Benedetto, Beni, Graziano ist ein vielbeschäftigter Mann. Emsig wuselt er durch sein Geschäft im Zürcher «Chreis Cheib». Ein «Bongiorno» da, ein «Grüezi» dort, immer ein breites Lächeln im Gesicht. «Komm in einer halben Stunde wieder», sagt er einem Freund, der ihm spontan einen Besuch abstattet. Das Interview wird kurz werden, Graziano hat es eilig. Die Geschäfte drängen und Zeit ist Geld. In der hinteren Ecke seines grossen Ladens nimmt er Platz und sprudelt los, dass die Schreibende kaum mit ihren Notizen nachkommt.
Das Familienunternehmen
Am 17. Oktober 1977 beschliessen die drei Brüder Benedetto, Piero und Franco Graziano in Zwingen im Kanton Baselland, sich mit einem eigenen Fotostudio und -labor selbständig zu machen. Beni Graziano ist ausgebildeter Fotograf und eidgenössisch diplomierter Kaufmann, einer seiner Brüder Chemielaborant. Anfangs beschränken sich die Aufträge auf das Ablichten von Hochzeiten und Familienfeiern. Doch bald verlangen die Kunden nach mehr als Fotoservices und möchten auch Fotoausrüstungen direkt bei den Grazianos kaufen. Knapp ein Jahr nach Eröffnung des Studios beginnen die Brüder mit dem Verkauf von Fotoapparaten und Zubehör. Das Angebot wird später auf Video-Equipment und Fernseher ausgeweitet. 1981 schliesslich bietet sich die Gelegenheit, nach Zürich zu expandieren. Die Grazianos kaufen an der Pflanzschulstrasse ein 76 m2 grosses Ladengeschäft und übernehmen die 200 nebenamtlich tätigen Aussendienstmitarbeiter des Vorbesitzers, oder «Freizeitbeschäftigte», wie sie Graziano nennt, gleich mit dazu. Im Geschäft werden nun alle damals wichtigen UE-Marken angeboten. Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre gehören schliesslich die Zeiten von klinkenputzenden Aussendienstverkäufern der Vergangenheit an. Nach und nach verschwindet das Heer der Freizeit-Verkäufer, und ein fester Mitarbeiterstamm formiert sich. 1995 platzt der kleine Shop schliesslich aus allen Nähten, und ein Umzug in ein grösseres Ladengeschäft mit 250 m2 an die Zürcher Kernstrasse wird unerlässlich.
Start der Sony-Ära
«Das Geschäft mit Sonyprodukten lief gut, und der Kunde wollte die Ware, die er kaufen wollte, auch sehen», sagt Graziano. Ende der Neunziger ist nahezu die Hälfte des Ladens, der nun offiziell als «Sonyshop» fungiert, mit Sonyprodukten belegt. Das Sonycenter-Konzept, wie es
Sony heute weltweit umgesetzt hat, lässt nicht lange auf sich warten. Der Laden an der Kernstrasse wird redimensioniert und als Mitglied der Einkaufsgenossenschaft Electronic Partner von Bruder Piero geführt. Mit allen Sonyprodukten und neuen Möbeln ziehen die Grazianos in eine bessere Lage in die Zürcher Ankerstrasse. Am 2. September 2005 eröffnet Claudio Ammann, Generaldirektor von Sony Schweiz, das erste Sonycenter der Stadt Zürich. Die Sony-Delegation spricht von einem «historischen Moment» für Zürich und freut sich, dass endlich ein Stadtzürcher Händler den Mut aufbringt, sich in seinem Laden ausschliesslich auf Sony zu konzentrieren, und mit dem Center der heute üblichen Verramschung von Unterhaltungselektronik bei Discountern einen Gegenpol setze.
Graziano Multimedia wird eines von sieben Sonycentern in der Schweiz und ist noch immer das einzige in Zürich. Heute gibt es in dem schicken Laden auf 250 m2 das komplette Sony-Angebot, von Digicams über Camcorder, MP3-Player und Walkmans bis zu Flat-TVs, Home-Cinema-Anlagen, Vaio-Notebooks und Server.
Keine CE ohne IT
In der oberen Etage finden sich die IT-lastigen Produkte und im Erdgeschoss die Home-Produkte. «CE und IT gehören zusammen», sagt Graziano. «Die Verknüpfung ist da, ich kann mir die IT nicht mehr wegdenken.» So hat Graziano denn auch sein Personal den neuen Konvergenzzeiten angepasst und für die - wie er sagt - «schwierigen Fälle» einen Informatiker eingestellt. Insgesamt arbeiten neben dem «Mann fürs Grobe» im Sonycenter nun fünf Verkäufer, zwei Büroangestellte, zwei Aussendienstmitarbeiter und zwei Lehrlinge. Die Namen seiner Mitarbeiter lesen sich fast ausnahmslos wie der Abspann eines Spaghetti-Westerns. Einzig ein gewisser Herr Stäubli ist dazwischengerutscht, der aber durch sein südländisches Äusseres seinen schweizerischen Namen wettmacht. Die Atmosphäre ist italienisch-familiär, hier kauft man gern ein. Trotz seiner Affinität zur IT hält Graziano den CE/UE-Handel für geeigneter als die IT-Branche, um Produkte für die Hausvernetzung an Herrn und Frau Schweizer zu bringen. Hier haben sie schliesslich schon immer ihre Homeprodukte gekauft. «Ich liebe den Kundenkontakt. Jeder Kunde ist anders, man lernt jeden Tag etwas dazu», sagt Graziano. 24 Stunden hinter dem Monitor sitzen, könnte er nicht mehr. «Die Geschäfte laufen gut», sagt Graziano schliesslich und lächelt. «Gut, es könnte besser sein», fügt er nach einer kleinen Kunstpause an. Aber das könnte es immer.
Am Ende des Gesprächs gibt sich die Schreibende noch interessiert an einem LCD-Fernseher für die eigene Stube. Da schlägt bei Graziano noch einmal der Italiener durch: «Kommen Sie vorbei, ich mache Ihnen ein sehr gutes Angebot», sagt er charmant umgarnend, als würde er einem die neueste Cappuccino-Mischung mit extra viel Milchschaum kredenzen. Fast meinte man, eine Arie aus Verdis «La forza del destino» (Die Macht des Schicksals) zu hören. Die Italiener verstehen eben etwas vom Geschäft.
Benedetto Graziano
Beni Graziano wurde am 12. Juli 1964 als sechstes von acht Kindern geboren. Die Familie siedelte 1961 von Sizilien in die Schweiz über. Seine Eltern leben mittlerweile wieder in Sizilien. Hört man Graziano reden, geht er ohne weiteres als waschechter Schweizer durch. Erst als die Sprache auf die Familie kommt, bricht bei ihm der Sizilianer durch. Die Familie und ganz besonders seine Frau und seine siebenjährige Tochter sind ihm das Wichtigste. «Man hat nie genug von der Familie», sagt er und: «Man darf nicht zu egoistisch sein.» Damit meint er, nicht zuviel zu arbeiten und mehr für die Lieben zu Hause da zu sein. Was ihm nicht immer gelingt.
In seiner knapp bemessenen Freizeit wandert Graziano gern, spielt Tennis und Fussball. Sein Traum für später, den er sich auf jeden Fall erfüllen wolle, ist ein Landhaus in der Toskana mit einem eigenen Weinberg und einer Olivenplantage. Am Eröffnungstag des Sonycenters gab‘s übrigens nicht wie man annehmen könnte Pasta und Rotwein, sondern Bratwurst und Bier für alle.
Die drei Dinge für die Insel:
- Meine Frau
- Internetanschluss für die Verbindung zum Rest der Welt («So allein auf einer einsamen Insel ohne Menschen, das macht mir ehrlich gesagt ein bisschen Angst.»)
- ein guter Wein und Zigarren