich direkt bei den Business-Partnern über deren Bedürfnisse zu informieren. Rund ein Dutzend hat er mittlerweile besucht, weitere Treffen stehen noch an. «Ich möchte herausfinden, was die Themen im Channel sind, wo unsere Stärken und unsere Schwächen liegen», sagt er. Schlussendlich könne
IBM gemeinsam mit den Partnern und Endkunden wachsen.
Channel-Beziehungen verändern sich
IBM steht wie alle grossen Anbieter vor der Herausforderung, dass Wachstum im Grosskundenmarkt immer schwieriger zu bewerkstelligen ist. So will der blaue Riese künftig noch stärker ins KMU-Geschäft investieren, und hat die Leitung des Bereiches KMU einem Geschäftsleitungsmitglied unterstellt. «Wir möchten standardisierte Angebote entwickeln und zusammen mit Partnern anbieten», sagt Rüthemann, «Channelpartner müssen sich vom reinen Infrastrukturgeschäft lösen und sich vertikal und thematisch spezialisieren. Es ist spannend für mich zu sehen, wie der Channel Netzwerke aufbaut und so gemeinsam in Projekten arbeitet.»
Doch wie will Rüthemann sicherstellen, dass
IBM seinen Partnern auch immer treu ist, dass keine sogenannten Channelkonflikte aufkommen, weil IBM die Partner bei den Endkunden konkurrenziert? Der IBM-Chef bleibt pragmatisch: Die Beziehungen seien heute komplexer als früher, sagt er. Ein Partner müsse auch damit leben können, dass nicht in jedem Projekt zusammengearbeitet wird. Rüthemann: «Es kann heute sein, dass man einmal projektorientiert zusammenarbeitet, ein andermal wieder nicht. Einmal ist man Partner, einmal Konkurrent. Das wichtigste ist nur, dass Klarheit herrscht, dass man vorher die Bedingungen aushandelt und offen darüber spricht.»
Visionen neuer Beziehungen
Den neuen IBM-Chef beschäftigen aber noch andere Dinge als die Beziehungen zu Geschäftspartnern: «Die ICT-Branche hat keine starke Stimme, um ihre Anliegen durchsetzen. Mir liegt es am Herzen, der Branche mehr Gehör zu verschaffen», sagt er. Dazu müsste man allerdings erst einmal die Verbände konsolidieren, heute gleiche die Schweizer Verbandslandschaft einem Zoo. «Nur durch die Bündelung der verschiedenen Teilinteressen, den Austausch mit Hochschulen, politischen Gremien und Unternehmen kann auf Dauer der Werkplatz Schweiz attraktiv bleiben.»
Es sei deshalb wichtig, den Forschungsplatz voran zu bringen und das Humankapital zu stärken: «Die Menschen sind unser wichtigstes Gut in der Schweiz», sagt Rüthemann. Die verstärkte Kooperation von privaten und öffentlichen Bereichen muss weitergetrieben werden. «Es braucht dazu auch neue Ansätze, um die Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Gruppen effizienter zu gestalten.» Ob in Konsortien oder Projektgruppen, wir müssen uns um neue Modelle der Zusammenarbeit mit Partnern, Behörden und Kunden bemühen. (mh)
Daniel Rüthemann
Daniel Rüthemann (47) schloss 1983 sein Studium an der Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule Zürich als Betriebsökonom HWV mit Fachrichtung Marketing ab. 1984 trat er in die
IBM ein. Bis 1992 hatte er verschiedene Positionen in der Verkaufsorganisation sowie im Bereich Strategische Marktentwicklung für den Bankenbereich bei IBM Schweiz inne. Von 1993 bis 1997
war er für den Aufbau des Bankenlösungsgeschäfts in Zentral- und Osteuropa verantwortlich.
Bis zu seiner Berufung im April 2006 zum Country General Manager war er für die Kundenbeziehung zur Grossbank UBS und seit 2002 als Managing Director auch für die globale Betreuung der UBS verantwortlich.
Rüthemann ist verheiratet und Vater von zwei Töchtern (3 und 4 Jahre) und zwei Söhnen (1jährige Zwillinge).
Er ist ein Genussmensch («Ich esse und trinke gerne») und hält sich mit Langstreckenlauf fit («Weil ich mit meinen Kindern auch mal noch Sport treiben möchte»), geht öfters in die Oper, aber auch an Konzerte und liest regelmässig Wirtschafts- und Politikperiodika sowie Fachbücher und unterhaltende Belletristik.