Wie Pilze spriessen sie auf Haus-dächern, Balkonen und an Wänden: Parabolspiegel, die Tausende von Fernseh- und Radiosendern vom Himmel in die gute Stube holen. «Seit dem Jahr 2005 beobachten wir einen kometenhaften Anstieg bei Satellitenanlagen», sagt Werner Zimmermann, Inhaber der Basler Firma CATV Satellitentechnik, nach eigenen Angaben Schweizer Marktführer für Satelliten-TV-Installationen. Zimmermann ist ein alter Hase in diesem Geschäft. Seit mehr als 20 Jahren baut er im In- und Ausland komplexe Satellitenanlagen und wurde für sein unermüdliches Engagement für die Satellitentechnik 2002 mit dem Innovationspreis des Vereins Ideé Suisse ausgezeichnet.
Frust bei Konsumenten
Die Gründe für den Satelliten-Boom liegen auf der Hand: Seit der grösste Schweizer Kabelnetzbetreiber
Cablecom reihenweise Sender aus dem analogen Angebot kippt und diese nur noch digital anbietet, macht sich bei vielen Konsumenten Frust breit. Hinzu kommt, dass mittlerweile in vielen Schweizer Haushalten grossformatige Flachbildschirme stehen, deren High-Definition-Fähigkeit sich mit dem breitbandigen Satellitensignal am besten ausnutzen lassen. Die Zunahme lässt sich nicht nur in der Schweiz beobachten. Vielmehr sind Satellitenschüsseln in ganz Europa auf dem Vormarsch, während die Kabelnetzbetreiber Abonnenten verlieren: «Der Gesamtmarkt ist gesättigt, es findet eine Umverteilung vom Kabel- zum Satelliten-TV statt», so Zimmermann weiter. Schätzungen zufolge ist der Marktanteil der Kabelnetzbetreiber in der Schweiz innerhalb von fünf Jahren von 85 auf 75 bis 79% gesunken.
Branche ohne Lobby
Rund 5000 Installateure von Satellitenanlagen gibt es laut Zimmermanns Schätzung in der Schweiz. Etwa 2000 davon sind klassische Radio- und TV-Händler, 3000 kommen aus der Elektro-Branche. Auch die grossen Retailer und Discounter wie Migros, Fust,
Interdiscount oder Mediamarkt versuchen, sich ein Stück vom Kuchen zu sichern. Sie sind es denn auch, die für die grosse Masse der Parabolspiegel-Installationen bei Privaten verantwortlich sind, während der Fachhandel vor allem komplexe Einzelanlagen oder Gemeinschaftsanlagen baut. Es ist allerdings sehr schwierig, den Satelliten-Boom genau zu quantifizieren. Die Installateure sind nicht in einem Verband zusammengeschlossen, und Zahlenmaterial über die installierten Anlagen existiert nicht.
Einen Anstieg bei neuen Satellitenanlagen wird allerdings auch vom Handel beobachtet: «Insbesondere im Zusammenhang mit der Einführung von hochauflösendem Fernsehen und mit der Abschaltung von Analog-Kanälen bei der
Cablecom haben wir eine verstärkte Nachfrage festgestellt», sagt Thomas Giger, Spartenleiter Media bei Fust. Der Retailer führt Satellitenanlagen seit 1989 im Sortiment. Mit der Übernahme von Redifussion im Jahr 2002 hat er das Geschäft stark ausgebaut, weil eine schweizweit tätige Installations-Mannschaft übernommen werden konnte. «Für uns ist dieses Geschäft vor allem im Dienstleistungsbereich sehr wichtig. Dank unseren Installateuren sind wir in der Lage, auch anspruchsvolle Anlagen mit mehreren Teilnehmern in Betrieb zu nehmen.»
Beratungsintensives Geschäft
Auch bei
Interdiscount ist man mit der Nachfrage nach Satellitenanlagen zufrieden. Von einer eigentlichen Verkaufswelle will man aber nicht sprechen: «Wegen der Abschaltung des analogen terrestrischen Empfangs im Jahr 2007 wird es noch einmal eine Verschiebung geben. Und falls
Cablecom die Leistungen bei der Grundversorgung weiter einschränkt, dürfte auch dies einen positiven Einfluss haben», meint Beschaffungsleiter Pierre Wenger. Satellitenanlagen könnten allerdings nicht einfach verkauft und vergessen werden: «Sie sind wesentlich beratungsintensiver als andere Produkte. Es handelt sich um Installationsprojekte beim Kunden, und die örtlichen Begebenheiten sind sehr verschieden», so Wenger. Bei einfachen Installationen würde bereits eine telefonische Offerte ausreichen, bei grösseren Anlagen erstelle Interdiscount eine Offerte vor Ort. Gerade diese Beratungsintensität ist es, die dem Fachhandel offenbar einen Vorteil verschafft: «Wir erachten die grossen Retailer nicht als Konkurrenz in diesem Geschäft», sagt René Lutz vom Elektrofachgeschäft Lutz-Electronics in Grindel. Natürlich würden auch die Discounter Geräte und Installation anbieten: «Doch eine fachgerechte Installation und die genaue Ausrichtung des Spiegels ist enorm wichtig und erfordert modernste digitale Antennenmessgeräte», so Lutz. Für den Discounter sei die Installation von der Gewichtung her das Nebengeschäft, während man versuche, so viele Geräte wie möglich zu verkaufen. «Wir wollen dem Kunden eine Gesamtlösung bieten. So werden sämtliche Receiver vor der Auslieferung an unsere Anlage angeschlossen. Es wird kontrolliert, ob die aktuellste Software vorhanden ist. Dann werden die Empfänger mit den wichtigsten deutschsprachigen Programmen in einer benutzerfreundlichen Reihenfolge vorprogrammiert». Falls der Kunde aus Versehen Programme auf seinem Receiver lösche, würde man diese für ein geringes Entgelt neu einrichten.
Services: Ausweg aus der Preisfalle
Die Betreuung des Kunden bei der Installation und nach dem Kauf sieht auch Zimmermann als wichtigen Differenzierungsfaktor eines Fachhändlers gegenüber den Discountern: «Ein Händler, der seinen Kunden einen Showroom mit Grossbildfernsehern bietet, die Anlage fachgerecht installiert und dem Kunden sogar gelegentliche Updates in der Programmierung neu hinzugekommener Sender anbietet, der kann sich ohne weiteres von der Masse abheben und auch gutes Geld verdienen.» Weil die Receiver gelegentlich neu programmiert werden müssten, könne eine hervorragende Kundenbindung erreicht werden. Allerdings blieben zu viele Fachhändler passiv und beklagen sich andauernd über den rapiden Preiszerfall bei den Parabolspiegeln: «Das Marktpotential für Dienstleistungen wäre aber sehr gross, da viele Discounter-Kunden nach dem ersten Kauf einer Anlage enttäuscht sind und sich dann frustriert an den Fachhändler wenden», sagt er. Diese zweite Generation von Käufern gelte es abzuholen. Doch auch der Fachhandel verfüge nicht immer über umfassendes Wissen im Satellitenbereich, weil die Hersteller der Ausbildung der Händler nicht genügend Gewicht geben würden. (bor)
Vorteil für Satelliten
Grosser Nutzniesser des Verhaltens von
Cablecom, die Sender aus der Grundversorgung spickt und ins teure digitale Angebot verschiebt, ist die Satellitentechnik. Sie bietet eine ganze Reihe von Vorzügen. Der Konsument hat eine völlig freie Wahl seiner Programme, während die Belegung der Kabelnetze durch verschiedene Gremien erfolgt. Das Satellitensignal ist extrem breitbandig, weshalb die Bildqualität perfekt ist. Schliesslich bietet eine Satellitenanlage weitgehend gebührenfreien Emfpang von Tausenden von Sendern. Dem Konsumenten, der für ein werbefreies Programm etwas bezahlen möchte, stehen zudem die Spartenkanäle der Pay-TV-Anbieter zur Verfügung. Auch die Satellitentechnik entwickelt sich weiter: So wird es schon sehr bald möglich sein, über einen einzigen Parabolspiegel nicht nur TV- und Radiokanäle zu beziehen, sondern auch zu telefonieren und im Internet zu surfen. Satellitenanlagen sind insbesondere im Bereich von Gemeinschaftsanlagen etwa in Mehrfamilienhäusern oder Wohnüberbauungen eine ernstzunehmende Alternative zu den Kabelnetzen und zur letzten Meile der
Swisscom. (bor)